Die Tücken politischer Sprache

14. März 2016 • Qualität & Ethik • von

Kommunikationsforscherin Elisabeth Wehling warnt in ihrem Buch „Politisches Framing“ vor der Verwendung von Begriffen wie „Islamischer Staat“.

Gehirn

Medien programmieren unser Denken oft in die falsche Richtung.

Je dreister die Machthaber dieser Welt ihre Propaganda-Trupps einsetzen und je kreativer und zahlreicher die Public Relations Experten werden – in den USA kommen derzeit bereits fünf auf einen Journalisten – , desto wichtiger wäre es, dass gerade Redaktionen bei der Wortwahl und bei Sprachregelungen aufpassen. Doch Pustekuchen. Sie machen sich immer wieder, wohl mehr gedankenlos als absichtsvoll, Begriffe zu eigen, die eigentlich zu Unworten des Jahres erklärt werden müssten. So programmieren sie unser Denken oftmals in die falsche Richtung. „Framing“ nennen das die Kommunikationsforscher.

Eine von ihnen, Elisabeth Wehling, hat jetzt dazu ein Büchlein geschrieben, das unter jedermanns Kopfkissen gehört. Wehling macht darauf aufmerksam, dass „Frames immer selektiv“ seien: „Sie heben bestimmte Fakten und Realitäten hervor und lassen andere unter den Tisch fallen“. Weil sie „einen ideologisch selektiven Charakter haben“ und „gesellschaftliche und politische Gegebenheiten aus einer bestimmten Weltsicht heraus“ interpretieren, verschleiern sie mitunter auch Realitäten eher, als diese zu erhellen.

Von den Dutzenden Beispielen aus der aktuellen Diskussion, die Wehling untersucht, sei hier nur eines aufgegriffen: Unser Umgang mit Muslimen und mit Terrorismus. Da hätten sich in unseren Sprachgebrauch Begriffe wie der „Islamische Staat“ oder die „Islamophobie“ eingenistet. Mit IS nutzten und propagierten wir „einen Frame, der die Terrormiliz als islamisch und als Staat begreifbar macht“. Was die Miliz „sprachlich geschickt bereits in die Welt gesetzt hat, billigen wir ihr nämlich im Weg des vorauseilenden Gehorsams zu“, wenn wir den Frame in unsere Sprache einbürgerten und ihr damit Staatlichkeit bescheinigten und obendrein, dass sie für den Islam stehe. Auch den Begriff „Islamophobie“ hält Wehling für gefährlich: „Islam-feindliches Denken ist eine Geisteshaltung, keine klinische Angststörung“, meint sie gestreng.

Elisabeth Wehling (2016): Politisches Framing. Wie eine Nation sich ihr Denken einredet – und daraus Politik macht, Köln: Herbert von Halem Verlag

Erstveröffentlichung: Tagesspiegel vom 13. März 2016 (leicht geänderte Fassung)

Bildquelle: pixabay.com

 

 

 

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