Mehr Offenheit als Rezept gegen die Krise

12. Dezember 2012 • Digitales, Qualität & Ethik • von

Das „Best Practice Guidebook“ des europäischen Forschungsprojekts MediaAcT zeigt die große Bandbreite an Möglichkeiten, mehr Transparenz und Medienethik in die Redaktionen zu bringen – sowohl online und offline als auch zeiteffizient und kostengünstig.

Die Medienbranche steckt vor allem in Europa und den USA  in einer ökonomischen Krise. Auf der anderen Seite aber zeigen Social Media, neue digitale Formate und Diskurse, dass sich im Journalismus auch vieles zum Positiven verändern kann. Gerade auf dem Gebiet der (Medien-)Transparenz hat sich durch diese Möglichkeiten vieles verbessert.

Eine Sammlung gut funktionierender Instrumente bietet das „Best Practice Guidebook: Media Accountability and Transparency across Europe”. Die darin vorgestellten Instrumente und Praktiken schaffen mehr Nutzerbeteiligung und Transparenz und definieren Produktionsprozesse von Nachrichten neu.

Das Guidebook ist eines der Ergebnisse des europäischen Forschungsprojekts MediaAcT (Media Accountability and Transparency in Europe), das sich mit Medienselbstkontrolle und Medientransparenz in Europa beschäftigt.

Beispiele des Guidebooks zeigen unter anderem, wie Medien entweder auf ihren Websites oder über diverse Social Media Kanäle offenbaren, wer die Leute und Unternehmen sind, die Nachrichten machen. Dazu gehören als Basis die Offenlegung der Eigentümerverhältnisse oder das Publizieren von Unternehmensrichtlinien.  Solche Transparenz zeigen u.a. verschiedene Formen von Redaktionsblogs wie jener der BBC (http://www.bbc.co.uk/blogs/theeditors/) und Journalistenblogs aus der Schweiz (http://www.suedostschweiz.ch/community/blogs/interna).

Einen sehr innovativen Zugang zum Redaktionsgeschehen offeriert die italienische Tageszeitung La Repubblica. Sie zeichnet wichtige Redaktionskonferenzen auf und stellt das Video den Usern online zur Verfügung (http://video.repubblica.it/rubriche/repubblica-domani). Damit haben die Leser der Zeitung die Möglichkeit Entscheidungsprozesse, die Auswahl von Nachrichten und Produktionsroutinen nachzuvollziehen.

Andere Beispiele des Guidebooks machen klar, dass man auch mit Fehlern produktiv und transparent umgehen kann. Best-Practice-Beispiele zum Fehlermanagement findet man in vielen Ländern, so etwa bei der Berliner Morgenpost („Leider falsch”  http://www.morgenpost.de/berlinaktuell/article1077710/). Die Error Buttons der Schweizer Tageszeitungen Tagesanzeiger (http://www.tagesanzeiger.ch) und 20Minuten (http://www.20min.ch, http://www.20min.ch/ro/) oder die Korrekturbox auf der Webseite des niederländischen öffentlich-rechtlichen Senders NOS (www.nos.nl/nos/herstel/) sind weitere Beispiele dafür.

Die „Newslist” des britischen The Guardian zeigt, wie Nutzer kostengünstig mit in den Dialog einbezogen werden können. Die Ideen für Geschichten werden in einem auf der Website eingebauten Google-Dokument transparent dargestellt. Die Leser und Leserinnen haben die Möglichkeit, Ideen, Lob und Kritik direkt via Twitter oder Email an die Autoren und Autorinnen zu senden. Moderierte Chatformate, wie der „eEditor” der schwedischen Zeitung Norran, sind ebenfalls eine sehr kostengünstige Möglichkeit Chat, Ombudsperson und Leserbrief zu verbinden.

Aufwendiger sind hingegen die im Guidebook ebenfalls aufgeführten Formate einer echten Nutzereinbindung. Acht von 30 Minuten der Hauptnachrichtensendung des finnischen öffentlich-rechtlichen Senders YLE2 bestehen aus User-Generated-Content bzw. Inhalten, die die User mitdiskutiert oder vorgeschlagen haben (http://yle.fi/uutiset/puheenaiheet/).

Mehr Best-Practice-Beispiele finden Sie im Guidebook (auf Englisch), das auf der MediaAcT-Website heruntergeladen werden kann.

Bichler, K./Harro-Loit, H./ Karmasin, M./Kraus, D./Lauk, E. Loit, U. (2012): Best Practice Guidebook: Media Accountability and Transparency across Europe

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