Roboter als Hassprediger

21. Dezember 2015 • Digitales • von

Der einstige Internet-Guru Sascha Lobo beklagte soeben, im Netz verbreiteten sich „Blitzhass, Knalldummheit und offen rausgerotzte Gewaltbereitschaft” rasend schnell. Einer neuen Studie zufolge sind es indes keineswegs immer menschliche Wesen mit all ihren Schwächen, die im Netz Stimmungen erzeugen.

RoboterDass Trolls, die einen erheblichen Teil ihrer Zeit darauf verwenden, auf Facebook und Twitter Unsinn und Hasskommentare zu verbreiten, Psychopaten und Sadisten sind, ist indes offenbar die News von gestern. Jedenfalls hat das bereits vor zwei Jahren eine kanadische Forschergruppe um Erin Buckels herausgefunden.

Ein weiteres Forscherteam um den Siegener Politologen Simon Hegelich befasst sich dagegen damit, wie und vor allem wie oft inzwischen solche Texte „Roboter“ erstellen – sogenannte Social Bots. Dass das technisch möglich ist, steht außer Frage – denn auch seriöse Medien wie etwa das Handelsblatt lassen inzwischen einfache journalistische Texte maschinell kreieren. In einem Interview mit dem SWR geht Hegelich davon aus, etwa fünf Prozent der Userkommentare bei Twitter seien maschinengeneriert, es könnten aber auch schon 20 Prozent sein. Während die deutschen Forscher robotergenerierten Userkommentaren nachspüren, müht sich in Kalifornien das Start up-Unternehmen Verified Pixel damit ab, mit Hilfe neuer Software herauszufinden, ob und wie Fotos, die im Netz kursieren, manipuliert und somit gefälscht wurden.

Schwierige Zeiten also für alle, die im Online-Heuhaufen der Desinformation die Stecknadeln der Wahrheit zu identifizieren suchen – nicht zuletzt für Profi-Journalisten. Linkschleudern wie Facebook, Twitter und Co. machen das nahezu unmöglich. Wir drohen im Bullshit-Sumpf zu versinken. Niemand ist dagegen gefeit, von Roboter-Netzkampagnen beeinflusst zu werden, auch große Redaktionen nicht. Zu Recht befürchtet Hegelich, dass auch Politiker, etwa in der Flüchtlingsfrage oder in der Terrorismusbekämpfung, auf Stimmungen, die von Maschinen erzeugt werden, ebenso wie auf gefälschte Bilder hereinfallen.

Erstveröffentlichung: Tagesspiegel vom 20.12.2015

Bildquelle: Peyri Herrera / Flickr Cc

 

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