Wer sich als freiberuflicher Journalist behaupten will, sollte Marktnischen besetzen, Netzwerke gründen und kluges Marketing betreiben. Dies empfiehlt Svenja Hofert in ihrem Buch.
Marktnischen suchen, Netze bilden
Doch es bleibt eher beim «könnte». Immerhin weist die Kernbotschaft von Svenja Hofert, die als freie Journalistin in Hamburg arbeitet, in die richtige Richtung – auch wenn sie sachlich falsch ist: «Jeder Journalist ist auch ein Unternehmer.» Was wohl heissen soll, dass Journalisten – egal, ob frei oder festangestellt – sich ums eigene Überleben, Wohlergehen und Fortkommen kümmern müssen; folglich ist es nichts Unanständiges, wenn Journalisten wirtschaftlich denken und ihre Arbeit vermarkten lernen. Hoferts Augenmerk gilt allerdings den Freiberuflern: Wer als journalistischer Unternehmer überleben will, müsse sich realistische Ziele setzen und brauche möglichst eine Marktnische, in der er der Konkurrenz überlegen sei. Er müsse ausserdem möglichst clever Marketing betreiben, also über seine Produkt-, Preis-, Kommunikations- und Vertriebspolitik nachdenken.
Was sich in jedem beliebigen Marketing-Lehrbuch an Binsenwahrheiten findet, überträgt Hofert für denkfaule Berufskollegen immerhin recht anschaulich auf den freien Journalismus. Und fügt hinzu – das ist kaum bezweifelbar -, dass Karrieren in Netzwerken gründen, die in der Regel «auf dem Prinzip Geben und Nehmen» basieren. «Informations-Schnorrer und Kontakt- Schnorrer machen sich schnell unbeliebt – und werden sicher nie dauerhafte Mitglieder eines Netzwerks sein.» So einfach lassen sich die schwarzen Schafe der Branche allerdings nur im Lehrbuch ausgrenzen.
Svenja Hoferts Erfolgsrezepte mögen den Einstieg ins Dasein von Freiberuflern erleichtern. Sie bleiben aber an der Oberfläche und sind so beliebig zusammengewürfelt, dass man hinterher zwar weiss, wo es Journalistenrabatte gibt, wie man seine eigene Website gestaltet und wie man E-Mails schreibt. Es fehlen indessen handfeste Erfahrungsberichte freier Journalisten, Daten zu ihrer (oft miserablen) wirtschaftlichen Situation und vielleicht auch ein paar Überlegungen, warum alles so ist, wie es ist. Diese müssten dann wohl zwangsläufig in eine nicht gerade verkaufsfördernde Warnung münden, sich auf eine Existenz als Freier nur dann einzulassen, wenn man entweder bereit ist, am Hungertuch zu nagen, oder, überwiegend von PR-Aufträgen zu leben – es sei denn, man ist eben schon so gut vernetzt, dass man Frau Hoferts Ratgeber eigentlich nicht mehr braucht.
Qualitätssteigerung durch Outsourcing
Insgesamt werden die Tipps nur wenigen wirklich helfen können, sich eine selbständige Existenz aufzubauen – so lange jedenfalls, wie Verleger und Medienmanager nicht begreifen wollen, dass Outsourcing nicht allein der Kostensenkung dienen, sondern ebenso gut zur Qualitätssteigerung eingesetzt werden könnte – vorausgesetzt, man würde freie Autoren als kostbare Ressource erkennen, die es angemessen zu honorieren gilt. Der Publizist Karl Lüönd hat all dies kürzlich geradezu genial auf den Punkt gebracht: «Wenn ich hungrig bin, gehe ich ins Restaurant und bestelle ein Schnitzel. Mir würde nicht einfallen, ein Kalb zu kaufen, es zu schlachten, die Nebenprodukte bestmöglich zu verwerten, um irgendwann mein Stück Fleisch auf den Grill zu legen. Ich bezahle lieber einen – notwendigerweise um Risiko, Gewinn, Kapitalverzinsung, Quersubventionen usw. erhöhten – Detailpreis und wende mich konzentriert meinem Kerngeschäft zu: innert nützlicher Frist satt zu werden. Ich staune immer wieder, wie häufig unsere Verleger Kälber kaufen und wie kleinlich manche um die Schnitzelpreise feilschen.»
*Svenja Hofert: Erfolgreich als freier Journalist. UVK, Konstanz 2003.
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