Nah, näher, Journalismus

21. Januar 2015 • Digitales • von

“Jedes Viertel hat seine Geschichten.” So lautet das Motto von EveryBlock, einem lokaljournalistischen Format im digitalen Zeitalter. Margreth Lünenborg erklärt, was hinter dem Konzept des sogenannten “spatial journalism” steckt.

Die nächstgelegene Tankstelle, die günstigsten Einkaufsangebote, die gerade anwesenden Freunde in der Umgebung suchen – all diese ortsbasierten Dienste sind Handy-Nutzern längst vertraut. Immer häufiger erschließen wir unsere Umgebung entlang dieser in der Regel undurchschaubaren, weil algorithmenbasierten Auswahllogiken digitaler Technologie. Diese “location-based services” gewinnen an Bedeutung und werden zunehmend in “social media” eingebettet. So werden unsere Vorstellungen von geografischen und sozialen Räumen mit und durch Geodaten geprägt.

Die Forscherin Amy Schmitz Weiss von der San Diego State University macht mit dem Konzept des “spatial journalism” deutlich, welche Möglichkeiten darin für den Journalismus stecken. Ob lokal, in der Region oder aus aller Welt – Journalismus ist stets raumbezogen: Er macht für seine Nutzer entfernte Orte sichtbar und verstehbar, ohne dass sie das Wohnzimmer verlassen müssen. Zugleich erzählt er seinen Lesern das Wichtigste von nebenan. Unter digitalen Bedingungen sind nun Erweiterungen möglich: Lesern können Informationen aus ihrer Umgebung zugespielt werden. Redakteure sehen an der ortsbasierten Kennzeichnung ihrer Beiträge, welche Teile der Stadt oder der Region unterbelichtet sind. EveryBlock in den USA zeigt, wie Wichtiges aus der nächsten Umgebung von den Bewohnern zusammengetragen und ausgetauscht wird. “Augmented reality”, also eine erweiterte Realität, spielt bislang vorwiegend in der Kunst oder bei technischen Anwendungen eine Rolle. Journalistisch ließen sich damit Szenarien für die Entwicklung einer Region darstellen: vom Flughafenausbau bis zur Innenstadtgestaltung sind vielfältige Ansätze möglich.

Hat der Lokaljournalismus unter den ökonomischen Krisen der vergangenen Jahre am meisten gelitten, so können gerade von dort Impulse für den mobilen Journalismus ausgehen.

 

Erstveröffentlichung: Tagesspiegel online vom 04.01.2015

Studie: Weiss Schmitz, Amy (2015) Place-Based Knowledge in the Twenty-First Century. The creation of spatial journalism. In: Digital Media, 3(1). 116-131.

Bildquelle: David~/flickr.com

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