Öffentlich-rechtliche Konkurrenz im Internet

10. August 2012 • Digitales • von

Jahrzehntelang waren die Fronten klar: öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten machten Radio und TV, privatwirtschaftlich organisierte Verlage gaben Tageszeitungen heraus.

Mit Einführung des Internets haben beide Seiten ihr Portfolio um ein Online-Angebot erweitert und konkurrieren seitdem auf denselbem Ausspielkanal um die Gunst der Nachrichtenkonsumenten.

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten haben dabei einen entscheidenden Vorteil: Sie stellen ihre Online-Inhalte kostenlos zur Verfügung.

Szabolcs Toth, Redakteur bei der ungarischen Tageszeitung  Magyar Nemzel und Forschungsstipendiat des Reuters Institute for the Study of Journalism (RISJ) der Universität Oxford, hat untersucht, ob die Online-Auftritte der öffentlich-rechtlichen Medienunternehmen tatsächlich eine Konkurrenz für die Internet-Angebote der Tageszeitungen darstellen. Einen Fokus legt Toth dabei auf sein Heimatland Ungarn und auf Großbritannien, bekannt für seinen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk.

Wie schnell der öffentlich-rechtliche Rundfunk online die Oberhand gewinnen kann, sah man in Großbritannien 2010: Als die Londoner Times eine Bezahlschranke für ihre Online-Inhalte einführte, wechselten die meisten ihrer regelmäßigen Nutzer kurzerhand zur kostenlosen Nachrichten-Website der öffentlich-rechtlichen BBC. Laut einer Umfrage der „Oliver & Ohlbaum Associates“ bezogen nur 14 Prozent der regulären Times Online-Nutzer die nun kostenpflichtigen Inhalte. 64 Prozent der Nutzer, die es weiterhin bevorzugten, ihre Online-Nachrichten kostenlos zu konsumieren, wählten die BBC aus.

In diesem Zusammenhang geht Toth auf die Entwicklung bei der staatlichen ungarischen Nachrichtenagentur MTI (Magyar Távirati Iroda) ein: Seit Mai 2011 bietet sie ihre Inhalte kostenlos auf ihrer für jeden zugänglichen Website (www.mti.hu) an. Die Entscheidung sorgte für heftige Kritik: Es handele sich um einen unfairen Wettbewerb, private Medienunternehmen würden so benachteiligt. Toth aber macht in seinem Forschungsbericht deutlich, dass MTI auch ein Jahr nach der Umstellung auf kostenlose Inhalte nicht so erfolgreich sei wie Index und Origo, die zwei größten (privaten) Online-Nachrichtenportale in Ungarn.

Zeitungshäuser würden unzählige digitale Strategien verfolgen, so Toth, aber alle hätten eine Basiskomponente, ohne die sie kläglich scheitern würden: ihr eigener Inhalt. Er kommt zu dem Schluss, dass es letztlich für die privaten Medien keine große Rolle spiele, ob öffentlich-rechtliche und staatliche Medien allgemeine Nachrichten online kostenlos zur Verfügung stellten. „Nutzer wollen nicht einfach nur Nachrichten. Sie wollen Geschichten, mit denen sie sich identifizieren können, sie wollen Nachrichten-Websites, die ihre eigene Färbung haben.“

Hier geht es zum kompletten Forschungsbericht Common Ground – Is the successful digital transition of newspapers threatened by free public news? auf der Website des Reuters Institute for the Study of Journalism.

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