Narrative für Europa

1. September 2014 • Digitales • von

Ist die kommunikative Krise Europas auch eine Chance für Europa? Gunnar Bender, in Deutschland für die „Public Policy“ von Facebook zuständig, und Klaus Siebenhaar, Direktor des Instituts für Kultur- und Medienmanagement an der FU Berlin, sehen das jedenfalls so. Gemeinsam haben sie im Frühjahr in Berlin einen „Social Learning Space“ organisiert – eine unkonventionelle Tagung, bei der über Disziplingrenzen hinweg Junge und Alte, Forscher, Medienpraktiker und andere Experten gemeinsam über die Zukunft Europas nachdenken sollten: über neue Narrative, über „die noch ungeschriebenen europäischen Geschichten, die jenseits von Abendland und Aufklärung und Ästhetik von etwas zu berichten wissen, was uns gemeinsam ist, ja wieder vereint“; und über die Rolle, die das Internet und die sozialen Medien mit ihrer wachsenden Zahl an Trägermedien, Plattformen, Kanälen dabei spielen, endlich eine europäische Öffentlichkeit herzustellen, die dem Einigungsprozess neue Schubkraft verleihen könnte.

Herausgekommen ist dabei jetzt „ein Buch für Europa – mehr Kaleidoskop als reine Dokumentation“, so die beiden Herausgeber Bender und Siebenhaar, und das ist nicht zu viel versprochen. Tagungs-Dokumentationen sind zwar eine heikle, eher undankbare Textsorte: Für Außenstehende vermitteln sie die Dynamik des Events meist nur unzureichend. Und diejenigen, die selbst „dabei“ waren, wollen womöglich gar nichts mehr nachlesen, oder sind enttäuscht, weil die Verschriftlichung nur unzureichend das Tagungsgeschehen festzuhalten vermag. Im konkreten Fall ist das anders: Wer Anregungen sucht, wer daran teilhaben will, wenn sich Europa digital vernetzt, und wer wissen möchte, wie mehrsprachige Informationstechnologien (und damit wohl auch immer öfter mehrsprachige Apps und Newssites) Europa verändern werden, bekommt hier ein Füllhorn von Ideen und Initiativen ausgebreitet.

Gunnar Bender/Klaus Siebenhaar (Hg.): SLS 14. Social Learning Space. Europa: Real, digital und historisch, Berlin: Siebenhaar-Verlag, 2014

Erstveröffentlichung: Tagesspiegel vom 1. September 2014

Der Beitrag ist Teil einer Serie – alle 14 Tage präsentieren drei Medienforscher im Tagesspiegel Ergebnisse und Streitfragen ihres Fachs, die das EJO zweitveröffentlicht.

Teil 1: Lauter, bitte!

Teil 2: Das Publikum vergisst rasch

Teil 3: Politik – mit und ohne Etikett

Teil 4: Facebook im Sinkflug?

Teil 5: Schneidet die alten Zöpfe ab!

Teil 6: Geschlechterklischees in den Medien

Teil 7: Alarm für die Demokratien

Teil 8: Mythen prüfen!

Teil 9: Oligarchie in Wikis?

Teil 10: Weg mit den Mogelpackungen

Teil 11: Offen und traditionsbewusst in die Zukunft

Teil 12: Mit Twitter zum Wahlsieg

Teil 13: Bedeutungsverlust von Pressearbeit

Teil 14: Den Wandel gestalten

Teil 15: Die Spätfolgen von Tschernobyl

Bildquelle: Flickr.com; Rock Cohen

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