Training für die Medienmacher von morgen

2. März 2012 • Ausbildung • von

Sammelband stellt Ausbildungskonzepte für den Journalismus vor

Der Bologna-Prozess hat die Lehre an den Hochschulen in Deutschland nachhaltig verändert – so legen die Curricula inzwischen mehr Wert auf die Verbindung von Theorie und Praxis und auf innovative didaktische Konzepte.

Der Sammelband „Didaktik der Journalistik. Konzepte, Methoden und Beispiele aus der Journalistenausbildung“, herausgegeben von Beatrice Dernbach und Wiebke Loosen, zeigt auf, wie es gelingen kann, künftige Journalisten gleichermaßen wissenschaftlich und empirisch fundiert sowie praxisorientiert aus- und weiterzubilden.

Dazu geben Journalismuswissenschaftler und -praktiker in 35 Beiträgen ihre Erfahrungen weiter. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Theorie und Praxis in die Lehre integriert werden können – und wie Studierende zur Mitarbeit angeregt werden können.

So erklärt Volker Wolff in dem Kapitel über klassisches Handwerk und Medientraining, wie er den Studierenden im Journalistischen Seminar der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz zeigt, dass Nachrichtenschreiben keine Kunst, sondern erlernbares Handwerk ist. Dabei unterscheidet Wolff zwischen Agentur- und Zeitungsberichten (1. Semester) sowie Magazinberichten (2. Semester), da Aufbau und Sprache, so der Journalist und Wissenschaftler, bei gleicher Funktion völlig unterschiedlich seien. Vorlesungen und Lehrredaktionen wechseln sich im Journalistischen Seminar ab. Da es über den Zugriff auf die Dienste von dpa verfügt, können Wolff und seine Studierenden das Material der Nachrichtenagentur nutzen und die Entwicklung der Meldungen und Berichte im Tagesverlauf zu einem Thema bei dpa verfolgen. Innerhalb der Lehrredaktionen werden Pressetermine besucht und im Anschluss daran im ersten Semester aktuelle Zeitungsseiten und im zweiten Semester ein 24-seitiges Nachrichtenmagazin erstellt.

Robert Donauer, Redakteur für Wissenschaft und Wirtschaft bei Deutsche Welle TV, gibt im selben Kapitel seine Erfahrungen aus einem TV-Kompaktkurs weiter. „Können Studierende ohne Fernseherfahrung nach einem fünftägigen Kompaktkurs einen anspruchsvollen Magazinfilm verwirklichen?“ fragt er zu Beginn seines Beitrags und gibt gleich selbst die Antwort: „Früher hätte ich – als langjähriger Fernsehredakteur – mit einem glatten „Nein“ geantwortet. Doch die Erfahrungen mit einigen Jahrgängen des  Masterstudiengang Wissenschaftskommunikation an der Hochschule Bremen haben mich eines Besseren belehrt.“ Es funktioniere, so Donauer, wenn er sich mit einer kleinen hochmotivierten Gruppe auf die journalistischen Prinzipien des Fernsehmachens  konzentriere, mit den Teilnehmern die einzelnen Schritte mehrmals übe und immer wieder ihre Wahrnehmung schärfe. Im Mittelpunkt stehe dabei folgende Botschaft: Fernsehen soll Bildergeschichten erzählen. Im Seminar setzen die Teilnehmer zuerst ein Filmthema als Bildergeschichte um und analysieren einen Film auf Thema, Aufbau und Dramaturgie, Bilder und ihre Montage, Sprechertext und Bild-Text-Verzahnung sowie O-Töne, Geräusche und Musik, bevor sie basierend auf einem Exposé und einem Drehplan ihren eigenen Film produzieren.

Wie wichtig die Vermittlung von Online- und crossmedialen Kompetenzen heutzutage ist, zeigen die Beiträge von Walter Hömberg und Christian Klenk sowie von Klaus Meier, Vanessa Giese und Tobias Schweigmann. Hömberg und Klenk beschreiben die Entwicklung des studentischen Magazins Einsteins am Lehrstuhl für Journalistik an der Katholischen Universität Eichstätt, das sich in den vergangenen 20 Jahren von der Zeitschrift zur crossmedialen Publikation gewandelt hat. Seit einigen Jahren sind die TV-Redaktion und die Zeitschriftenredaktion des Magazins Einsteins personell identisch und setzen Beiträge für beide Medien um. Die Einbindung des Internetauftritts habe bislang ein Problem dargestellt, so die Autoren, doch man sei auf einem guten Weg zur gänzlich integrierten Redaktion. 2012 soll das Modell, das crossmediales Arbeiten für Print, TV und Online vorsieht, verwirklicht werden. Wenn ein Reporterteam beispielsweise über Elektroautos recherchiert, könnten daraus ein Testbericht nach einer Probefahrt für die Zeitschrift, ein Beitrag über ein Modellprojekt zur Elektromobilität für das Fernsehmagazin sowie ein Erklärstück über die Funktionsweise und den Aufbau von Elektrofahrzeugen für das Internet entstehen. Basierend auf den Ergebnissen der neueren Redaktionsforschung kombiniert das Modell objekt- und funktionsorientierte Gruppen. Neben den Reporterteams soll es dann auch Produktionsgruppen für Zeitschrift, Fernsehen und Online geben.

Ein ähnliches Konzept gibt es bereits am Institut für Journalistik der TU Dortmund, das Meier, Giese und Schweigmann im Sammelband vorstellen: das Newsdesk-Modell der Lehrredaktionen verknüpft  in periodisch erscheinenden Publikationen alle Plattformen Online, Print, Radio und Fernsehen.

Ein weiteres Kapitel des Sammelbandes widmet sich international vergleichenden Lehrerfahrungen und -inhalten. Steffen Burkhardt, Leiter des International Media Center Hamburg (IMCH) an der Universität Hamburg, beschreibt das an der Hamburg Media School entwickelte journalistische Kooperationsprogramm „Medienbotschafter China-Deutschland“; Barbara Thomaß von der Ruhr-Universität Bochum gibt einen Einblick in ihre Erfahrungen, die sie als Seminarleiterin in der Weiterbildung von Journalisten aus Transformationsstaaten gemacht hat. Hans Ibold und Mark Deuze von der School of Journalism an der Indiana University lassen den Leser an ihren Lehrerfahrungen in den Niederlanden und den USA teilhaben und zeigen auf, dass sich Medientrainer künftig verstärkt mit den Trends in der internationalen Journalistenausbildung auseinandersetzen müssen.

Da der Beruf des Hochschullehrers keine formale didaktische Qualifikation erfordere, so die Herausgeberinnen Dernbach und Loosen im Vorwort, seien die meisten Nachwuchswissenschaftler darauf angewiesen, sich autodidaktisch auf ihre Lehrtätigkeit vorzubereiten.

Der Sammelband gibt nicht nur Neulingen wertvolle Tipps, sondern regt auch erfahrene Journalistenausbilder dazu an, über ihre Lehrkonzepte nachzudenken.

Dernbach, Beatrice; Loosen, Wiebke (Hrsg.) (2012): Didaktik der Journalistik. Konzepte, Methoden und Beispiele aus der Journalistenausbildung. Wiesbaden: Springer SV.

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