„Staatlich“ waren die öffentlich-rechtlichen Medien in Polen auch noch nach der Wende. Doch momentan wandeln sie sich ganz offen zu regimetreu. Für Pluralität sorgen zahlreiche private Anbieter, aber ihre Arbeit wird nun erschwert.
L. steht täglich vor einem Dilemma: soll er lieber keinen Beitrag machen oder einen gesendet sehen, der eigentlich nicht mehr seiner ist? „Wie soll ich Beiträge mit meinem Namen unterschreiben, wenn ich weiß, sie sind nicht objektiv, sondern propagandistisch?“ Journalismus sei das nicht mehr, er fühle sich damit verkäuflich und schlecht, sagt L. Aber er hat drei Kinder, von etwas muss er leben. L. schreibt mehrere Bewerbungen wöchentlich. Bisher erfolglos. Selber kündigen werde er nicht, sagt er. Also kommt er weiter in die Redaktion, leidet und schweigt. Und fängt an, seinen Job zu hassen, obwohl er schon immer Journalist werden wollte. Seit fast 10 Jahren arbeitet L. für einen der öffentlich-rechtlichen Sender in Polen. „Falsch”, sagt er und fügt hinzu, „beim staatlichen Sender.“
L. will seinen Namen nicht in diesem Artikel sehen. Keine Infos, die auf ihn hindeuten könnten, darf ich schreiben. Es klingt merkwürdig und übertrieben. L. ist ein kleiner Fisch, jemand, der täglich O-Töne auf der Straße sammelt oder die News aus den Nachrichtenagenturen durchwühlt. Ein Handwerker, eins von vielen unsichtbaren Zahnrädchen, kein Star. Unparteiisch, unpolitisch, nicht engagiert. Nach der Parlamentswahl im Oktober hat er sich nicht gefreut, er hat sich aber auch keine großen Gedanken über seinen Job gemacht. „Säuberungen“ nach jedem Regierungswechsel habe es schon immer gegeben, sagt L. Ganz oben, in den Leitungspositionen oder bei den Moderatoren, den angesehenen Journalisten. Aber so was habe er noch nicht erlebt. Er und seine Kollegen reden sich zwar ein, dass man nicht alle ersetzen kann, dass jemand drehen, schreiben und schneiden muss, aber daran zweifelt er mittlerweile auch, seitdem er immer weniger „Zahnrädchen“ aus seinem alten Team in der Redaktion sieht.
Mit dem sogenannten „kleinen Mediengesetz“, das im Januar in Kraft getreten ist, fing die Umstrukturierung der polnischen Medien an. Um fair zu bleiben, muss dazu gesagt werden, dass die öffentlich-rechtlichen Medien nicht ohne Grund umgangssprachlich als „staatlich“ bezeichnet wurden. Seit der Wende wurden die Medien nicht grundlegend reformiert, was weiterhin zu einer starken Politisierung geführt hat. Als eine eigene politische Angelegenheit wurde der Rundfunk betrachtet – er wurde von der jeweils regierenden politischen Mehrheit zu eigenen Zwecken genutzt. Ganz offiziell wurden Programme unter den Parteien aufgeteilt und Einfluss ausgeübt. Das führte dazu, dass keine Partei ernste Absichten hatte, die Medien tatsächlich unabhängig zu machen. Das betrifft die aktuell regierende Partei PiS genauso wie die bis vor kurzem regierende Platforma Obywatelska (deutsch: Bürgerplattform). Eine gewisse Kontrolle über bekannte Journalisten in den öffentlich-rechtlichen Medien wurde schon seit langem ausgeübt. Doch tatsächlich war die Politisierung nie so deutlich und hart zu spüren wie jetzt.
Viele bekannte Journalisten wurden entlassen
Schon während des Wahlkampfs kündigte die PiS-Partei an, dass die Medien bei ihrem Sieg „gesäubert“ würden – von allen „Feinden der Nation“, hieß es. Nach den Wahlen kam dann eine Liste in Umlauf, mit Namen von bekannten Sprechern, Moderatoren und Journalisten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Darunter die Nachrichten-Anchors Beata Tadla und Piotr Krasko sowie die Politikreporterin Justyna Dobrosz-Oracz. Die Personen auf der Liste wurden innerhalb weniger Wochen entlassen. Einige von ihnen gingen vor Gericht. Im Juni fiel das erste Urteil – zugunsten des klagenden Journalisten, dem ehemaligen Chef eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders, der für seine Kritik an der neuen Leitung entlassen worden war und nun eine Entschädigung gezahlt bekommen wird.
In den darauffolgenden Monaten wurden weitere Journalisten, Produzenten und Reporter entlassen, versetzt oder ihre Verträge wurden nicht verlängert. Falls sie als freie Mitarbeiter gearbeitet haben, haben sie keine Aufträge mehr bekommen. Insgesamt über 160, wie es von Seiten des oppositionellen Journalistenvereins heißt. Nur wenige haben – aus Solidarität mit ihren Kollegen oder aus Widerstand zur neuen Politik in den öffentlich-rechtlichen Medien – selber gekündigt. Eine berufliche Solidarität merkt man kaum. Zwar demonstrierten die Journalisten in Polen gegen das neue Mediengesetz und für die Medienfreiheit, allerdings waren es die Mitarbeiter der privaten Medien oder diejenigen, die schon entlassen worden waren.
Anders als in Deutschland gibt es in Polen keine unparteiische gewerkschaftliche Vertretung der Journalisten. Der größte journalistische Verband, der Verein der polnischen Journalisten (SDP Stowarzyszenie Dziennikarzy Polskich), unterstützt seit Jahren öffentlich die PiS-Partei von Jaroslaw Kaczynski und bringt Kollegen zusammen, die für die konservativen Medien arbeiten. Auf der Gegenseite steht der relativ kleine Verein der Journalisten der Republik Polen (Stowarzyszenie Dziennikarzy Rzeczpospolitej) und eine jüngere journalistische Gesellschaft (Towarzystwo Dziennikarskie), die erst 2012 als Gegengewicht zum SDP von Journalisten aus den liberalen und links-liberalen Kreisen gegründet wurde. Die meisten Journalisten sind jedoch bei keinem der Verbände und damit auf sich allein gestellt.
TVP Info hätte lieber Bischofskonferenz statt Demonstration gegen die Regierung gezeigt
In den öffentlich–rechtlichen Medien wird die Atmosphäre immer schlechter, berichten Mitarbeiter. „Jeder schaut misstrauisch auf den anderen“, sagt der Fernsehreporter M. Auch er will anonym bleiben. „Man flüstert nur noch auf dem Flur, achtet auf seine Worte, damit man nicht bei den neuen Chefs verpetzt wird“, erzählt M. Seit Januar habe sich der Redaktionsalltag erheblich verändert. „Man sah täglich neue Gesichter“. Einige von ihnen kennt M. aus rechtskonservativen privaten Medien, andere aus dem katholischen Medienimperium des konservativen Paters Rydzyk, zu dem auch „Radio Maryja“ und der TV-Sender „Telewizja Trwam“ gehören. Die neuen Reporter, die von dem relativ kleinen Sender kommen, verfügen nur über geringe journalistische Erfahrungen – und ersetzten die langjährigen Politikredakteure bei der polnischen Tagesschau.
Auch die Zensur funktioniere bereits reibungslos: „Die neue Chefredakteurin schaut jedem Reporter über die Schulter. Sie sagt, was zu tun ist, wie der Beitrag gemacht werden soll“, erzählt M.. Sie wache auch über die Auswahl der Interviewpartner und O-Ton-Geber, die Manipulation bei der Berichtserstattung wachse. Das betreffe vor allem Themen, die für die Regierung hochempfindlich sind: die Flüchtlingskrise, der Streit mit der EU-Kommission über das Verfassungsgericht oder natürlich die Kritik an der Regierung. Beim öffentlich-rechtlichen Sender TVP Info waren die Produzenten nicht mit der Empfehlung der Leitung einverstanden, die Live-Berichterstattung über eine große Demonstration gegen die Regierung, an der etwa 80.000 Menschen teilnahmen, durch die Pressekonferenz der Bischofskonferenz zum Weltjugendtag zu ersetzen.
Sie sendeten die Demo und wurden entlassen, alle anderen Journalisten mussten sich verpflichten, den Anweisungen der Leitung zu folgen. In einer Rede wurde den Mitarbeitern gesagt, dass „diejenigen, die wissen, dass sie die Anweisungen in Frage stellen werden“, ihren Namen in eine Liste eintragen sollen. Drei Reporter haben daraufhin aus Protest den Sender verlassen. Ein Ausnahmefall. Natürlich gebe es auch Kollegen, so M., die sich mit dem PiS-Programm identifizierten oder tatsächlich glaubten, dass die Regierung die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Rundfunk verbessern würde. Doch der Hauptgrund für das Bleiben sei vor allem ein finanzieller.
Umbennung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in „nationale Medien“
Der Medienmarkt in Polen ist relativ klein. Viele Journalisten, die entlassen wurden oder selbst gekündigt haben, haben bei privaten regierungskritischen Sendern und Printmedien Unterschlupf gefunden. Andere wechselten zu expandierenden Internetmedien. Die zwei größten Onlinenachrichtenportale Wirtualna Polska und Onep.pl bieten nun eigene TV-Beiträge sowie politische Talkshows. Doch eine Chance auf eine neue Beschäftigung haben fast ausschließlich nur bekannte Gesichter und nicht die durchschnittlichen Reporter.
Auch der Reporter M. hat wie viele lediglich einen sogenannten „Müllvertrag“ – er bekommt kein festes Gehalt, sondern Honorare für Beiträge und Arbeitszeit gezahlt. So auch Redakteur L., der seit zehn Jahren beim öffentlichen Rundfunk arbeitet. Die meisten Mitarbeiter wurden vor Jahren aus Kostengründen in einer Leihfirma ausgegliedert. Kurz nach der Wahl haben viele tatsächlich geglaubt, dass die neue Regierungspartei die Situation der Journalisten sowie die Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verbessern würde. Eines der Versprechen der PiS-Partei war eine effizientere Finanzierung der Medien. Im aktuellen System zahlen nur 45 Prozent der Haushalte Rundfunkgebühren, da es in der Praxis weder Kontrolle noch Repressalien für Nicht-Zahler gibt. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind deshalb von der Werbung abhängig.
Das sollte das „große Mediengesetz“ ändern. Das neue Gesetz sollte ursprünglich am 1. Juli 2016 in Kraft treten, dieser Zeitplan konnte jedoch nicht eingehalten werden. Die Reform basiert deshalb bisher auf dem „kleinem Gesetz“ sowie dem „Überbrückungsgesetz“, das Ende Juni durchgesetzt wurde – allein mit den Stimmen der PiS-Partei; sogar die konservative Partei Kukiz ’15 stimmte dagegen.
Schon das „kleine Mediengesetz“, das Anfang Januar in Kraft trat, sah eine klare Unterordnung der öffentlich-rechtlichen Medien unter die Kontrolle der Regierung vor. Die Sendervorstände und Aufsichtsräte wurden nicht mehr vom (zumindest offiziell) unparteiischen Rundfunkrat, sondern vom Schatzminister berufen. Mit Inkrafttreten des „Überbrückungsgesetzes“ soll diese Aufgabe ab September vom sogenannten „Rat für die nationalen Medien“ übernommen werden, der von beiden Kammern des Parlaments (Sejm und Senat) gewählt werden soll. Anders als die Mitglieder des noch existierenden Rundfunkrats werden die Mitglieder des „Rats für die nationalen Medien“ nicht abberufbar sein. Damit wird es zwei parallel existierende Räte geben: den Rundfunkrat, der in der Verfassung verankert ist, aber wesentlich entkräftet wird, und den Rat für die nationalen Medien, der per Gesetz geschaffen worden ist und die Kontrolle über die öffentlich-rechtlichen Medien ausüben wird. Sobald das „große Mediengesetz“ in Kraft tritt, sollen die öffentlich-rechtlichen Medien zudem in „nationale Medien“ umbenannt werden. Damit sollen nationale und christliche Werte unterstützt sowie die nationale Identität verstärkt werden.
Informationsfluss in Polen wird streng kontrolliert
Im Alltag werde ihnen die Arbeit deutlich schwieriger gemacht, sagen viele Journalisten, vor allem diejenigen, die sich mit politischen Themen beschäftigen. Die Reporter der regierungskritischen Medien, wie die auflagenstärkste Qualitätstageszeitung „Gazeta Wyborcza“, die Wochenmagazine „Newsweek“ und „Polityka“ sowie der Nachrichtensender „TVN24“ bekommen nur noch selten Interviewtermine mit Regierungspolitikern, Auslandsredakteure werden nicht bei Auslandsreisen der Ministerpräsidentin oder des Präsidenten akkreditiert. Doch auch für Journalisten regierungsfreundlicher Medien wird die Arbeit nun schwieriger. Im Parlament dürfen alle Reporter nur noch bestimmte Zonen betreten. Der direkte Zugang zu Politikern wird beschränkt, die Anwesenheit bei Treffen und Beratungsgesprächen ist fast unmöglich. Der Informationsfluss wird streng kontrolliert. Die Reporter können deshalb selten ihre eigenen Eindrücke und Beobachtungen vermitteln und geben oft nur Inhalte und Details weiter, die ihnen der Pressesprecher vermittelt hat, so Beobachter.
„Viele Gesprächspartner haben Angst, mit uns zu reden“, sagt eine Redakteurin von einem bekannten Wochenmagazin. Eine Situation, die sie und ihre Kollegen bedrückt. Letztens wollte sie selbst über die Situation der Medien in Polen schreiben. Doch alle Medienexperten von Hochschulen und wissenschaftlichen Institutionen haben den Gesprächstermin abgesagt. Sie sollen gesagt haben, dass sie es nicht riskieren und ihren Namen auf der „schwarze Liste“ stehen sehen wollten. Ein anderer Experte, der gebeten wurde, über die Situation der Kirche in Polen am Vortag des Papstbesuches zu sprechen, hat ausdrücklich gesagt, das Gespräch dürfe nur in einem privaten Raum stattfinden. Über solche empfindlichen Themen würde er in der aktuellen politischen Situation nicht in der Öffentlichkeit reden wollen. Vor kurzem wurde eine berühmte Politikjournalistin, Monika Olejnik, von einem privaten Radiosender entlassen. Die Fragen nach dem Grund häuften sich, der Verdacht, dass der Sender eine hartnäckige Regierungskritikerin loswerden wollte, verstärkten sich, hat sich aber nicht bestätigt. Offenbar konnte oder wollte sich der Sender die teure Kollegin nicht mehr leisten.
Bisher gebe es keine Versuche, politischen Druck auf die privaten Medien auszuüben, sagt Bartosz Wielinski, Journalist und ehemaliger Deutschland-Korrespondent der Gazeta Wyborcza, die auflagenstärkste Qualitätstageszeitung in Polen. „Das möchten sie vielleicht, aber können sich noch nicht leisten.“ Polen sei weder die Türkei noch Ungarn, sagt er. Außerdem müsste die Regierung dann mit einem noch weitaus größeren Streit mit der EU rechnen. Allerdings kündigten die PiS-Partei und ihr Vorsitzender Jaroslaw Kaczynski persönlich mehrmals die „Repolonisierung“ der Medien an. Die meisten Medien dienten nicht dem Interesse Polens, behaupten die polnischen Konservativen. Tatsächlich gehört der Großteil der Printmedien auf dem regionalen und überregionalen Markt ausländischen (überwiegend deutschen) Verlagen. Die ausländischen Konzerne wären dann gezwungen, einen gewissen Anteil an den Titeln (vor allem im regionalen Bereich) an polnische Verlage zu verkaufen. Weiterhin wäre es dann nicht mehr möglich, unterschiedliche Medienkanäle zu besitzen. Dies würde dann nicht nur die ausländischen, sondern auch die rein polnischen Konzerne betreffen (u.a. Agora, den Herausgeber von Gazeta Wyborcza, der gleichzeitig einen TV-, sowie einen Radiosender besitzt).
Die demokratische Bürgerbewegung wächst und mit ihr die alternativen Medien
Aber: Ist der Druck nicht mit politischen Mittel auszuüben, lassen sich die privaten Medien scheinbar auch anders beeinflussen. Auf Anordnung der Regierung haben die öffentlichen Institutionen die Abonnements der regierungskritischen Zeitungen gekündigt. Dort werden jetzt nicht mehr die größten, sondern die regierungsfreundlichen Blätter gelesen. Die Anzahl der verkauften Exemplare hat sich bei den regierungskritischen Zeitungen dadurch aber nicht gravierend geändert. Die öffentlichen Institutionen, die als Abonnenten ausgestiegen sind, wurden mit der steigenden Zahl der Privatkunden ausgeglichen – wie Beobachter vermuten, verursacht durch den Zulauf der Leser, die vorher vor allem den öffentlich-rechtlichen Rundfunk genutzt haben und die ihm jetzt nicht mehr vertrauen.
Doch dieser Trend gleicht nicht den wirtschaftlichen Verlust aus, der sich aus dem Wegfall von Anzeigen ergibt. Seit dem Regierungswechsel haben die liberalen bzw. oppositionellen Zeitungen und Zeitschriften den Großteil ihrer Werbekunden verloren. Es handelt sich vor allem um große Unternehmen mit staatlicher Beteiligung, aber auch große private Firmen, die offensichtlich keinen Ärger mit der regierenden PiS-Partei bekommen wollen und ihre Werbung nun lieber in regierungsfreundlichen Zeitungen und Zeitschriften schalten.
In Polen entwickelt sich ein neuer Trend. Die demokratische Bürgerbewegung wächst, mit großer Beteiligung der Journalisten und des Journalismus. Einige entlassene Journalisten, sowie ihre Kollegen aus den privaten regierungskritischen Medien suchen neue Wege, sich an die Bevölkerungen zu wenden. Die am stärksten engagierten gründen alternative Medien, die zum Teil nur ehrenamtlich betrieben werden, da eine Finanzierung fehlt. So bringt das Online-Portal Medium publiczne (deutsch: „öffentliche Medien“) die bekanntesten Politik-Journalisten zusammen, die vorher für führende Redaktionen der öffentlich-rechtlichen TV- und Radiosender gearbeitet haben. Ein anderes Projekt ist OKO.press (deutsch: Zentrum der Bürgerkontrolle) – eine Plattform für aktive Journalisten unterschiedlicher Medien, die eine Art bürgerliche Kontrolle über die aktuelle Politik und Politiker sowie den Stand der Demokratie ausüben wollen. Auch das Komitee der Verteidigung der Demokratie hat mit www.kodujmy24.pl ein eigenes Online-Portal ins Leben gerufen. Die regierungskritischen Texte werden hauptsächlich von Bürgerjournalisten geschrieben. Ein eigener Radiosender ist in Planung.
Vielleicht sei diese Bewegung gar nicht neu, sagt Monika Sieradzka, langjährige Fernsehreporterin und bis vor kurzem Leiterin der Reportage-Redaktion beim öffentlich-rechtlichen Sender TVP. Sie hat selber gekündigt – „bevor sie mir gekündigt hätten“, wie sie sagt – auf keinen Fall wollte sie ihren Namen für das politisierte Fernsehprogramm hergeben. „Es erinnert etwas an die Zeiten von Solidarnosc“, sagt sie, „als viele Intellektuelle, aber nicht nur sie, zu Bürgerjournalisten geworden sind und alternative Blätter herausgegeben haben, die eine ganz andere Realität als die Regierung dargestellt haben.“ Aus diesem Kreis stammen viele Journalisten, die die Medien nach 1989 in Polen neu gestaltet haben – auch die „Gazeta Wyborcza“, die als erste überregionale, oppositionelle Zeitung zur ersten halb-demokratischen Wahl gegründet worden war.
Private Sender übernehmen Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks
Am 28. Juni hat Präsident Andrzej Duda das Überbrückungsgesetz unterschrieben. Damit wurde ein weiterer Schritt in Richtung „nationale Medien“ und „großes Gesetz“ gemacht. Eine große Erschütterung erwartet Sieradzka allerdings nicht mehr. „Was die neue Regierung in den Medien erreichen wollte, hat sie schon gemacht“, sagt sie. Neue Journalisten, neue Programme, eine neue Linie. Seine Mission, eine qualitativ hochwertige Berichterstattung zu liefern und mit ihr eine freie individuelle und öffentliche Meinungsbildung zu fördern, erfüllt der unterfinanzierte und nun stark politisierte polnische öffentlich-rechtliche Rundfunk nicht mehr.
Seine Aufgaben werden nun immer mehr von den privaten Sendern übernommen. „Immer häufiger entscheiden sich die privaten Sender für die Produktion qualitativ hochwertiger Berichterstattung, darunter zeitaufwändige Reportagen, was im Westen für die Privaten eher unüblich ist“, sagt Sieradzka. Bis Juni hatte die Hauptnachrichtensendung im ersten Programm, das Flagschiff des öffentlich-rechtlichen TV-Senders, etwa 1,5 Millionen Zuschauer verloren, gab die Marktforschungsagentur Nielsen bekannt, worauf ihr der Fernsehchef Manipulation vorwarf.
Es ist aber offensichtlich, dass sich die polnischen Bürger von den öffentlich-rechtlichen Sendern abwenden, daran wird auch eine einheitlichere Rundfunkgebühr nichts ändern. Und erst recht nicht eine Umbenennung in „nationale Medien“.
Bildquelle: Jaap Aariens / Flickr CC; Lizenzbedingungen: https://creativecommons.org/licenses/by/2.0/
Schlagwörter:"nationale Medien", Medienmarkt, öffentlich-rechtliche Medien, PiS, Platforma Obywatelska, Polen, Pressefreiheit, private Medien, SDP Stowarzyszenie Dziennikarzy Polskich, Stowarzyszenie Dziennikarzy Rzeczpospolitej, Towarzystwo Dziennikarskie, TVP Info
Ein wichtiger Teil der Sache haben Sie Frau Hreczuk gerne unterschlagen:
rausgeworfen werden in erster Linie diejenigen, die über die Seilschaften und Finanzierungsrunden der Vorgängerregierung überhaupt erst an Qualifikation und Befähigung vorbei hineingesetzt worden waren!
Die vorherige Regierung (Bürgerplatform von Tusk) hat alle konservative Journalisten des polnisches Fernsehens zwischen 2008 und 2015 entlassen. In 2014 hat die Polizei die Redaktion der Zeitung “Wprost” angegriffen, weil die Journalisten eine große Affäre von dieser Regierung entdeckt und beschrieben haben.
Wo war damals die EU und Sie Frau Hreczuk.
In Polen wurden in den letzten Jahren Werte wie die Demokratie, Freiheit und Recht verletzt und missachtet. Die Polen hatten von den neoliberalen Dieben und ihren Medien-Unterstützer (die vielen Skandale kann ich dir gerne Auflisten) satt und haben sich in demokratischen Wahlen klar geäußert. Die Entscheidung der Polen resultierte in einen
Regierungswechsel, der den Mainstream-Medien einen Schock versetzte. Ich
würde mit ähnlich radikale Vorgehensweise im Bezug auf unsere Medien
wünschen, vielleicht wäre dann die GEZ-Steuer wenigstens gerechfertigt.
Vielleicht sollen Sie, als eine “objektive” Journalistin recherchieren, wem gehören denn diese “privaten Sender” die so unabhängig berichten, aber, wenn Sie ehrlich sind, wissen Sie längst.