Spätestens seit der Wahl von Donald Trump wurde die Debatte zu „Fake News“ und Wahlbeeinflussung durch (neue) Medien intensiv geführt. Es wurde auch deutlicher als je zuvor, wie verschiedene Akteure versuchen, öffentliche Debatten zu beeinflussen – über soziale Medien, ausländische Rundfunkkanäle, Desinformation, öffentliche Diplomatie und viele weitere legale und illegale Instrumente. Das internationale Rechercheprojekt „Storykillers“ hat erst vor kurzem beispielhaft gezeigt, wie eine in Israel ansässige Firma unter dem Namen „Team Jorge“ weltweit Wahlen manipuliert haben soll. Dies stellt Nachrichtenmedien und den öffentlichen Diskurs vor neue Herausforderungen.
Wie können Gesellschaften einen “gesunden” öffentlichen Diskurs aufrechterhalten – selbst unter diesen schwierigen Umständen?
Das von der EU geförderte Forschungsprojekt Mediadelcom hat nun eine Reihe von Länderstudien veröffentlicht, in denen die Schlüsselfaktoren für den Erhalt solider und umfassender Mediendiskussionen ermittelt wurden.
14 EU-Mitgliedstaaten – aus Ost-, West-, Süd- und Nord-Europa – sind Teil des Mediadelcom-Projekts. Das Forschungskonsortium hat nun eine erste Reihe von länderspezifischen Studien auf seiner Projektwebsite veröffentlicht. Besonderes Augenmerk wird auf die (potenziellen) Auswirkungen der Journalismus- und Massenkommunikationsforschung gelegt, um die Grundlage für eine öffentliche Debatte über die Anpassungsfähigkeit der nationalen Mediensysteme und Journalismuskulturen zu schaffen.
Das europäische Journalismus Observatorium – in Zusammenarbeit mit Studierenden am Institut für Journalistik der TU Dortmund – bietet einen Überblick über die wichtigsten Erkenntnisse aus den Länderstudien.
- Was ist deliberative Kommunikation? “Öffentlichkeit im Fitnesstest” von Marcus Kreutler
Die Länder-Fallstudien sind jetzt auf der Projektwebsite veröffentlicht. Studierende des Instituts für Journalistik der TU Dortmund haben sich für das Seminar „Internationale Mediensysteme und journalistische Kulturen“ bereits intensiv mit den Studien befasst und darüber geschrieben: Kompakte Zusammenfassungen zur Situation in den unterschiedlichen Ländern erscheinen ab heute in loser Folge auf EJO.
Fragestellung
Methodisches Vorgehen
In einem ersten Schritt wurden dazu für vier Kernbereiche („Domains“) des Mediensystems jeweils Unterkategorien identifiziert, bei denen ein Einfluss auf die Ausbildung und Stabilisierung deliberativer Kommunikation zu vermuten steht: Diese Kernbereiche sind
- Medienregulierung (sowohl rechtlich als auch durch Mechanismen der Selbstkontrolle),
- Journalismus (sowohl bezogen auf den Markt für journalistische Produkte als auch auf professionelle Rollen und Kompetenzen),
- Mediennutzung und
- medienrelevante Kompetenzen der Bevölkerung.
Verschiedene Pfade zu Situationen mit stark oder schwach ausgeprägter Deliberation sollen dabei langfristig mittels einer fuzzy-set qualitative data analysis (fsQCA) identifiziert und voneinander abgegrenzt werden. Diese Methode erlaubt über die Verarbeitung klarer Ja/Nein-Zuordnungen (z.B. „Land hat Gesetz zum Informantenschutz“) hinaus auch Abstufungen – beispielsweise, ob ein rechtlich bestehender Informantenschutz in der Praxis wirksam umgesetzt wird; dabei können „Zwischentöne“ zwischen klarem Ja und Nein sinnvoll sein. Die dazu notwendigen Daten sind in je zwei Länderfallstudien zusammengetragen worden, die sich zum einen auf Schlüsselereignisse hinsichtlich deliberativer Kommunikation des Zeitraums 2000-2020 und zum anderen auf Monitoringkapazitäten der Untersuchungsländer beziehen.
Projektbeschreibung
Das Projekt wird durch das EU-Förderprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 finanziert. 17 Teams aus 14 EU-Ländern nehmen an Mediadelcom teil. Das Projekt wird von der Universität Tartu (Estland) koordiniert, hat im März 2021 begonnen und dauert bis Februar 2024. Das übergeordnete Ziel von Mediadelcom ist die Entwicklung eines Diagnosewerkzeugs (Modell zur Erstellung multipler Szenarien) für Politik, Medienpädagogik, Medienprofis und medienkritische Gremien und Institutionen, das eine ganzheitliche Bewertung von Risiken und Chancen in Bezug auf die deliberative Kommunikation und damit den sozialen Zusammenhalt in Europa ermöglicht.
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Referenzen
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Coppedge, M., Lindberg, S. I., Skaaning, S.-E., & Teorell, J. (2015). Measuring High Level Democratic Principles Using the V-Dem Data. The Varieties of Democracy Insititute Working Paper Series 2015:6.
Elster, J. (Ed.). (1998). Deliberative Democracy. Cambridge: Cambridge University Press.
Fishkin, J. S. (2009). When the People Speak: Deliberative Democracy and Public Communication. Oxford: Oxford University Press.
Habermas, J. (1996). Drei normative Modelle der Demokratie. In J. Habermas (Ed.), Die Einbeziehung des Anderen. Studien zur politischen Theorie (pp. 277-292). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Varieties of Democracy Institute. (2021). Autocratization turns viral: Democracy Report 2021.
Schlagwörter:deliberative Kommunikation, Demokratie, europäische Medien, Mediadelcom, Medienöffentlichkeit
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