Was bringt das Medienjahr 2018? Nic Newman vom Reuters Institute hat für seinen jährlichen Bericht zu Medientrends knapp 200 internationale Medienmacher befragt.
Digitale Medienmacher und Medienmanager sorgen sich zunehmend über den Einfluss der Tech-Giganten Google, Facebook, Apple und Amazon auf ihre Produkte. Noch größer ist allerdings ihre Sorge, dass sich die Branche gegen Veränderungen sperren und unfähig sein könnte, Innovationen durchzusetzen. Viele Medienunternehmen beschäftigen sich inzwischen mit sprachaktivierten Assistenten und Podcasts und planen, ihre Dienste mithilfe von künstlicher Intelligenz effektiver auf die Nutzer auszurichten. Außerdem achten die meisten zunehmend darauf, diversifizierte Einnahmequellen zu haben, wobei sie sich auf Abonnements, Mitgliedschaft und andere Formen der Bezahlung durch die Nutzer fokussieren. Dies ergab eine Befragung von fast 200 Geschäftsführern, Chefredakteuren und Digitalchefs aus 29 Ländern. Ihre Prognosen liefern die Grundlage für den Medientrend-Bericht 2018 des Reuters Institute for the Study of Journalism, der vergangene Woche veröffentlicht wurde.
Fast die Hälfte aller Befragten (44%) gibt an, sich mehr Sorgen um die Macht und den Einfluss der Technologiefirmen zu machen als noch im Vorjahr. Sieben Prozent sind weniger besorgt. Vor allem Facebook stehen die Befragten nun kritischer gegenüber. Grund dafür sind die Rolle, die Facebook bei der Verbreitung von Fake News spielt und die Tatsache, dass auf Facebook veröffentlichte Videos nicht die erwarteten Einnahmen bringen. Seit dem vergangenen Sommer verweist Facebook außerdem deutlich seltener auf Nachrichtenwebsites als zuvor. Viele Medienmacher und Medienmanager fürchten, dass Facebook nachrichtlichen Inhalten im Jahr 2018 noch weniger Platz einräumen könnte. Wie vor einigen Tagen bekannt wurde, soll der Newsfeed der Nutzer künftig tatsächlich mehr private Unterhaltungen fördern und weniger öffentliche Inhalte von Medien und Unternehmen zeigen. Auf einer Skala von 1 bis 5 schneidet Facebook im Vergleich der Online-Plattformen mit 2,57 daher am schlechtesten ab. Etwas positiver schätzen die Befragten Google (3,44) und Twitter (3,23) ein. Auch der Einfluss von Snapchat wird eher negativ bewertet (2,82).
Die Medienmacher und Medienmanager sehen sich für die andauernden Schwierigkeiten aber auch selbst in der Schuld. Als größtes Hindernis nennen sie nicht die Macht von Facebook, Google & Co, sondern innere Faktoren wie die Abneigung ihrer Branche gegen Veränderungen sowie die Unfähigkeit, Innovationen durchzusetzen. Zusammen genommen wiegen diese Ängste schwerer (36%) als die Angst vor der Macht der Tech-Giganten (21%).
Fast die Hälfte aller Befragten (46%) merkt außerdem negativ an, dass es in ihren Redaktionen an Diversität mangele.
Geschäftsmodelle im Wandel
Wie die Befragung der Digitalchefs zeigt, nimmt mehr als die Hälfte (63%) von ihnen an, dass Werbung in Zukunft an Bedeutung verlieren werde. Einer von zehn bereitet sich bereits aktiv auf eine Zukunft ohne oder mit nur wenig Display-Werbung vor. Der Geschäftsführer der New York Times, Mark Thompson, fürchtet, dass der schnelle Bedeutungsabfall von sowohl Print- als auch Onlinewerbung in diesem Jahr zu „wachsendem finanziellen Druck“ und weiterer Konsolidierung der Industrie führen werde.
Der Bericht thematisiert auch, wie Nachrichtenorganisationen nach neuen Wegen suchen, in der digitalen Welt Geld zu verdienen. Die Mehrheit der Print- und Digitalverleger in der Studie verfolgen mehrere Strategien. Sie setzen auf durchschnittlich sechs verschiedene Optionen. Für 2018 sieht fast die Hälfte der Befragten (44%) Online-Abos als wichtige Einnahmequelle an, noch wichtiger als digitale Display-Werbung (38%) und markengesponserte Inhalte (39%). Mitgliedschaften, das heißt Nutzer, die regelmäßige Gebühren zahlen und dadurch ständigen Zugriff auf alle Inhalte einer Seite haben, halten 16% für sehr wichtig; einmalige Spenden nur 7%.
Der Bericht deutet an, dass durch die zunehmende Einführung von Bezahlsystemen die sogenannte Informationsschere wachsen könnte. Wenn Beiträge von hoher Qualität hinter Bezahlschranken verschwinden, könnte dies den „Graben“ zwischen Eliten und dem Rest der Bevölkerung verbreitern. Im schlimmsten Fall würden diejenigen, die sich Abonnements und Zugangsgebühren nicht leisten können, nur noch mit Journalismus von geringer Qualität konfrontiert und damit möglicherweise Opfer von Desinformation.
Daten werden immer wichtiger
2018 könnte das Jahr werden, in dem Medienunternehmen erkennen, wie wichtig Daten für ihr Fortbestehen sein werden. Zwei Drittel (62%) der Befragten sagen, dass das Wachstum ihrer Datenkapazität einer der wichtigsten Schritte für das neue Jahr sei. Im unmittelbaren Zusammenhang damit steht, dass über die Hälfte (58%) es für „sehr wichtig“ halten, ihre Nutzer zu registrieren. 26% finden dies zumindest „relativ wichtig“. Die BBC hat zum Beispiel 32.000 Nutzer registriert, indem sie die Angabe von Daten für die Nutzung ihres iPlayer-catch-up-Services verpflichtend machte.
Den „unbekannten“ Nutzer „bekannt“ zu machen, ist essentiell, wenn Verleger eine engere Beziehung zu ihren Rezipienten aufbauen und personalisierte Angebote schaffen wollen. Fast drei Viertel (72%) planen, in Zukunft mit künstlicher Intelligenz zu experimentieren, um so passendere Empfehlungen aussprechen und Inhalte effizienter produzieren zu können.
Der Bericht Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2018 ist hier abrufbar
Originalversion auf Englisch: Journalism, Media, and Technology Trends and Predictions 2018
Schlagwörter:2018, Facebook, Geschäftsmodelle, Nic Newman, Reuters Institute for the Study of Journalism, Trends, Werbung