Viele nutzen soziale Medien, vertrauen ihnen aber nicht

22. Juni 2017 • Digitales, Internationales, Qualität & Ethik • von

In den meisten Ländern vertrauen die Nutzer weiterhin klassischen Nachrichtenmedien mehr als den sozialen Medien. So lautet eines der zentralen Ergebnisse des sechsten Digital News Report, der heute vom Reuters Institute for the Study of Journalism an der University of Oxford veröffentlicht wurde.

Wie der Digital News Report 2017, der auf einer Online-Befragung von 70.000 Mediennutzern in 36 Ländern basiert, feststellt, ist nur knapp ein Viertel (24%) der Befragten der Ansicht, dass soziale Medien angemessen zwischen Fakten und Fiktion unterscheiden – und das, obwohl über die Hälfte der Befragten (54%) ihre Nachrichten über soziale Medien bezieht. Klassischen Nachrichtenmedien wird diesbezüglich eine bessere Arbeit attestiert, 40 Prozent der Befragten sind der Auffassung, dass diese gut zwischen Fakten und Fiktion trennen und vertrauen ihnen dementsprechend mehr. In Ländern wie den USA (20%/38%) und Großbritannien (18%/41%) ist der Anteil derjenigen, die den Nachrichtenmedien mehr vertrauen als den sozialen Medien sogar doppelt so hoch. Nur in Griechenland vertraut man den sozialen Medien mehr als den klassischen Medien (28%/19%).

Die Höhe des Medienvertrauens variiert sehr stark zwischen den 36 Untersuchungsländern. Der Anteil derjenigen, die den Medien vertrauen, ist in Finnland am höchsten (62%) und in Griechenland und Südkorea am niedrigsten (23%).

In politisch polarisierten Ländern herrscht bei den Befragten eine starke Korrelation zwischen Medienmisstrauen und wahrgenommenen politischen Tendenzen in der Berichterstattung. So vertrauen die Befragten in den USA eher den Nachrichtenquellen, die sie regelmäßig nutzen (53%) als den Medien im Allgemeinen (38%). In Großbritannien haben offenbar die Auswirkungen des Brexit-Votums im Juni 2016 zu einem gesunkenen Medienvertrauen geführt, es ging von 50 Prozent auf 43 Prozent zurück.

Das Ausmaß von Vertrauen variiert nach politischer Präferenz. In den USA misstrauen die politisch eher rechts orientierten Mediennutzer den Medien häufiger als die links orientierten Mediennutzer, während es in Großbritannien umgekehrt ist. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass es in den USA bislang kein Äquivalent zur rechtsorientierten Boulevardpresse, die den britischen Zeitungsmarkt dominiert, gibt. Diese Lücken im Medienmarkt wollen nun digitale parteiische Angebote füllen, wie Breitbart in den USA, dessen wöchentliche Reichweite bei den Befragten bei sieben Prozent liegt, und der links orientierte Blog The Canary in Großbritannien, der bei den Befragten eine wöchentliche Reichweite von zwei Prozent erreicht.

Nur etwa jeder Zehnte aller Befragten (13%) gibt Geld für Online-Nachrichten aus, wobei große regionale Unterschiede herrschen. In Norwegen zahlt etwa ein Viertel und in Schweden ein Fünftel für Online-Nachrichten – in Griechenland dagegen sind es nur sechs Prozent. Der Digital News Report erklärt dies mit Einkommensunterschieden in den verschiedenen Ländern und damit, dass es in einigen Ländern, in denen schon eine Zeitungsabo-Kultur herrschte, gelungen ist, diese auf den digitalen Bereich zu übertragen.

Es könnten aber auch noch andere Faktoren eine Rolle spielen. Denn in einigen Ländern wie in den USA oder Australien hat die politische Polarisierung auch eine positive Seite: Der Anteil derjenigen, die bereit sind, für Online-Nachrichten zu zahlen ist gestiegen (in den USA von 9 auf 16 Prozent der Befragten, in Australien von 10 auf 13 Prozent der Befragten). Die meisten von ihnen sind politisch links orientiert und sagen, sie wollten den Journalismus unterstützen, indem sie ihm finanziell unter die Arme greifen. In den USA zahlen auch immer mehr unter 35-Jährige für Online-Nachrichten. Auch die Spendenbereitschaft für Medien ist in beiden Ländern gestiegen, in den USA wurde dreimal so viel gespendet wie im Vergleich zum Vorjahr.

Original-Version auf Englisch: Social Media, Trust and Polarisation: Digital News Report 2017 

Bildquelle: ijclark / Flickr CC: Tablet social media; Lizenzbedingungen: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/

 

 

 

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