Transparenz als Gegengift

6. August 2018 • Digitales • von

Manipulierte Menschen, manipulierte Wahlen, Zensur:  Uns allen droht unheilbarer Schaden für unser Zusammenleben, wenn wir Tech-Giganten wie Facebook, Youtube und Twitter einfach machen lassen. Das belegen die neuen Löschberichte sowie eine von einem britischen Parlamentsausschuss angestoßene Analyse.

Eine unabhängige Anlaufstelle für die Regulierung digitaler Kommunikation, eine Art Digitalrat, ist längst dringend nötig. Das deuten auch die jetzt veröffentlichten Löschberichte von Facebook, Google/Youtube, Twitter und Co. an, ohne das Ausmaß wirklich zu belegen – erstmals nach dem zu Jahresbeginn in Deutschland in Kraft getretenen Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Das Gesetz soll Betreiber zwingen, rasch strafrechtlich relevante, Hass verbreitende Inhalte zu löschen, indem ihnen hohe Strafen drohen. Sie reagieren so, wie es Gegner des NetzDG befürchteten: Überlässt man solche Aufgaben den Betreibern, dann löschen sie nach ihren Community-Regeln und „overblocken“ global oder in Deutschland in großem Stil. Um Bußen zu vermeiden, nehmen sie auch rechtlich zulässige, durch die Meinungsfreiheit gedeckte Inhalte aus dem Netz. Sie greifen so in öffentliche Debatten ein, oft ohne dass wir dies wirklich merken und ohne dass wir verlangen können, ungerechtfertigt gelöschte Inhalte wiederherzustellen.

Das darf nicht sein, das vergiftet demokratische Gesellschaften. Diese Plattformbetreiber gebieten über keine privaten Unternehmensraum, in dem einfach ihr Hausrecht gilt. Denn sie sind längst in die informationelle Grundversorgung eingestiegen und verfügen über Räume öffentlicher Kommunikation, und darin haben zum Beispiel hierzulande in erster Linie die Normen der Meinungs- und Pressefreiheit zu gelten sowie die Transparenz. In dieselbe Kerbe schlägt die Analyse eines britischen Parlamentsausschusses. Sie fokussiert politische Kampagnen und Werbung auf sozialen Medien und schlägt zum Beispiel ein öffentliches Register sowie ein gut auffindbares Impressum vor, um Auftraggeber von Wahlwerbung erkennbar zu machen, und sie fordert Einspruchsmöglichkeiten für Nutzer gegen über Microtargeting zielgruppenscharf zugeschnittene Werbung.

Solche Vorschläge – auch das wäre Aufgabe eines Digitalrats – müssen gebündelt und rasch konkret ausgehandelt werden.

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de vom 5. August 2018

Bildquelle: pixabay.com

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