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Junge Leute lesen lieber Blogs
Mittlerweile steht fest: Die jungen Leute lesen mehr Blogs als Tageszeitungen und ziehen diese selbst den Fernsehnachrichten vor. Die 18- bis 34-Jährigen wenden sich mehr und mehr von den Zeitungen ab, in den den USA sind es bisweilen sogar bis zu 50%. Die Online Publisher Association hat Zahlen vorgelegt, nach denen nur 17% der unter 25-Jährigen die Meinung vertritt, dass Zeitung lesen etwas Wichtiges im Leben darstelle. Die Herausgeber stehen somit vor radikalen Entscheidungen: Entweder sie ignorieren diese Tendenz oder sie arbeiten an neuen Strategien, um nicht den Kontakt zu der Generation zu verlieren, die die Führungspersönlichkeiten von morgen hervorbringen wird. Mit den Blogs ist genau dieses Ziel zu erreichen, da sie es den Herausgebern ermöglichen, den Lesegewohnheiten der jungen Leute entgegen zu kommen und sie zu binden, in dem sie, so gut es geht, auf deren Gewohnheitsverhalten setzen. Wenn ein Leser also daran gewohnt ist, die Blogs von Figaro und Times zu lesen, stehen die Chancen gut, dass er auch deren Internetseiten besucht, vor allem wenn sich Geschmäcker und Anforderungen weiterentwickeln. Die Tendenz der grossen Zeitungen, Blogs in ihre Internetseiten aufzunehmen, kann in diesem Zusammenhang gesehen werden.
Natürliche Auslese
Bis jetzt hat die Forschung ihr Hauptaugenmerk in der Tat auf die aussergewöhnliche Verbreitung der Blogosphäre konzentriert. Geht die aktuelle Schätzung noch von 38 Millionen aus, so ist zu berücksichtigen, dass sich deren Anzahl weltweit alle sechs Monate nahezu verdoppelt. Der grösste Teil dieser Blogs wird allerdings schon nach kurzer Zeit wieder eingestellt und nur wenige sind wirklich erfolgreich. Dies bedeutet, dass innerhalb der Blogosphäre eine Art natürliche Auslese stattfindet, die es einerseits ermöglicht, die wichtigen Blogs zu erkennen und herauszufiltern, und es andererseits immer leichter wird, gute und unzuverlässige Information voneinander zu unterscheiden.
Ganz unterschiedliche Funktionen
Die Funktion der traditionellen Medien ist weiterhin unangefochten und bis jetzt nicht zu ersetzen. Allerdings haben die Blogs eine ganz eigene Funktion, die nicht danach trachtet, erstere zu ersetzen als sich vielmehr in sie zu integrieren. Presse und Fernsehen gegenüber fällt ihnen die Rolle des “Aufpassers” zu, andererseits sind sie aber erst dann erfolgreich, wenn ihre Kritik und Hinweise von den traditionellen Medien aufgegriffen werden. Sie verwenden eine lockere und sehr persönliche Ausdrucksweise, die sich die traditionelle Presse nicht erlauben kann. So ensteht zwischen den beiden Welten allmählich eine Art Kreislaufverhältnis: Bekannte Blogs werden in die Internetauftritte der grossen Zeitungen aufgenommen und die Journalisten lernen, die Blogs als Informationsquelle zu nutzen. Die Blogger lernen ihrerseits, die Medien ständig im Auge zu behalten und auch solche Nachrichten und Ereignisse aufzufangen, die durch das Netz der so genannten “Mainstream”-Medien fallen.
Werbemöglichkeiten
Auf dem Werbemarkt machen die Annoncen in den Blogs bislang nur einen lächerlich kleinen Prozentsatz aus. Aber auch hier tritt die Komplementarität zu Tage. Wenn klar definiert ist, dass die Annoncen, die sich an ein breites Publikum richten, weiter fest in den grossen Medien verankert sind, bieten die Blogs die Möglichkeit, ein junges Publikum zu erreichen und mit neuen Techniken des Marketing und der Werbekommunikation zu experimentieren.
Neue Profis
Die in Amerika gemachte Erfahrung zeigt, dass es in Zukunft, neben dem Journalistenberuf, durchaus ein neues Berufsbild, nämlich das des Profi-Bloggers geben kann. In den USA gibt es hierzu zumindest zwei interessante Beispiele: Nick Denton und Jason Calacanis sind mit ihrer Idee, grosse Blog-Netzwerke zu gründen, die von angestellten, regulär bezahlten Blogger-Teams gespeist werden, überaus erfolgreich. Die Blogs sind so ein Weg, um Zugang zum Journalismus zu finden. In anderen Fällen fördern sie neue Kommunikationsmodelle wie den noch in den Kinderschuhen steckenden und weiter zu beobachtenden Citizen Journalism.
Blogosphäre und Mediasphäre lernen also allmählich, nebeneinander zu existieren und sich in einer Welt, die beide braucht, gegenseitig anzupassen.
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Die Studie entstand unter Anleitung von Marcello Foa und in Zusammenarbeit mit Francesco Uboldi