Die Bedeutung sozialer Medien für die Nachrichtennutzung war über Jahre gestiegen – nun stagniert die Nutzung oder ist sogar zurückgegangen. Wie der Digital News Report 2018 zeigt, war in den USA der Rückgang am stärksten, hier sank die Nutzung um sechs Prozentpunkte und auch in England und Frankreich gingen die Zahlen zurück.
Der Hauptgrund für diese Entwicklung ist, dass auf Facebook weniger nachrichtliche Inhalte gesucht, gepostet und geteilt werden. WhatsApp wird hingegen häufiger für den Austausch von Nachrichten benutzt – die Konsumenten bevorzugen offenbar privatere, weniger konfrontative Kommunikationsräume. In Malaysia und Brasilien nutzt etwa die Hälfte der befragten Onlinenutzer WhatsApp als Nachrichtenquelle, in Spanien und der Türkei ein Drittel.
Der Bericht vom Reuters Institute for the Study of Journalism in Oxford hat 74.000 Teilnehmer in 37 Ländern auf fünf Kontinenten online zu Vertrauen in die Medien, „Fake News“, Fernsehnutzung, Podcasts, Adblocker und sprachgesteuerte Assistenten befragt. Zum ersten Mal wurden auch die Themen Medienkompetenz und Markenvertrauen mit einbezogen.
Weitere Ergebnisse:
1. In allen Ländern blieb der Anteil der Menschen, die Vertrauen in die Medien haben, stabil bei 44%. Knapp mehr als die Hälfte (51%) gaben an, den Medien, die sie selbst regelmäßig konsumieren, zu vertrauen. Nachrichten, die sie über Suchmaschinen finden, halten allerdings nur 34% für vertrauenswürdig und weniger als ein Viertel (23%) traut Nachrichten aus den sozialen Medien.
2. Mehr als die Hälfte der Befragten sind besorgt oder sehr besorgt darüber, zwischen wahren und falschen Nachrichten im Netz nicht unterscheiden zu können. Besonders viel Zustimmung fand dieser Punkt in Brasilien (85%), Spanien (69%) und den USA (64%), wo eine starke politische Polarisierung auf eine intensive Nutzung sozialer Medien stößt. In Deutschland und den Niederlanden, wo die letzten Wahlen nicht von Debatten über Fake News begleitet wurden, sorgen sich hingegen nur 37% bzw. 30% um falsche Nachrichten.
3. Die meisten Befragten glauben, dass Verleger (75%) und Plattformen (71%) die größte Verantwortung tragen, wenn es um die Vermeidung von Fake News geht. Sie bemängeln auch hauptsächlich ungenaue, unzuverlässige oder fehlerhafte Nachrichten der Mainstreammedien und seltener komplett erfundene oder von ausländischen Mächten verbreitete Nachrichten.
4. Viele Mediennutzer fordern, dass der Staat gegen Fake News vorgeht, vor allem in Asien (63%) und Europa (60%). In Amerika fordern dies nur 41%.
5. Zum ersten Mal haben die Forscher auch die Medienkompetenz der Nutzer untersucht. Diejenigen, die eine höhere Medienkompetenz aufweisen, lesen öfter Zeitungen, als dass sie Fernsehen schauen und ihre Nutzung der sozialen Medien unterscheidet sich deutlich von der der restlichen Bevölkerung. Sie stehen außerdem möglichen Interventionen der Regierung zur Bekämpfung von Falschinformationen kritisch gegenüber.
6. Erstmals hat der Digital News Report analysiert, welchen Medienmarken am meisten bzw. am wenigsten Vertrauen entgegen gebracht wird. Unsere Ergebnisse zeigen, dass Marken, die einen Rundfunkhintergrund und eine lange Tradition haben, eher vertraut wird als Boulevardzeitungen oder Marken, die im Internet entstanden sind.
7. Nachrichten-Apps, E-Mail-Newsletter und mobile Benachrichtigungen gewinnen weiter an Bedeutung. Einige Nutzer beschwerten sich jedoch darüber, durch solche Dienste mit zu vielen Nachrichten bombardiert zu werden. Dies scheint unter anderem daran zu liegen, dass Anbieter wie Apple News und Upday immer mehr Meldungen verschicken.
8. Die durchschnittliche Anzahl der Rezipienten, die bereit sind für Online-Nachrichten zu zahlen, ist in vielen Ländern gestiegen. Ein deutlicher Anstieg verzeichnete sich in Schweden (+6%), Norwegen und Finnland (beide +4%). In diesen Ländern gibt es nur eine kleine Anzahl an Verlagshäusern, von denen die Mehrheit eine Paywall-Strategie verfolgt. In komplexeren und stärker fragmentierten Märkten gibt es immer noch viele Anbieter, deren Inhalte kostenlos zugänglich sind.
9. Der deutliche Anstieg der Zeitungsabonnements in den USA, der im vergangenen Jahr festgestellt wurde (auch Trump Bump genannt), ist immer noch zu spüren. In Spanien, dem Vereinigten Königreich und den USA bilden sich außerdem Spenden oder spendenbasierte Mitgliedschaften als alternative Strategien heraus. Diese Zahlungen sind eng mit politischen Ansichten verknüpft und kommen überdurchschnittlich oft von jungen Nutzern.
10. Mit einem wachsenden Wunsch für mehr Privatsphäre wächst auch der Markt für Adblocker. Mehr als ein Viertel der Befragten unterdrücken damit Werbung auf all ihren Geräten (27%). Dabei gibt es aber große Unterschiede, so nutzen 42% der Griechen Adblocker, aber nur 13% der Südkoreaner.
11. Das Fernsehen ist nach wie vor eine wichtige Nachrichtenquelle. Dennoch gehen die Zuschauerzahlen zurück, was neue Fragen über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufwirft und über dessen Fähigkeit, jüngere Generationen zu erreichen.
12. Immer noch sehen sich nur wenige Rezipienten Nachrichtenvideos direkt auf den Websites oder in den Apps der Verleger an. Über die Hälft der Videos wird über Drittanbieter wie Facebook oder YouTube angeschaut. Amerikaner und Europäer wünschen sich weniger Nachrichtenvideos online, Asiaten eher mehr.
13. Podcasts werden weltweit immer populärer, da die Qualität ihrer Inhalte sich verbessert und die Verbreitung immer einfacher wird. In den USA (33%) sind sie fast doppelt so beliebt wie in Großbritannien (18%). Gerade junge Zuhörer greifen eher auf Podcasts zurück, als das Radio anzuschalten.
14. Sprachgesteuerte digitale Assistenten wie Amazon Echo und Google Home sind auf dem Erfolgskurs und schaffen neue Möglichkeiten für die Verbreitung von Audios. Ihre Nutzung hat sich in den USA, Deutschland und England mehr als verdoppelt und die Hälfte der Besitzer nutzt die Geräte, um Nachrichten und Informationen zu erhalten.
Originalversion auf Englisch: Digital News Report: Use Of Social Media For News Falls
Der Digital News Report 2018 vom Reuters Institute for the Study of Journalism steht hier als Download zur Verfügung.
Übersetzung: Johanna Mack
Schlagwörter:Reuters Insitute for the Study of Journalism