Szenarien für die Corona-Krise

15. April 2020 • Aktuelle Beiträge, Qualität & Ethik • von

Krisenkommunikation passiert in Notzeiten nicht einfach. Sie ist planbar, und sie muss geplant werden.

Anfang des Jahres erschien ein aus heutiger Sicht bemerkenswerter Artikel einer Forschungsgruppe um die Medizin-Anthropologin Monica Schoch-Spana von der Johns-Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore/USA. In ihrem Beitrag beschreiben sechs Wissenschaftler ein „neuartiges Coranavirus, das in den meisten Fällen eine leichte, grippeähnliche Erkrankung hervorruft, aber bei einer kleinen Minderheit der Fälle auch zu Lungenentzündung und/oder verminderter Sauerstoffaufnahme führt, die Krankenhausbehandlung und intensive medizinische Behandlung erfordert“ (S.82).

Die Wissenschaftler entwickelten dieses Szenario im Nachgang der Ebola-Krise (2014-2015), um kommunikative Probleme und Fragen zu studieren, die bei der Bewältigung einer solchen Krise durch medizinische Gegenmaßnahmen wie Medikamente und Impfungen auftreten. Die aktuell geltenden politischen Maßnahmen zur Reduzierung der Infektionsraten beschreiben die Autoren mit keinem Wort. Ihnen geht es um die kommunikative Begleitung der Behandlungs- und Impfmaßnahmen, wenn sie medizinisch-technisch zur Verfügung stehen – und das steht uns ja allen noch bevor.

Am Beispiel möglicher Nebenwirkungen eines Impfstoffes beschreibt die Forschungsgruppe eine ganze Reihe (kommunikativer) Probleme, die im Zuge einer solchen Krise vorhersehbar sind und im Vorhinein bearbeitet werden können. Dazu gehören etwa die unterschiedlichen Kommunikationsbedarfe gesellschaftlicher Gruppen und kultureller Minderheiten, die Bedeutung der sozialen Netzwerkmedien für die Kommunikation mit jüngeren Zielgruppen, der Umgang mit Impfgegnern sowie vertrauensbildende Maßnahmen in die Verwendung knapper Behandlungsressourcen und die Priorisierung der Impfungen gegen das Virus.

Das mag aus heutiger Sicht sehr weit herbeigeholt klingen, solange weder Impfstoff noch effektive Behandlungsmethoden zur Verfügung stehen. Die Autoren stellen dazu fest, dass Krisenkommunikation in Notzeiten nicht einfach passiert. Sie ist planbar und sie muss geplant werden. Wenn die Autoren im Hinblick auf die zukünftigen Kommunikationsprobleme in der Behandlungsphase ebenso hellsichtig sind wie bei der Vorhersage der medizinischen Krisenursache, dann sollte man sich ihre Szenarien jetzt etwas genauer ansehen.

 

Brunson, E. K., Chandler, H., Gronvall, G. K., Ravi, S., Sell, T. K., Shearer, M. P., & Schoch-Spana, M. (2020). The SPARS pandemic 2025–2028: A futuristic scenario to facilitate medical countermeasure communication. Journal of International Crisis and Risk Communication Research, 3(1), 71–102. https://doi.org/10.30658/jicrcr.3.1.4

 

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 13. April 2020

 

Bildquelle: pixabay.com

 

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