Digitale Aufklärung

12. Juni 2017 • Digitales • von

Wir tauchen unaufhaltsam in eine virtuelle, eng vernetzte Gesellschaft ein. Doch erst eine systematische digitale Aufklärung ermöglicht, deren Vorteile selbstbestimmt zu nutzen.

Barbie-Puppen sind zugleich Spielzeuge und Bodyguards, IP-Kameras verfolgen via Internet mögliche Einbrecher in der Wohnung, Sprachassistenten bestellen Pizzas, das Smartphone steuert Licht, Heizung oder Drohnen: Wir tauchen immer tiefer ein ins „Internet of Things“, ein Netz aus Maschinen und Dienstleistungen. Und noch mehr: Tesla-Chef Elon Musk stellte kürzlich sein Start-up „Neuralink“ vor, das Direktverbindungen zwischen menschlichen Gehirnen und Computern entwickeln will. Das helfe Menschen mit schweren Hirnschäden – und mittelfristig uns allen, weil wir seiner Ansicht nach im Wettbewerb mit künstlich-intelligent gemachten Maschinen anders nicht mehr mithalten.

Facebook testet gerade, wie außen getragene Sensoren Gedanken aus dem Gehirn auslesen und auf Computer oder Smartphone bringen, weit schneller als Menschen je tippen können.

Die Vorteile sind zu verlockend

Hinzu kommt: Gut vier von fünf Bürgern werden sich an den Vorteilen orientieren und im Trend mitschwimmen, ermittelten Lee Rainie und Janna Anderson vom Forschungs-Center Pew in Washington. Sie sammelten Prognosen von Forschern, Anwendern, Aktivisten und Journalisten. Alle waren sich einig: So wie wir trotz der Risiken eines Autounfalls weiterhin Auto fahren, vernetze man sich weiter – trotz Datenschutzverletzungen und zunehmender Cyberattacken etwa durch Ransomware, die alles lahmlegen kann, was über vernetzte Computer läuft: Kraftwerke, Autos, Herzschrittmacher; jüngstes Beispiel ist die Attacke „WannaCry“; sie nahm Daten von Computern in 150 Ländern quasi in Geiselhaft, um virtuelles Lösegeld zu erpressen.

Das ist kein Dilemma, sondern ein Auftrag! Die Epoche der Aufklärung im 17. und 18. Jahrhundert markierte das Bestreben, sich durch Erwerb neuen Wissens Klarheit zu verschaffen und Irrtümer zu beheben. Heutzutage brauchen wir wieder Klarheit – über Folgen digitalen Handelns, über nützliche ebenso wie riskante. Läuten wir eine Epoche der digitalen Aufklärung ein – mit Medien als Diskursforum, Journalisten als Aufklärern und wachen Bürgern, die hinterfragen und nachfragen.

Erstveröffentlichung: Media-Lab/tagesspiegel.de vom 12. Juni 2017

Bildquelle: pixabay.com

 

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