Mit neuen Faktenchecks gegen Fake News in Uganda

22. März 2021 • Aktuelle Beiträge, Digitales, Internationales, Qualität & Ethik • von

Besonders zu Beginn der Corona-Pandemie bestimmten Fake News die sozialen Medien in Uganda. Mit der Zeit wurden aber sowohl die Bevölkerung als auch die Medienschaffenden immer weiter sensibilisiert.

Ein Heilmittel aus Kräutern gegen Corona oder das Luftanhalten als Corona-Test – das sind nur zwei der vielen Falschnachrichten, die sich während der Corona-Pandemie in Uganda verbreitet haben. Besonders zu Beginn der Pandemie waren im ostafrikanischen Land viele Fake News im Umlauf. „Social Media war das Zentrum aller Fake News über das Corona-Virus“, erinnert sich der ugandische Journalist Charles Odoobo Bichachi, der für die Nation Media Group in Uganda arbeitet. Aus den sozialen Medien seien die Falschnachrichten dann auch in die Mainstream-Medien gelangt. So entstand in Uganda beispielweise das Gerücht, dass das Land bereits im März einen Impfstoff gegen das Corona-Virus produziert hätte. Diese Nachricht verbreitete sich bis ins Nachbarland Kenia, wo die Nachrichtenseite Breaking News Kenia am 17. März titelte: “Uganda To Start Production Of Coronavirus Vaccine In Two Weeks”. Der Impfstoff stellte sich im Nachhinein als einfaches Desinfektionsmittel heraus.

Wie gefährlich die Verbreitung von falschen Nachrichten besonders in der Zeit einer Pandemie sein kann, zeigt sich unter anderem in der Studie Infodemic: How an Epidemic of Misinformation Could Lead to a High Number of the Novel Corona Virus Disease Cases in Uganda. Die Autorinnen und Autoren der Studie arbeiten bei verschiedenen Organisationen in Uganda (u.a. Uganda Virus Research Institute und Ministry of Health). Im Fokus der Studie steht der Zusammenhang zwischen Gerüchten, die rund um COVID-19 verbreitet werden, und der Zahl der infizierten Bürgerinnen und Bürger. Das Autorenteam hat mathematische Modelle zur Verbreitung von Gerüchten und Epidemien herangezogen und diese für den vorliegenden Fall angepasst. Die Untersuchung wurde anhand des Beispiels der ugandischen Bevölkerung durchgeführt und das mathematische Modell dementsprechend mit den Daten parametriert. Das Ergebnis: Zwischen der Zahl der Infizierten und der Zahl der Menschen, die Falschinformationen verbreiten, besteht ein Zusammenhang – je mehr Falschinformationen, desto mehr Infizierte. Die Autoren schlussfolgern deshalb, dass die Aufklärung von Falschnachrichten ein wichtiger Aspekt bei der Eindämmung einer Pandemie ist und fordern von der Regierung unter anderem wöchentliche COVID-19-Lageberichte und Ansprachen des Präsidenten, die die Bevölkerung informieren.

Fakt-Checking im Redaktionsalltag ist eine Herausforderung

Die große Anzahl an Falschnachrichten führte außerdem dazu, dass vor allem bei Journalistinnen und Journalisten in Uganda das Thema Fact-Checking in den Fokus geriet. „Wenn ein Journalist alarmierende Nachrichten in sozialen Medien über das Coronavirus findet, ist es seine Pflicht, die Geschichte zu prüfen, bevor er sie veröffentlicht. Und das nicht nur einmal, sondern zweimal oder dreimal“, sagt Gloria Laker Aciro. Sie arbeitet nicht nur selbst seit mehr als 20 Jahren als Journalistin, sondern bildet auch Journalisten in Uganda und in anderen Ländern aus. Durch ihre Arbeit weiß sie, wie schwierig das Prüfen von Informationen im stressigen Redaktionsalltag sein kann. „Besonders beim Radio gibt es meist nur Zeit für einen kurzen Backcheck“, sagt Laker Aciro. Anders als in Online- oder Print-Redaktionen gebe es bei Radiostationen in Uganda außerdem oft nicht die Möglichkeit, viel im Internet zu recherchieren.

Eine Unterstützung für Journalisten bei ihrer täglichen Arbeit könnten Projekte und Institutionen speziell für Faktenchecks bieten. Allerding gab es davon zu Beginn der Pandemie in Uganda nur wenige. Die Organisation Africa Check hat zwar keinen Sitz in Uganda, prüft aber in ihrem Büro in Kenia auch Falschnachrichten aus dem Nachbarland. „Unsere Arbeit richtet sich in erster Linie an die breite Öffentlichkeit. Wir verbreiten die Informationen über unsere Social Media Plattformen und gehen auch ins Radio und Fernsehen“, sagt Alphonce Shiundu von Africa Check. In den vergangenen Monaten standen auch bei Africa Check Fake News rund um das Corona-Virus im Mittelpunkt. Allerdings gibt es einige Schwierigkeiten bei der Arbeit für die ugandische Bevölkerung. „Weil wir nicht physisch in Uganda präsent sind, kann es ein Problem sein, Behauptungen für unsere Überprüfung zu finden. Meistens finden wir diese zufällig, wenn wir von unseren Lesern darauf hingewiesen werden, oder etwas aus Uganda in Kenia viral geht“, sagt Shiundu. Außerdem sei es oft auch schwierig, mit den Behörden in Uganda in Kontakt zu treten.

Workshop für Journalisten und Ansprechpartner für die Bevölkerung

Damit auch vor Ort in Uganda besonders während der Corona-Pandemie mehr über Falschnachrichten aufgeklärt wird, starteten einige Organisationen Fact-Checking-Projekte. Im Juli 2020 veranstalteten beispielsweise die UNESCO und die Media Challenge Initiative für junge Journalisten in Uganda einen Workshop speziell zum Thema Fact-Checking während der Corona-Pandemie.

Eine Hilfe für die Bevölkerung bei der Erkennung von Fake News entwickelte die nationale Regulierungsbehörde des Kommunikationssektors in Uganda (Uganda Communications Commission). Sie startete im April einen Faktencheck, den alle Bürgerinnen und Bürger nutzen konnten. Wer eine fragwürdige Meldung sah, konnte diese per WhatsApp oder E-Mail an die Behörde schicken. Die Meldung wurde überprüft und das Ergebnis auf einem dafür angelegten Blog veröffentlicht. Allerdings sind E-Mail-Adresse und WhatsApp-Nummer mittlerweile nicht mehr aktiv.

Ukweli Check für mehr Wahrheit

Eine langfristige Institution für das Fact-Checking in Uganda zu etablieren, haben sich Journalist Robert Madoi und Produzent Clive Patterson zum Ziel gemacht. Die beiden haben im Sommer 2020 das East African Center For Investigative Reporting und dessen Publikationsplattform voxpopuli.ug gegründet. Mit ihrer Arbeit wollen sie einen neuen und höheren Standard für investigativen Journalismus in Uganda schaffen. Regelmäßig veröffentlichen sie Hintergrundberichte über verschiedene Themen.

Ein Projekt innerhalb der Plattform ist der Ukweli Check. Ukweli ist Suaheli und beutet übersetzt „die Wahrheit“. Der Faktencheck beschäftigt sich seit August 2020 mit Falschnachrichten rund um das Corona-Virus in Uganda. „Während der Pandemie gab es immer mehr Menschen, die den Erreger, der COVID-19 verursacht, als Hoax abgetan haben. Das Land starrte also nicht nur auf eine Pandemie, sondern auch auf eine Infodemie“, so Madoi. Aus der Notwendigkeit heraus, die Informationen rund um das Corona-Virus auf ihre Richtigkeit zu überprüfen und damit die Bevölkerung aufzuklären, entstand der Ukweli Check.

Das Vorhaben, einen nationalen Faktencheck zu etablieren, ist allerdings alles andere als einfach. Fact-Checking-Projekte müssen laut Robert Madoi mit sehr knappen Ressourcen arbeiten: wenig Zeit, wenige Arbeitskräfte. „Aufgrund dieser Herausforderungen bleibt eine wirklich konsequente Faktenprüfung ein Wunschtraum“, so Madoi. So könne man sich als Journalist selten nur auf Faktenprüfung konzentrieren, sondern müsse sich breiter aufstellen. „Die Faktenprüfung ist eine Spezialität, aber die begrenzten Ressourcen zwingen die meisten ugandischen Journalisten zum Multitasking.“ Patterson und Madoi wollen diese Herausforderung dennoch annehmen und sich in ihrer Arbeit immer mehr auf das Fact-Checking spezialisieren. „Im Laufe der Zeit und mit zusätzlichen Schulungen wollen wir eine voll funktionsfähige Plattform für die Faktenprüfung aufbauen“, sagt Patterson.

 

Der Beitrag entstand im Rahmen des Seminars „Auslandsberichterstattung: Berichten in der Corona-Krise“ im Master-Studiengang Journalistik am Institut für Journalistik der TU Dortmund unter Leitung von Prof. Dr. Susanne Fengler und Isabella Kurkowski. 

 

Bildquelle: pixabay.com

 

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