Paywalls – sind sie die Mühe wert?

4. Juni 2014 • Digitales • von

Sind Paywalls die Lösung für die Krise der Zeitungsverlage oder eher eine vorübergehende Modeerscheinung? Dieser Frage nehmen sich Victor Pickard und Alex Williams von der Annenberg School for Communication (University of Pennsylvania) in einer Studie an, deren Ergebnisse kürzlich im Fachmagazin Digital Journalism veröffentlicht wurden.

Für ihre Studie haben sie die Paywalls von drei bedeutenden US-amerikanischen Medienunternehmen betrachtet, und zwar der Arkansas Democrat-Gazette, der Dallas Morning News und der New York Times.

Die Arkansas Democrat-Gazette führte 2001 als eine der ersten Zeitungen eine Bezahlschranke für ihr Online-Angebot ein. Sie wollte damit in erster Linie ihre Leser der Print-Ausgabe bei der Stange halten, die sonst aufhören könnten, die Zeitung zu kaufen, wenn sie dieselben Nachrichten gratis online beziehen könnten. Mit diesem Schritt war der Verlag erfolgreich: Zwischen 2000 und 2010 erhöhte die Arkansas Democrat-Gazette ihre Auflage um 3,2 Prozent, während die meisten anderen Zeitungen mit Auflagenrückgängen zu kämpfen hatten. Dennoch musste sie 2012 den Preis ihrer Printausgabe erhöhen, um die rückläufigen Werbeeinahmen zu kompensieren.

Die Dallas Morning News hat seit Anfang 2011 eine sogenannte „weiche“ Bezahlschranke, das heißt, nicht alle Onlineinhalte sind kostenpflichtig geworden. Die Zahl der Online- Abonnenten beläuft sich laut Unternehmensangaben auf rund 50.000, doch seit der Einführung der Paywall sind die Nutzerzahlen der Website von 39 Millionen auf 30 Millionen zurückgegangen. Die Studienautoren folgern, dass die Paywall der Dallas Morning News es nicht geschafft hat, die früheren Verluste wettzumachen und den allgemeinen Erlös zu steigern, sie weisen aber auch darauf hin, dass ihnen nicht alle relevanten Umsatzdaten zur Verfügung standen. Im Herbst 2013 gab die Dallas Morning News seine Paywall auf und rief zwei Versionen desselben Produkts ins Leben – eine Gratis-Ausgabe und eine Premium-Ausgabe mit weniger Werbung.

Die New York Times zog 2011 mit ihrer Einführung der „metered paywall“, einer sogenannten „porösen“ Bezahlschranke, große Aufmerksamkeit auf sich. Anfangs konnten Nutzer dort 20 Artikel pro Monat gratis lesen, danach wurden Gebühren fällig. Später wurde die Zahl der Gratis-Artikel auf zehn pro Monat zurückgefahren. Die NYT schaffte es, 600.000 Online-Abonnenten an Land zu ziehen; Pickard und Williams bezeichnen dies als unerwarteten Erfolg. Dennoch besteht zwischen den Erlösen, welche die NYT mit Print- und Online-Abonnements erzielt, eine große Diskrepanz. Während ein Leser der Printausgabe dem Verlag etwa 1.100 Dollar pro Jahr bringt, verdient die NYT mit einem Online-Abonnenten nur 175 Dollar pro Jahr. Die jüngsten Zahlen geben zwar Anlass zu – vorsichtigem – Optimismus, so die Autoren, dennoch sollte die New York Times als globale Marke weiterhin als Spezialfall betrachtet werden.

Die Autoren zeigen in ihrer Studie auch Bedenken ökonomischer und demokratischer Art auf, die mit der Einführung von Paywalls einhergehen.

Bei der Einführung der ersten Bezahlschranken fokussierte sich die Debatte darauf, dass es zu Preisabsprachen innerhalb der Medienindustrie kommen könnte. Während einige Experten davon ausgingen, dass nur mithilfe von Preisabsprachen ein durchführbares Paywall-Modell geschaffen werden könnte, konstatierten die Gegner, dass eine lockere Anti-Kartell-Regulierung für die Zeitungsindustrie in wettbewerbsfeindlichen Geschäftspraktiken enden könnte.

Die größte Herausforderung im Zusammenhang mit Paywalls ist laut Pickard und Williams der weitverbreitete Unwillen der Nutzer, für Onlineinhalte zu zahlen. Sie sind an Gratis-Inhalte im Web gewöhnt und werden sich auch mit einem qualitativ schlechteren Produkt zufrieden geben, wenn sie dafür nichts zahlen müssen. Doch trotz aller Hindernisse und der Tatsache, dass Bezahlschranken noch nicht ihre wirtschaftliche Rentabilität unter Beweis gestellt haben, übernehmen immer mehr Zeitungsverlage das Geschäftsmodell.

Schließlich erwähnen die Autoren auch demokratische Bedenken gegenüber dem Paywall-Modell, da es den Prinzipien der Offenheit im Internet widerspricht. Es schaffe auch eine Kluft zwischen den Nutzern, die für Online-Inhalte bezahlen können und jenen, die nicht für sie bezahlen können.

Pickard und Williams kommen zu dem Schluss, dass Bezahlschranken generell kein Allheilmittel für die stagnierende Zeitungsindustrie sein werden. Der Erfolg hängt von der Art der Paywall und der Art der Zeitung ab. Die Autoren halten es jedoch prinzipiell für notwendig, ein Unterstützungssystem für Qualitätsjournalismus zu entwerfen, das nicht gänzlich marktwirtschaftlich ausgerichtet ist. Sie schlagen eine Neuausrichtung des Mediensystems vor: Es sollte am Public Service orientiert sein und dabei von Steuergesetzen profitieren, die Lowprofit und Nonprofit-Alternativen zulassen.

Pickard, Victor; Williams, Alex T. (2014): Salvation or folly? The promises and perils of digital paywalls. In: Digital Journalism, Jg. 2, H. 2. 

Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels

Original-Version auf Englisch: Paywalls, U.S. style. Worth the Hassle?

Photo credit: Brian Dewey / Flickr Cc

 

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