Erfolg ist, wenn man überlebt

3. Mai 2012 • Digitales • von

Journalistische Online-Start-ups haben es in Europa alles andere als leicht: Das hat eine Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism der Universität Oxford festgestellt.

Nicola Bruno und Rasmus Kleis Nielsen haben jeweils drei Neugründungen aus  Deutschland, Frankreich und Italien analysiert und festgestellt, dass nur zwei der neun untersuchten Websites Gewinne erzielen, und zwar das deutsche Kultur- und Literaturmagazin Perlentaucher und das französische Nachrichten-Angebot Mediapart. The European aus Deutschland, Agoravox und Rue89 sowie Il Post, Lettera43 und Linkiesta aus Italien kämpfen dagegen ums Überleben, die deutsche Netzeitung wurde sogar bereits wieder eingestellt.

Der Titel des Forschungsprojekts „Survival is Success“ verrät es: Journalistische Online-Start-ups können in Europa schon einen Erfolg verbuchen, indem sie überleben.  Das Forscherteam sieht vor allem zwei wesentliche Herausforderungen, denen sich die Existenzgründer stellen müssen:  Der Markt der Online-Nachrichten wird weiterhin von Online-Ablegern der alteingesessenen Medienunternehmen dominiert, die dank ihres bekannten Namens und schon vorhandenen Ressourcen wesentlich mehr Nutzer als Start-ups anlocken und zudem höhere Erlöse erzielen.  Zudem wird der europäische Online-Werbemarkt weiterhin von einigen wenigen großen Unternehmen aus den USA dominiert, weshalb für deutsche Unternehmen, vor allem für kleine, vom Werbekuchen weniger übrig bleibt.

Bruno und Nielsen haben bei den analysierten Start-ups, die es geschafft haben, zu überleben, die folgenden drei Gemeinsamkeiten ausgemacht: Die Unternehmen halten ihre Kosten gering, haben neben Online-Werbung noch andere Einnahmequellen und bedienen eine Nische.

So beweist das deutsche Angebot Perlentaucher seit mehr als einem Jahrzehnt, dass seine Strategie erfolgreich ist: Die Betriebskosten werden dank einer kleinen Redaktion gering gehalten, neben dem Ursprungsprodukt werden noch andere Produkte angeboten (u.a. eine Datenbank für Buchrezensionen) und die Themen Literatur und Kultur richten sich an eine spezifische Zielgruppe.

Auch das Konzept von Mediapart aus Frankreich geht auf: Im Gegensatz zu den anderen acht analysierten Start-ups haben die Gründer der Nachrichtenseite ihre Inhalte kostenpflichtig gemacht. Das Online-Magazin hat sich zudem vor allem mit seinem investigativen Journalismus einen Namen gemacht, u.a. hat es 2010 die Bettencourt- Affäre aufgedeckt.

Nicola Bruno, Co-Autor der Studie und Mitgründer des italienischen Start-ups Effecinque, betont, dass sich die Erfolgsgeschichten einiger US-amerikanischer Start-ups wie z.B. die Huffington Post, Gawker und Politico  nicht so einfach in Europa wiederholen lassen, da auf beiden Kontinenten bezüglich Größe des Medienmarktes und Struktur der Medienindustrie ganz andere Ausgangsvoraussetzungen herrschen.

Die neun analysierten Online-Start-ups in Zahlen:

DeutschlandNetzeitungPerlentaucherThe European
In Betrieb2000-2009seit 2001seit 2009
Redaktionsmitglieder40-60414
Jährliche Betriebskostenca. 2 Mio. €ca. 250.000 €k.A. (geschätzt 1 Mio. €)
Gewinne?niejak.A. (wahrscheinlich noch nicht)
FrankreichAgoravoxRue89Mediapart
In Betriebseit 2005seit 2007seit 2008
Redaktionsmitglieder92636
Jährliche Betriebskostenca. 300.000 Euroca. 2,2 Mio. €ca. 4,5 Mio. €
Gewinne?zurzeit nichtnoch nichtja, seit 2011
ItalienIl PostLettera43Linkiesta
In Betriebseit 2010seit 2010seit 2011
Redaktionsmitglieder62115
Jährliche Betriebskostenca. 250,000 €ca. 1,8 Mio. €ca. 800.000 €
Gewinne?noch nichtnoch nichtnoch nicht

 Quelle: Survival is Success

 

Die Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism kann nach kostenloser Registrierung auf der Website des Instituts heruntergeladen werden.

 

 

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