Wie lässt sich künstliche Intelligenz regulieren?

19. September 2024 • Digitales, Qualität & Ethik, Top • von

In der Welt des Journalismus steckt die Implementierung von ethischen und berufsethischen Standards für künstliche Intelligenz noch in den Kinderschuhen. @Dall-E

In der Welt der Medien ist die Frage der Regulierung von künstlicher Intelligenz brandaktuell. In der Schweiz zeugt die Implementierung ethischer und deontologischer Normen von der Komplexität dieses sich ständig wandelnden Bereichs.

Künstliche Intelligenz ist aus dem Journalismus nicht mehr wegzudenken. Um es gleich vorweg zu sagen: Ohne sie wäre dieser Artikel nicht entstanden. Das Panel, das diese Zeilen inspiriert hat, bestand aus deutschsprachigen Personen, und da mein letzter Deutschkurs schon viele Jahre zurückliegt, verfüge ich nicht über die notwendigen Fähigkeiten, um einen langen Austausch in dieser Sprache angemessen wiederzugeben. Ich konnte dies nur tun, indem ich mich mit meinem ganzen Gewicht auf die Transkriptions-, Übersetzungs-, Korrektur- und Suchwerkzeuge stützte, die die KI bietet. Eine zwiespältige Chance, die einerseits neue Horizonte eröffnet, andererseits aber auch ihre Tücken birgt. Denn das menschliche Eingreifen bleibt immer notwendig, durch systematisches Korrekturlesen und zahlreiche Nachbesserungen. Wie Nicolas Becquet dem EJO gegebüber erklärte, kann künstliche Intelligenz keine andere Rolle spielen als die eines „Assistenten“ oder „Praktikanten“, der die Redaktion bei Aufgaben mit geringer Wertschöpfung unterstützt. Aber wo soll man die Grenze zwischen Journalist und Assistent ziehen? Wo die Grenze zwischen missbräuchlicher und angemessener Nutzung? Wie sollte man künstliche Intelligenz ganz generell gesetzlich regeln?

Diese Frage stand im Mittelpunkt einer Podiumsdiskussion, die im April 2024 an der Universität Neuenburg im Rahmen der 50. Jahreskonferenz der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM) stattfand. Anna Jobin, Präsidentin der Eidgenössischen Medienkommission (EMEK), Thomas Schneider, Botschafter und Direktor des Ausschusses für künstliche Intelligenz des Europarats, und Colin Porlezza, Assistenzprofessor an der Università della Svizzera italiana, trafen sich unter der Moderation von Manuel Puppis, Professor an der Universität Freiburg.

Eine kinetische Unschärfe

Die Frage der Regulierung ist brandaktuell, da sich der Bereich der künstlichen Intelligenz ständig verändert und in Bewegung ist. Aber: Wie kann man den nötigen Abstand gewinnen, um eine angemessene Gesetzgebung zu entwickeln? Es ist schwierig, die Momentaufnahme der Situation zu erfassen, wenn sich die Innovationen in rasender Geschwindigkeit aneinanderreihen. Daher befindet sich die KI für den Gesetzgeber noch immer in einer Art „kinetischer Unschärfe“, die nicht fassbar ist. Für Thomas Schneider sind es zwei Zeiträume, die sich gegenüberstehen. Auf der einen Seite die Langsamkeit des Gesetzgebungsprozesses und auf der anderen Seite die Geschwindigkeit der Innovation: „Wir müssen unsere Governance-Systeme grundlegend überdenken, um sie an eine sich ständig weiterentwickelnde Technologie anzupassen. Macht es in der heutigen Zeit noch Sinn, fünf Jahre lang ein Gesetz auszuarbeiten, in einem Referendum ein „Nein“ zu erfahren und dann noch einmal fünf Jahre zu starten?“.

Auf nationaler Ebene, mit der sich Anna Jobin befasst, und auf internationaler Ebene, auf die sich Thomas Schneider spezialisiert hat, überschneiden sich die gleichen Schwierigkeiten bei der Gesetzgebung. Die Disziplin ist im Medienbereich relativ neu. Die ersten ethischen Richtlinien zur Künstlichen Intelligenz erschienen Mitte der 2010er Jahre, und erst ab 2021, so Colin Porlezza, verbreiteten sich Pionierformen der Selbstregulierung weltweit in den Medienunternehmen. In dieser Zeit wurden auch auf politischer Ebene Weichen für die Regulierung gestellt, als die UNESCO im November 2021 ihre Empfehlungen zur Ethik der künstlichen Intelligenz veröffentlicht. Darauf folgen die ersten nationalen Empfehlungen.

Der Schweizer Fall

In der Schweiz veröffentlichte die von Anna Jobin präsidierte Eidgenössische Medienkommission (EMEK) am 28. November 2023 ihre Analyse der „ Konsequenzen des KI-Booms für die Medien “. Sie identifiziert fünf Schlüsselpunkte sowie die damit einhergehenden Risiken und Vorteile:

  1. „Weniger Hindernisse bei der Gestaltung, daher mehr para-journalistische Angebote“.

Neue Technologien machen es einfacher, journalistische Formate zu produzieren (man muss beispielsweise nicht mehr gut die Sprache sprechen, um eine Konferenz auf Deutsch zu verfolgen). Dies ermöglicht eine größere Vielfalt, erhöht aber gleichzeitig das Risiko von Desinformation.

  1. „Die zunehmende Automatisierung des Journalismus bleibt nicht ohne Auswirkungen auf die Qualität“.

Einerseits führt die Automatisierung von Aufgaben, die zuvor von Menschen erledigt wurden, zu einer höheren Produktionsqualität (weniger Fehler, anspruchsvollere Projekte usw.), andererseits hat die KI bestimmte Mängel, die die Qualität senken können (Status-quo-Bias, Fehler, Erfindungen usw.).

  1. „Das Vertrauensverhältnis der Öffentlichkeit zum Journalismus verändert sich“.

Menschliche und künstliche Produktionen sind nicht mehr unterscheidbar. Während KI die Glaubwürdigkeit von Inhalten im Allgemeinen untergräbt, setzt der Journalismus auf Qualität und die Selbstregulierung der Branche: Das wird von der Öffentlichkeit geschätzt.

  1. „Der Einfluss von Vermittlern und großen Technologiekonzernen wächst“.

Wenn Vereinbarungen zwischen den großen Akteuren im Bereich der künstlichen Intelligenz (Le Monde, News Corp usw.) möglich sind, könnte sich das Machtverhältnis zu Ungunsten der Medien wenden.

  1. „Die laufende Regulierung der KI ignoriert das spezifische Rechtssystem der Medien“.

Derzeit werden bei den Gesetzgebungsarbeiten zur KI die Besonderheiten der Medien (insbesondere der Quellenschutz) nicht berücksichtigt.

Für Anna Jobin ist die Veröffentlichung dieser fünf Punkte nur ein erster Schritt, der letztendlich zur Ausarbeitung von Empfehlungen führen sollte. Ein Schritt, der von den Selbstregulierungsgremien bereits unternommen wurde. Im Januar dieses Jahres veröffentlichte der Schweizer Presserat seine eigenen ethischen Richtlinien zur künstlichen Intelligenz und erklärte, er sei sich „der sehr schnellen Entwicklung in diesem Bereich bewusst“ und verpflichte sich, „seine Richtlinien sowie seine Leitlinien (Pflichten und Rechte) regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen“. Bisher gibt es sechs Richtlinien:

  • Journalisten sind für das verantwortlich, was sie veröffentlichen (unabhängig davon, ob es von KI generiert wurde oder nicht).
  • Transparenz: Künstlich erzeugte Inhalte müssen als solche gekennzeichnet werden.
  • Die Quellen der KI müssen bekannt sein.
  • Generierte Bilder, Töne und Videos dürfen nicht mit der Realität verwechselt werden.
  • Vertrauliche Daten müssen vor der KI geschützt werden.
  • Das Urheberrecht muss beachtet werden.

Es handelt sich hierbei um zeitlich begrenzte Empfehlungen, die sich also ändern können, um sich der jeweiligen Situation anzupassen.

Aus der Ursuppe herauskommen

Manuel Puppis, Professor an der Universität Freiburg, meint: „Künstliche Intelligenz beeinflusst alle Aspekte des Journalismus, vom Sammeln von Informationen über die Produktion von Nachrichten bis hin zur Verbreitung und Personalisierung von Inhalten.“ So geht aus den verschiedenen Rednern hervor, dass sich die Medienwelt in einer Zeitenwende befindet. Die zu schnelle Entwicklung der Technologien trifft die normativen Institutionen unvorbereitet, die Mühe haben, mit dem Tempo Schritt zu halten. Doch die Situation ändert sich schnell. Die einst zwischen den Redaktionen zersplitterten Medien beginnen, die ersten gemeinsamen ethischen und deontologischen Normen zu entwickeln. Alles in allem kommen die Medien gerade erst aus der Ursuppe der KI-Regulierungen heraus.

 

Auch dieser Artikel wurde mithilfe von KI übersetzt – mit dem Tool DeepL; redigiert von Johanna Mack. Zuerst erschien er am 17. Juli 2024 auf der französischsprachigen EJO-Seite.

Dieser Artikel entstand im Anschluss an die Podiumsdiskussion „Künstliche Intelligenz in der Produktion und Distribution von Journalismus: Anwendungen, Governance und Forschungsergebnisse“, die auf der Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Kommunikations- und Medienwissenschaft (SGKM) im April 2024 stattfand.

Weitere Inhalte zum Thema Künstliche Intelligenz finden Sie auf der französischsprachigen EJO-Seite ein einem Themendossier.

Dieser Artikel ist unter der Creative Commons Lizenz (CC BY-ND 4.0) veröffentlicht. Er kann erneut veröffentlicht werden, sofern der ursprüngliche Speicherort (de.ejo.ch) und die Autoren deutlich angegeben werden, der Inhalt darf jedoch nicht verändert werden.

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