HackPack: Plattform vermittelt Freelancer

18. Juli 2018 • Internationales • von

Mit HackPack hat der Journalist Justin Varilek ein globales Netzwerk geschaffen, das lokale freie Journalisten und Redaktionen zusammenbringt. 

Nachdem der amerikanische Journalist Justin Varilek zweieinhalb Jahre aus Russland berichtet hatte, nahm er einen Job in den USA an. Doch als 2014 die Krise in der Ukraine ausbrach, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder nach Osten.

„Ich habe mitbekommen, wie befreundete Journalisten über den Konflikt in der Ukraine berichteten und wie schwierig es für Medien war, gute lokale Journalisten als sogenannte Fixer vor Ort zu finden“, sagt Varilek, der mit seinem Start-Up HackPack im Juni den ersten Platz beim Start-up-Wettbewerb der Deutschen Welle in Bonn belegt hat.

So entstand die Idee zur Plattform HackPack, die Varlik 2015 in Moskau gründete und die mittlerweile in Berlin ansässig ist. Ein Hack ist laut Varilek in der Medienbranche die Bezeichnung für Journalisten, die viel um die Welt reisen und dabei etwas für ihren Lebensunterhalt verdienen. Schon seit Shakespeare würden Menschen, die mit dem geschriebenen Wort in Form von Gedichten, Theaterstücken, etc. ihren Lebensunterhalt verdienen, als Hacks bezeichnet, erklärt der HackPack-Gründer.

Justin Varilek

Varilek war sich sicher, dass eine Plattform wie HackPack auch weit über die Ukraine hinaus Interesse wecken würde: „Auch für jeden anderen Konflikt oder Krisenherd ist es wichtig, sofort herauszufinden zu können, welcher lokale Freelancer sich als Fixer eignet“, sagt er. Varilek wollte eine Plattform schaffen, die es Medien ermöglicht, „schnell und effektiv einen Fixer zu finden, ihn einzustellen und mit ihm zuammenzuarbeiten“.

Der HackPack-Gründer wollte auch die Zahlungsproblematik lösen. „Ausländische Korrespondenten fliegen ein und aus und der lokale Journalist hat keinen Regressanspruch, wenn er nicht bezahlt wird”, sagt er. Gewöhnlich werde der lokale Journalist bar bezahlt oder das Geld werde auf sein Konto überwiesen, was hohe Gebühren koste. So komme es vor, dass Freiberufler pro Artikel 200 Dollar verdienten, sie davon aber 45 Dollar Überweisungsgebühren zahlen müssten.  Auf HackPack können Nutzer ein transparentes Zahlsystem nutzen, das keine Gebühren kostet.

Ein globales Netzwerk

In den letzten drei Jahren haben sich über 11.000 Medienprofis aus 160 Ländern bei HackPack registriert. Die meisten Nutzer sind in Russland (1.588 Mitglieder), Indien (1.041), den USA (446), der Ukraine (352) und Großbritannien (275) beheimatet. Die Online-Plattform unterstützt Medien bei der Kontaktaufnahme mit Journalisten, die über ein spezifisches Fachwissen verfügen; wenn es schnell gehen muss, werden diese per SMS angefragt.

So fand die Daily Mail nach dem Mordversuch am ehemaligen russischen Geheimagenten Sergej Skripal im März 2018 in Großbritannien über HackPack einen freien Journalisten in Kasachstan, der mit Verwandten Skripals sprechen konnte.

Eine der interessantesten Anfragen, die HackPack im vergangenen Jahr vermittelt hat, war laut Varilek die eines Medienunternehmens, das einen Journalisten suchte, der ein Interview mit Edward Snowden in Moskau filmen sollte. Für einen ausländischen Journalisten wäre dies nicht so leicht möglich gewesen. „Ausländer können in Moskau keine Ausrüstung mieten”, sagt der russische Videofilmer Mishiko Belashvili, der den Auftrag bekommen hat. „Und wenn sie ihre eigene Ausrüstung mitbringen möchten, brauchen sie eine Sondergenehmigung vom Außenministerium, was ein sehr langer Prozess ist.”

Mehr Stabilität und Sicherheit für Freiberufler

Neben Anfragen von Medien können auch freie Journalisten Ideen für Beiträge posten, die an Redakteure gesendet werden, die sich für diese Themen interessieren. HackPack verschickt auch einen wöchentlichen Newsletter, in dem auf Stipendien, Fellowships und Wettbewerbe weltweilt aufmerksam gemacht wird.

Im Abo-Bereich können Medien einen Freelancer-Pool anlegen und alle Projekte und Zahlungen verwalten. Wenn ein Medium eine Anfrage veröffentlicht, gibt es auch den Preis an, den es zu zahlen bereit ist und die freien Journalisten können ihr Interesse signalisieren. Sobald sich das Medium für einen Journalisten entscheidet, wird auf seinem HackPack-Konto das Geld automatisch eingefroren. Wenn der Journalist seine Arbeit einreicht und der Kunde sie akzeptiert, wird das Geld auf das Konto des Journalisten überwiesen.

„Unser Ziel ist es, Freiberuflern mehr Stabilität und Sicherheit in ihrem geschäftigen Leben zu geben”, sagt Varilek. „Das System zeigt auch alle abgeschlossenen Projekte an, so dass es für Freiberufler sehr einfach ist, ihre Buchhaltung und Steuererklärung zu machen.”

Und HackPack ist noch mehr als ein Online-Marktplatz: In Moskau, Berlin und London werden Treffen für Journalisten organisiert – das Angebot reicht von investigativen Reportagetechniken bis hin zu Yoga im Park für gestresste Freiberufler. „Diese Veranstaltungen sollen es Journalisten erleichtern, sich zu treffen und in der Zukunft miteinander zu kollaborieren“, sagt Varilek.

Mithilfe der Plattform haben Journalisten unter anderem bereits mit Al Jazeeara, Delfi, Global Government Forum, BBC, Kommersant und National Public Radio zusammengearbeitet. 2017 haben Journalisten, die HackPack haben, insgesamt über 175.000 Dollar verdient – diese Zahl soll laut  Varilek 2018 verdoppelt werden.

HackPack ist zwar eine eher pragmatische Plattform, aber Varilek betreibt sie mit einem gewissen Idealismus: „Ereignisse, die in einem entfernten Winkel der Erde geschehen, wirken sich durchaus auf andere weltweit aus“, sagt Varilek, „man sollte nicht glauben, dass etwas, nur, weil es weit weg passiert, irrelevant ist. Und die Medien müssen sich dieser Realität anpassen.“

Originalversion auf Englisch: HackPack: How A Virtual Newsroom Transforms Journalism

Das Interview mit Justin Varilek hat Edita Badasyan geführt; es wurde auf der russischen EJO-Seite veröffentlicht.

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