Volksbühne statt Sparte

28. November 2017 • Redaktion & Ökonomie • von

Marlis Prinzing meint, Medienhäuser müssten eine vielfältige Strategie für die Zukunft finden. Und die Kommunikationswissenschaft gleich mit.

Medienunternehmen, die ihre jetzige Position festigen und ihre Investitionen in digitale Technik nachhaltig rentabel machen wollen, benötigen eine vielfältige Strategie.

Professioneller Journalismus muss in der digitalen Gesellschaft nicht zwingend zum Spartenprogramm werden: angesehen, hoch subventioniert, eher für wenige gemacht – vergleichbar der Oper. Nicht, wenn Medienunternehmen sich nun organisatorisch transformieren. Das Ausgangsproblem stellt sich auch der Kommunikationswissenschaft als Fach.

Der Opern-Vergleich stammt von Lucy Küng. Die Forscherin veröffentlichte beim Reuters Institut der Universität Oxford Ergebnisse aus 60 Interviews mit Führungspersonen in rund 20 Medienhäusern, darunter Washington Post, New York Times, Le Monde, Axel Springer. Sie liest in den Antworten strategische Muster. Viele klassische Medienunternehmen haben Einfluss, Relevanz und Marktanteile eingebüßt. Dem begegneten die meisten mit Anpassungen ihrer Inhalte und damit ihrer Produkte. Nun aber müssten sie mit ähnlicher Energie auch ihre Organisationsstruktur transformieren. Wer seine jetzige Position festigen und seine Investitionen in digitale Technik nachhaltig rentabel machen wolle, benötige eine vielfältige Strategie: ein zur journalistischen Botschaft passendes Fernziel, ein klares Geschäftsmodell, Offenheit für Neues, Beweglichkeit, die Fähigkeit, Geschäftsfelder mit geringem Potenzial rasch zu verlassen, klare Strukturen, eine Art Unternehmensgehirn, das verschiedenartige Kulturen – Technik, Daten, Journalismus – verknüpft und verschmilzt, schließlich eine glaubwürdige Unternehmensführung.

Der Punkt, einem Spartendasein vorzubeugen, lässt sich auf die Kommunikationswissenschaft übertragen, wo sich viele damit begnügen, Forschung auf Forschung zu kommunizieren. Die Studie ist ein Beispiel dafür, dass Fragen, die Praktiker umtreiben, zeitnah wissenschaftlich analysiert werden; und sie illustriert die Notwendigkeit, das Fach so zu transformieren, dass es sich aktuellen Themen der Kommunikationsgesellschaft stärker und auf bedeutsamer Bühne zuwendet.

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 26. November 2017

Bildquelle: pixabay.com

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