Ein internationales Forscherteam hat untersucht, wie die Online-Only-Medien Vice, Buzzfeed und Huffington Post über Umweltthemen berichten.
Demonstranten rennen durchs Bild, durchschneiden die Rauchschwaden, die Polizei hebt die Schilde und die Kamera ist auf Tuchfühlung: Wenn sich die Zuschauer das Video ansehen, scheinen sie mitten drin zu sein in der Demonstration in der Nähe des Veranstaltungsortes des 21. Weltklimagipfels in Paris im Dezember 2015. Genau das war auch die Intention der Vice-Reporterin Milene Larsson. Sie wollte ihren Nutzerinnen und Nutzern das Gefühl geben, wie es ist, „im Gedränge zu stehen, nicht aufs Klo gehen zu können, kein Wasser dabei zu haben, nicht zu wissen, was als nächstes passiert. Sie sollen das erleben, die Reaktionen der anderen sehen, weil das dabei hilft zu verstehen, was die Protestierenden auf die Straße treibt.”
Diese Art der Berichterstattung ist typisch dafür, wie Vice Umweltthemen angeht. Die Seite mit ihren 17 Sprachversionen ist in vielen Ländern zu einem wichtigen Anbieter von Nachrichten geworden, und dies gilt besonders für Nachrichten zu umweltbezogenen Themen. Neue Anbieter wie Vice, Buzzfeed oder die Huffington Post sind die bekanntesten Beispiele der neuen Online-Medien, die sich in vielen Mediensystemen etabliert haben. Dies haben sie maßgeblich dadurch erreicht, dass es ihnen gelungen ist, ‘digital natives’ anzusprechen. Während viele etablierte Medien große Schwierigkeiten dabei haben, junge Publika anzusprechen, gelingt dies Buzzfeed, Vice oder der Huffington Post besser, weil sie die Themen jüngerer Generationen – wie eben Umweltthemen – fokussieren, und dies in einer Weise, die den Nutzungsgewohnheiten der ‘Onliner’ entspricht: Sie visualisieren stark, berichten in Umgangs- und Alltagssprache, nehmen ungewohnte Berichterstattungsperspektiven ein und stellen auch schon einmal den „Klimawandel in GIFs” dar oder übersetzen Aussagen von Klimawandel-Leugnern in Badezimmer-Poster.
Aber wie genau berichten diese Medien über derartige Themen? Sozialwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus fünf Ländern haben nun erstmals eine systematische Analyse der Umwelt-Berichterstattung neuer Online-Only-Medien aus den USA, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Spanien vorgelegt und deren Berichterstattung mit der von etablierten Massenmedien verglichen. In ihrer Studie untersuchen sie, wie die jüngste Weltklimakonferenz – d.h. die 21. „Conference of the Parties (COP 21)” des United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) – in Paris dargestellt wurde, bei der ein Nachfolgeabkommen zum Kyoto-Protokoll beschlossen wurde.
Das Forschungsteam analysierte rund 500 Artikel von Buzzfeed, Vice, der Huffington Post und pro Land zwei Tageszeitungen. Es konnte zeigen, dass die neuen Online-Medien in den meisten Ländern einen substanziellen Teil zur Klimawandel-Berichterstattung beitragen – und dass sie teils ausführlicher darüber berichten als journalistische Schwergewichte wie die New York Times oder USA Today. Und sie tun dies zum Teil in einer Weise, die diesen Medien durchaus ebenbürtig ist: Der Ton der Berichterstattung in der Huffington Post etwa ist typischerweise journalistisch, und das Themenspektrum unterscheidet sich lediglich dadurch von den großen Medien, dass die „HuffPo“ ihrer Berichterstattung oftmals einen positiven, konstruktiven Dreh zu geben versucht.
Im Gegensatz dazu spielen Buzzfeed und Vice eher eine komplementäre, ergänzende Rolle zur Berichterstattung der etablierten Massenmedien: Sie veröffentlichen weniger Artikel und berichten in diesen auf eine Art und Weise oder über Themen, die in anderen Medien kaum zu finden sind. BuzzFeed unterscheidet sich etwa stark im Ton der Berichterstattung, der oftmals informeller, unterhaltsamer, teils auch frecher ist. Vice dagegen fokussiert spezifische Themen und Perspektiven, konzentriert sich in seiner Berichterstattung etwa auf Fragen der globalen Gerechtigkeit, auf die Perspektive von Aktivisten oder auf immersive Videos wie das eingangs beschriebene. Zudem visualisieren die Online-Medien ihre Berichterstattung öfter und ausgiebiger. Sie nutzen häufiger Videos, teils auch Quiz oder Listicles.
Interessanterweise fanden die Forscher nur wenige klimawandel-skeptische Aussagen, die die Existenz einer globalen Erwärmung, ihre menschlichen Ursachen oder ihre Problematik grundsätzlich in Frage stellten. Lediglich vereinzelt kamen derartige Aussagen in konservativen englischsprachigen Medien vor – und die neuen Online-Medien machten sich an mehreren Stellen ausdrücklich darüber lustig.
Dennoch fand die Studie auch Unterschiede zwischen den untersuchten Ländern. Während beispielsweise im angloamerikanischen Raum und im Gastgeberland Frankreich stärker über den Klimagipfel berichtet wurde, legten Medien in Kontinentaleuropa in ihrer Berichterstattung einen stärkeren Fokus auf Klimagerechtigkeit.
Dennoch konzentriert sich das Resümee des Buches auf das Verhältnis von neuen Online-Medien und etablierten Massenmedien – und dieses fällt länderübergreifend weitgehend ähnlich aus: Die Ergebnisse zeigen, dass BuzzFeed, Vice und die Huffington Post „förderlich sind für die öffentliche Debatte über komplexe Themen wie den Klimawandel, besonders in einer Zeit, in der Umwelt- und Wissenschaftsressorts in vielen Medien verkleinert oder gestrichen werden“. Denn diesen neuen Medien gelingt es, „das ‚alte’ Thema Klimawandel in einer Weise zu behandeln, die das Interesse einer breiteren Öffentlichkeit und gerade auch einer jüngeren Öffentlichkeit wecken kann.“
Über das Buch:
James Painter, Maria Carmen Erviti, Richard Fletcher, Candice Howarth, Silje Kristiansen, Bienvenido Leon, Alan Ouakrat, Adrienne Russell & Mike S. Schäfer (2016): Something Old, Something New: Digital Media and the Coverage of Climate Change. Oxford: Reuters Institute for the Study of Journalism.
Schlagwörter:Buzzfeed, Deutschland, digital natives, Frankreich, Großbritannien, Huffington Post, Klimawandel, Listicles, Quiz, Spanien, Umweltberichterstattung, USA, Vice, Videos, Weltklimakonferenz
„Der Landwirt hat das Treibhaus so genannt, weil seine Pflanzen-Zöglinge
bei erhöhter Temperatur und optional zugeführtem CO2 schneller wachsen.
Und die CO2-Klima-Erwärmungs-Sekten-Zöglinge haben gedacht, daß ihre
CO2-Zertifikate an der Börse schneller gedeihen bei optional herbei
gelogener Erderwärmung infolge CO2-Emission.“