Bruno Ingemann, Medienberater und Dozent an der Danish School of Journalism, macht im EJO-Interview deutlich, dass Medienunternehmen permanent ihre Strategie überdenken müssen.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach der Journalismus in den nächsten zehn Jahren verändern?
Es wird auf alle Fälle mehr Interaktion mit den Nutzern geben. Wir stehen gerade erst am Anfang dieser Entwicklung. Journalisten müssen lernen, die Nutzer mehr einzubinden – nicht nur, um so an mehr Informationen zu gelangen, sondern auch, um die journalistische Qualität zu steigern.
Journalisten können zum Beispiel die Nutzer bitten, bei der Recherche mitzuhelfen. So etwas gibt es schon in England. Dort hat Paul Bradshaw das Projekt Help me investigate ins Leben gerufen. Der springende Punkt hierbei ist, dass Journalisten dabei immer noch selbst bestimmen, welche Inhalte sie publizieren.
Außerdem sollten Journalisten lernen, wie sie soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter in journalistische Prozesse einbinden können.
Vor Ihrer Laufbahn als Medienberater und Dozent waren Sie als leitender Redakteur beim dänischen Medienunternehmen Nordjyske Medier tätig, das als eines der ersten Medienhäuser in Europa konvergentes Arbeiten eingeführt hatte. Dient es anderen Redaktionen immer noch als Vorbild?
Nordjyske Medier hat in der Tat ein sehr erfolgreiches Geschäftsmodell geschaffen. Nun müssen sie es allerdings weiterentwickeln. Sie können sich nicht allein auf die Medienkonvergenz verlassen, die natürlich vor ein paar Jahren eine einzigartige Strategie war. Medienunternehmen müssen permanent ihre Strategie überdenken. Während sie eine Strategie anwenden, müssen sie schon die nächste entwickeln.
Berlingkse Tidende, die älteste Zeitung in Dänemark, hat zum Beispiel eine enorme Entwicklung vom Zeitungs- zum Crossmedia-Unternehmen durchgemacht, und nun ist es dabei, seine Internet-Aktivitäten weiter auszubauen. Es greift auf Crowdscourcing zurück, d.h. es bittet seine Leser um Mithilfe bei der Recherche, es bietet bezahlte Online-Inhalte an und sucht permanent nach neuen Wegen, seinem Online-Journalismus einen Mehrwert zu geben. Ich denke, dass Berlingske Tidende zu einem neuen Vorbild in der Medienlandschaft werden könnte.
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