Ein Jahr des digitalen und wirtschaftlichen Wandels: Was die Medien 2021 erwartet

19. Januar 2021 • Aktuelle Beiträge, Digitales • von

Steigende Abonnements, Zunahme innovativer neuer Formate, Diversifizierung der Einnahmequellen und eine neue Balance zwischen Präsenz- und Remote-Arbeit – das ist im Wesentlichen, was die Medien in diesem Jahr erwartet, wie es im Bericht „Journalism, media, and technology trends and predictions 2021“ des Reuters Institute heißt.

Während die Pandemie bereits im vergangenen Jahr den Markt, die journalistischen Praktiken und die Kultur tiefgreifend verändert habe, werde das volle Ausmaß dieser Veränderungen erst 2021 sichtbar werden, betont Nic Newman, Senior Research Associate am Reuters Institute, in dem Bericht, der die Trends und Entwicklungen des Journalismus im Jahr 2021 untersucht.

Laut Newman wird 2021 „ein Jahr des tiefgreifenden und schnellen digitalen Wandels“ sowie der „wirtschaftlichen Transformation“ sein. Die durch die Pandemie bedingten Entwicklungen, die durch sie beschleunigten Veränderungen und Innovationsprozesse werden in diesem Jahr im Mittelpunkt des Geschehens in der Medienbranche stehen.

Auch wenn es an Schwierigkeiten und Sorgen nicht mangelt, sind die Aussichten dennoch relativ positiv. Sicher sei, dass die Realität anders aussehen werde als in der Zeit vor dem Coronavirus, warnt Nic Newman: „Wir bewegen uns auf eine Welt zu, in der das Physische und das Virtuelle auf neue Weise koexistieren.“

1. Praktiken

Eine der konkretesten Folgen der Pandemie ist sicherlich die Umstellung des Arbeitsalltags auf Homeoffice und Remote-Arbeit. Nachdem die ersten technischen Hürden überwunden waren, haben die Medienunternehmen schnell erkannt, dass es möglich war, Zeitungen, Websites und sogar Fernsehsendungen aus Schlafzimmern, Wohnzimmern und Küchen zu erstellen, bemerkt Newman.

Diese neue Art des Arbeitens aber wirft einige Fragen zur Arbeitsorganisation und zur Balance zwischen Präsenz- und Remote-Arbeit auf, insbesondere im Hinblick auf das Ende der Pandemie. Während einige der für den Bericht befragten Journalistinnen und Journalisten die Effizienz der Remote-Arbeit loben, sind andere besorgt über ihre Auswirkungen auf Kreativität und persönliche Beziehungen.

Für Nic Newman besteht eine der größten Herausforderungen darin, „wie man vom Krisenmodus zu einem nachhaltigen Hybridmodell übergeht“, das Präsenz- und Remote-Arbeit berücksichtigt. Er erwartet „einige Konflikte, wenn neue Arbeitspraktiken eingeführt und neue Vereinbarungen zwischen Management und Gewerkschaften getroffen werden“.

Eine weitere physische Folge von Covid-19 sei die Bewegungseinschränkung, die die Kluft zwischen Medienschaffenden und ihrem Publikum vergrößert habe. Es sei daher damit zu rechnen, dass mit dem Ende der Pandemie Journalistinnen und Journalisten die Redaktionen wieder öfter verlassen und mehr vor Ort präsent sind

2. Inhalt

Schon zu Beginn der Pandemie und auch während der US-Präsidentschaftswahlen führten viele Medien innovative neue Formate ein und demonstrierten damit ihre Fähigkeit, „komplizierte Themen auf einfache Weise darzustellen und zu erklären“. Laut Newman werden im Jahr 2021 Praktiken wie Datenjournalismus und visuelles Storytelling weiter ausgebaut werden.

Das Innovationstempo werde also auch in diesem Jahr hoch bleiben, aber da nur wenig Geld für neue Investitionen zur Verfügung steht, werden sich die Medien wahrscheinlich auf die Verbesserung des Bestehenden konzentrieren, anstatt völlig neue Produkte zu schaffen.

3. Wirtschaftliche Strategien

Die Pandemie hat auch einen anderen Trend beschleunigt: Immer mehr Menschen zahlen für Nachrichten. Nach Angaben des Softwareunternehmens Zuora stieg die durchschnittliche Anzahl der Abonnements auf Nachrichtenseiten zwischen März und Mai 2020 um rund 110 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum.

Dies wirft die drängende Frage auf, wie man all diese neuen Abonnenten behalten kann, die vermutlich abwandern werden, sobald sich die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern. Laut Nic Newman werden die Verlage wahrscheinlich auf billigere Angebote und eine differenzierte Preisgestaltung (günstigere Abonnements für Studenten und Menschen aus benachteiligten Verhältnissen) setzen.

Zwar machen einige Medien mit ihrem Digital-Geschäft mittlerweile größere Umsätze als in Print, doch dies sei nur bei einer Handvoll Titel der Fall, die sich den Großteil der neuen Abonnenten teilen. Laut Newman wird diese „The winner takes it all“-Dynamik weiterhin den Medienmarkt dominieren.

Darüber hinaus erklärt Nic Newman: „Verlage, die sich weiterhin auf Werbeeinnahmen aus Print oder dem digitalen Geschäft verlassen, stehen vor einem schwierigen Jahr“ – diese müssten mit weiteren Konsolidierungen, Kostensenkungsmaßnahmen und sogar Schließungen rechnen.

Die Medien steigen in den E-Commerce ein: hier ein paar Beispiele. Quelle: Screenshot.

Die Pandemie hat gezeigt, wie gefährlich die Abhängigkeit von Werbeeinnahmen sein kann. Aus diesem Grund wird oft argumentiert, dass ein alternativer Ansatz, basierend auf mehreren Einnahmequellen, gesucht werden sollte. In dieser Hinsicht hat Nic Newman einige Bereiche mit Wachstumspotenzial identifiziert, zum einen den E-Commerce: BuzzFeed zum Beispiel hat eine eigene Linie von Küchenprodukten geschaffen, andere Medienunternehmen haben Produktbewertungsseiten ins Leben gerufen (z.B. Wirecutter von der New York Times, IndyBest vom Independent), die, so Newman, „erheblich zu ihrem Gewinn beitragen“.

Die Medien könnten auch dem Beispiel der großen Plattformen folgen und die Abonnements anderer verkaufen: „Medienunternehmen mit gutem Daten-Targeting könnten Händlern helfen, die richtigen Kunden zu finden“, sagt Nic Newman. Virtuelle Veranstaltungen, die günstiger und einfacher zu organisieren sind und ein größeres Publikum anziehen, könnten dabei als Ausgangspunkt für den Aufbau von Beziehungen zu neuen Benutzerinnen und Benutzern dienen.

 

Übersetzt aus dem Französischen von Tina Bettels-Schwabbauer

 

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