Nach dem Print-Tod wartet kein Paradies

11. Januar 2012 • Digitales, Redaktionsmanagement • von

Wenn Zeitungen nicht mehr erscheinen, wandelt sich der Beruf radikal – nicht nur zum Besseren.

Während mehrere Großverlage im deutschen Sprachraum, darunter Ringier und Springer, sich durch die Zusammenlegung mehrerer Redaktionen für die Online-Zukunft rüsten, haben in den USA bereits seit geraumer Zeit einige Zeitungs-Titel ihre Printausgabe eingestellt und erscheinen nur noch im Internet. Die Capital Times in Madison/Wisconsin gehört zu den Pionieren, die diesen Schritt gewagt haben, und sie hat jetzt Aussicht, als jene Zeitung in die Geschichte einzugehen, deren Transformationsprozess als erster umfassend erforscht wurde.

„Journalism as Process“ – die Studie verkündet bereits in ihrem Titel, worum es der Autorin Sue Robinson von der University of Wisconsin vor allem geht: Zu zeigen, wie in einer professionell erstellten Online-Zeitung traditionelle Grenzen und auch klar definierte Berufsrollen verschwimmen und Nachrichten nicht mehr als „fertiges Produkt“ präsentiert werden, sondern in einem permanenten Interaktionsprozess zwischen Journalisten und Publikum entstehen und fortgeschrieben werden.

Dabei schwinde die Trennung von Privat- und Berufsleben mehr und mehr, weil die Redakteure als „Netizens“ zwar nicht mehr notwendigerweise physisch in der Redaktion präsent seien, dafür aber sich tendenziell rund um die Uhr im Einsatz befänden (Journalism Monographs, Vol. 13, No.3, 2011). Allerdings hat die Studie ein Manko: Auf der Seite des aktiven Publikums, der „Citizen Journalists“, unterscheidet Robinson nicht zwischen „Normalbürgern“, die – aus was für Motiven auch immer – als Laien kommunizieren und solchen Teilnehmern, die als Kommunikationsprofis auf den Journalismus Einfluss nehmen.

So entsteht dann wohl ein zu rosarotes Bild von den Möglichkeiten des neuen „partizipativen Journalismus“. Immerhin: Ein Anfang ist gemacht. Aus der Ferne lässt sich auch die Zusammenarbeit zwischen einer kleinen amerikanischen Online-Regionalzeitung und einer der führenden „Schools of Journalism“ bei dieser Begleitforschungs-Studie als vorbildlich bezeichnen. Hierzulande warten wir dagegen noch auf wissenschaftliche Studien, die den Transformationsprozess in den Newsrooms und seine Folgen genauer unter die Lupe nehmen.

Erstveröffentlichung: Schweizer Journalist Nr. 12/2011 + 1/2012

Print Friendly, PDF & Email

Schlagwörter:, , , , , , , ,

1 Responses to Nach dem Print-Tod wartet kein Paradies

  1. […] dall’originale tedesco “Nach dem Print-Tod wartet kein Paradies” a cura di Alessandra […]

Schreibe einen Kommentar

Send this to a friend