Journalisten „liken“ soziale Medien immer mehr

23. November 2016 • Digitales • von

Die Vorbehalte verringern sich: Deutsche Journalisten sind den sozialen Medien gegenüber immer positiver eingestellt. Die fünfte internationale Social Journalism-Studie des PR-Software-Anbieters Cision und der Canterbury Christ Church University untersuchte jetzt, wie Journalisten soziale Medien in ihrer Arbeit nutzen und verglich die Ergebnisse international.

social-media-803648_1920Für die Studie wurden 2003 Medienprofis (Journalisten, Marktforscher, u.ä.) aus den USA, Kanada, Deutschland, Schweden, Finnland, Frankreich und Großbritannien befragt. Dabei wurden grundsätzliche Gemeinsamkeiten im Umgang mit sozialen Medien, aber auch entscheidende Unterschiede festgestellt.

Die Ergebnisse zeigen, dass soziale Medien für Journalisten in allen untersuchten Ländern ein wichtiges tägliches Werkzeug sind. Die Mehrheit der Befragten nutzt soziale Medien bis zu zwei Stunden täglich. Länger als zwei Stunden halten sich vor allem Journalisten aus Kanada (31%) und den USA (30%) in sozialen Medien auf. Die größte Gruppe an Befragten, die soziale Medien täglich mehr als vier Stunden nutzt, kommt aus Schweden (15%), gefolgt von den USA (13%) und Deutschland (14%). Obwohl es beispielsweise im Vergleich zu 2013 in Deutschland einen Rückgang um sieben Prozent an Journalisten gibt, die soziale Medien überhaupt nicht nutzen, findet sich der zweitgrößte Anteil an Social-Media-Verweigerern im internationalen Vergleich in Deutschland (6%). Nur in Frankreich verzichten noch mehr Journalisten komplett auf soziale Medien (9%). Interessanterweise haben Deutschland und Frankreich trotzdem den höchsten Anteil an Befragten, die soziale Medien in Zukunft voraussichtlich ausgiebiger nutzen werden (ca. 59%).

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Zeit, die beruflich mit sozialen Medien verbracht wird. Quelle: Cision

Funktion der sozialen Medien

Die Studie legt die Vermutung nahe, dass amerikanische, kanadische, britische und deutsche Journalisten soziale Medien aus anderen Gründen nutzen als Journalisten in Frankreich, Finnland und Schweden. Dies zeigt sich zunächst an den als besonders relevant oder irrelevant bewerteten Funktionen der sozialen Medien: In den meisten Ländern sind soziale Medien besonders relevant für die Veröffentlichung von und Werbung für eigene(n) Inhalte(n) sowie zur Medienbeobachtung. Die Ausnahme davon ist Finnland – Journalisten sehen dort als wichtigste Funktion der sozialen Medien die Interaktion mit der Zielgruppe. Die Überprüfung von Informationen und Recherche wird von den Journalisten der meisten Länder an vorletzter Stelle genannt. Nur französische und schwedische Journalisten setzen das Vernetzen an vorletzte Stelle.

Auch der Blick auf die Aufgaben, die Journalisten täglich mit sozialen Medien erledigen, zeigt diese internationalen Unterschiede zwischen den USA, Kanada, Großbritannien und Deutschland einerseits und Frankreich, Finnland und Schweden andererseits: Gemeinsam haben zwar alle Länder die beliebteste tägliche Aktivität in sozialen Medien: das Lesen der Beiträge von Menschen, denen sie folgen. In Deutschland geben das 62 Prozent der Journalisten an. Auf Platz zwei stehen in Deutschland die Gespräche über die eigenen Inhalte zu verfolgen (57%), gefolgt vom Antworten auf Kommentare zu eigenen Inhalten (48%). Für Journalisten in Frankreich, Finnland und Schweden sind die eigenen Inhalte nicht so relevant (zwischen 29 und 52 Prozent). Von den amerikanischen, kanadischen, britischen und deutschen Journalisten sind es weniger als 20 Prozent, die nie eigene Kommentare in sozialen Netzwerken und auf Mikroblogging-Seiten posten. Bei den Journalisten aus Finnland, Schweden und Frankreich liegt der Anteil über einem Fünftel.

Facebook, Twitter und Co.

Egal ob Facebook, Twitter oder Xing: Journalisten neigen dazu, mehrere Plattformen zu nutzen. Mit Ausnahme von Frankreich und Finnland verwenden die meisten der Befragten in jedem der untersuchten Länder mindestens drei Plattformen sozialer Medien für die Veröffentlichung und Verbreitung ihrer Inhalte.

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Die Verwendung von mindestens drei Plattformen zur Veröffentlichung und Verbreitung im Vergleich zur Recherche. Quelle: Cision

Für die Veröffentlichung und Bewerbung von Inhalten werden in den meisten Ländern an erster Stelle soziale Netzwerke und an zweiter Stelle Mikroblogs bevorzugt. Nur in Kanada und Großbritannien ist es genau umgekehrt. Egal ob Content Communities, Mikroblogs, soziale Netzwerke oder Blogs: Wenn es um Recherche geht, unterscheidet sich die Präferenz der Journalisten in den verschiedenen Ländern. Diese selektive Nutzung gilt auch bei anderen Funktionen. Je nachdem welche Aufgaben die sozialen Medien übernehmen, werden sie – in den Ländern divers verteilt – von Journalisten unterschiedlich genutzt.

Kenntnisse und Kompetenz

In den einzelnen Ländern schätzen die meisten Journalisten ihre Kompetenz im Umgang mit sozialen Medien als mindestens „gut“ ein. Im Vergleich lassen sich jedoch einige deutliche Unterschiede ausmachen. Kanadische und US-Journalisten haben das größte Selbstvertrauen in die eigene Kompetenz und verfügen laut eigener Auskunft über die größten Kenntnisse zu sozialen Medien, Journalisten in Finnland und Schweden über die geringsten. Deutschland liegt in der Selbsteinschätzung im internationalen Durchschnitt.

Auswirkungen sozialer Medien

Die Mehrheit der befragten Journalisten in jedem Land glaubt, dass soziale Medien ihre Rolle als Journalisten grundlegend verändert haben. Die größere Interaktion mit ihrer Zielgruppe sehen in allen Ländern die Journalisten als deutlichste Veränderung (durchschnittlich 74%). Rund 40 Prozent glauben durchschnittlich aber nur, dass sie dank sozialer Medien auch produktiver geworden sind. Betrachtet man dies im Vergleich zu den Ansichten in der Umfrage von 2013, fällt auf, dass es lediglich in Deutschland und Finnland eine prozentuale Zunahme der Befragten gibt, die glauben, dass soziale Medien ihre Arbeit produktiver machen.

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Anteil der Befragten, die den folgenden Aussagen zustimmen. Quelle: Cision.

Eine Mehrheit der Journalisten sieht die Entwicklung allerdings nicht nur positiv: Sie glaubt, dass traditionelle journalistische Werte untergraben werden. In Deutschland sind das mit 51 Prozent am wenigsten, in Frankreich mit 62 Prozent am meisten Journalisten im internationalen Vergleich.

Nutzergenerierter Content spielt für die Journalisten international eine geringere Rolle für ihre eigene Arbeit. Die Ausnahme bildet da Finnland. Obwohl aber finnische Journalisten am häufigsten nutzergenerierte Inhalte für ihre Arbeit verwenden (61%), fällt die Zustimmung, dass Publikumsanalysen der Schlüsselfaktor bei der Erstellung von Inhalten sind, am geringsten aus (43%). Dies deute, so die Verfasser der Studie, darauf hin, dass finnische Journalisten ihre Zielgruppen anders wahrnehmen und anders mit ihnen interagieren als Journalisten in anderen Ländern.

Auf PR bezogen brachte die Studie folgendes Ergebnis hervor: Ein Großteil der Journalisten in den Ländern hat eine gute Beziehung zu ihren PR-Kontakten. Deutsche und britische Journalisten nutzen PR am ehesten als Informationsquelle. Nur schwedische und französische Journalisten nennen PR-Schaffende und Pressemitteilungen nicht unter ihren Top-drei-Informationsquellen.

Bildquelle: pixabay.com

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