Britische Medien sind für den Brexit

31. Mai 2016 • Internationales • von

Die Briten stimmen am 23. Juni über einen Austritt Großbritanniens aus der EU ab. Ein Großteil der britischen Medienberichte spricht sich im Vorfeld des Referendums stark zugunsten eines Brexits aus, wie eine Studie zeigt.

brexitWenige Wochen vor dem britischen EU-Referendum hat das Reuters Institute for the Study of Journalism die Zwischenergebnisse einer Studie zur Berichterstattung über den Brexit-Wahlkampf veröffentlicht, die es zusammen mit dem Marktforschungsinstitut PRIME Research durchführt.

Die Ergebnisse zeigen, dass sich von den 928 Artikeln, die zwischen Ende Februar und Ende April in neun britischen Zeitungen zum Brexit-Referendum veröffentlicht wurden, 45 Prozent zugunsten des EU-Austritts aussprachen, während nur 27 Prozent für einen Verbleib in der EU waren. Das Sample umfasst Artikel, die in den ersten beiden Monaten des Wahlkampfs jede Woche an jeweils zwei Tage ausgewählt wurden. 19 Prozent der Artikel über das Referendum wurden als „gemischt oder unentschlossen“ kategorisiert und neun Prozent galten als positionslos.

Die Positionen variierten stark zwischen den untersuchten Zeitungen. Die Daily Mail veröffentlichte die meisten Pro-Brexit-Artikel, gefolgt vom Daily Express, dem Daily Star, der Sun und dem Daily Telegraph, während folgende Zeitungen in dieser Reihenfolge die meisten Anti-Brexit-Artikel herausbrachten: der Daily Mirror, der Guardian und die Financial Times. Die Artikel in der Times waren vergleichsweise ausgeglichen, wobei die Anzahl der Pro-Brexit-Artikel leicht überwog. Alle Zeitungen, unabhängig von ihrer Haltung zum Thema, veröffentlichten Artikel mit den Ansichten der anderen Seite, wobei die Anzahl dieser Artikel im Daily Express und Daily Mirror am geringsten war.

Die vorläufigen Ergebnisse zeigen, dass sich an einem durchschnittlichen Tag in der untersuchten Zwei-Monats-Periode insgesamt 42 Artikel in neun Zeitungen mit dem Referendum beschäftigten. Die Daily Mail, der Telegraph und die Times veröffentlichten die meisten Artikel dazu, gefolgt von der Financial Times, dem Daily Express, dem Guardian und der  Sun. Der Daily Mirror und der Daily Star publizierten die wenigsten Artikel zum Thema.

Die Wissenschaftler vom Reuters Institute verfolgten ebenfalls, welche Argumente in den Beiträgen entweder für den Verbleib in oder für den Austritt aus der EU angeführt wurden. Nachdem alle Artikel, die sich ausschließlich mit Personen, Kampagnen oder dem Brexit im Allgemeinen beschäftigten, aussortiert waren, wurden folgende Argumente in absteigender Reihenfolge in den verbleibenden 765 Artikeln am häufigsten angeführt: Wirtschaft (33 Prozent), Souveränität (29 Prozent), Zuwanderung (18 Prozent), gesetzliche Regulierung (14 Prozent) und Terrorismus/Sicherheit (6 Prozent).

Obwohl die Sun und der Daily Mirror hinsichtlich des Brexits unterschiedliche Position vertraten, drehte sich ihre Argumentation oft  um die Eigenständigkeit, während sich die vier Qualitätszeitungen Financial Times, The Guardian, The Daily Telegraph und The Times eher auf die wirtschaftlichen Argumente konzentrierten als auf die Souveränität. Der Daily Express, der Daily Star und die Daily Mail, die für einen EU-Beitritt argumentierten, konzentrierten sich stark auf das Thema „Migration“.

Die Studie untersuchte ebenfalls, wie sich die in der Berichterstattung verwendeten Argumente während der ersten zwei Monate des Wahlkampfs verändert und entwickelt haben. Der Anteil an Artikeln mit wirtschaftlichem Fokus war im gesamten Zeitraum hoch, stieg aber nach dem 21. März noch um 60 Prozent an, nachdem der britische Industrieverband CBI vor den wirtschaftlichen Konsequenzen eines Brexits gewarnt hatte. Terrorismus- und Sicherheits-Argumente fanden eher selten Eingang in die Berichterstattung über den Brexit, wurden aber nach den Anschlägen von Brüssel am 22. März häufiger genannt als in den Wochen zuvor.

Original-Artikel auf Englisch: UK Newspaper Coverage Pro-Brexit, New Study

Übersetzt aus dem Englischen von Lena Christin Ohm

Bildquelle: D. Smith / Flickr CC: “Brexit” / Lizenzbedingungen: https://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/

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