Erstveröffentlichung: Die Furche Nr. 22/2010
Wer als „Newsjunkie“ in der Blogosphäre und in den Social Networks herumsurft, reibt sich gelegentlich verwundert die Augen, wieviel Aufmerksamkeit einzelne Postings erzielen können.
So wurde in den letzten Tagen unter Medienexperten, die sich um die Zukunft des Journalismus sorgen, ein Beitrag des amerikanischen Starjournalisten James Fallows aus der Monatszeitschrift The Atlantic herumgereicht und „gehypt“ – und das wohl vor allem, weil er gegen den Strich bürstet.
Über Jahre hinweg ist über den US-Journalismus eine Hiobsbotschaft nach der anderen hereingeprasselt, tausende Journalisten wurden arbeitslos, viele Redaktionen sind nur noch ein Torso ihrer selbst. Doch jetzt hat Fallows ausgerechnet „Google“ zum Retter des Journalismus erkoren.
Das Unternehmen, das sich über lange Zeit hinweg standhaft geweigert habe, irgendetwas mit der Produktion von Inhalten zu tun haben zu wollen, lerne umzudenken. Es habe erkannt, dass Suchmaschinen nutzlos werden, wenn sie statt wertvoller journalistischer Inhalte nur Trash im Angebot haben. Google habe deshalb eine Vielzahl von Initiativen in der Pipeline, um das künftige Wohlergehen des Journalismus zu sichern, der derzeit am Rand des Abgrunds steht.
Was bei all der Euphorie über den Perspektivenwechsel die meisten offenbar überlesen haben, steht sozusagen im Beipackzettel zu Fallows Essay. Amerikanischen Transparenz-Geboten verpflichtet, legt der Autor offen, dass er seit Jahren eng mit Eric Schmidt, dem obersten Google-Chef, befreundet ist. Das hat Fallows einerseits Zugang zum Unternehmen eröffnet, wie ihn kaum ein anderer Journalist haben dürfte. Andererseits liegt die Vermutung nahe, dass es dem Beitrag an kritischer Distanz mangeln könnte.
Weshalb man die ganze Fallows-Geschichte vielleicht am besten auch selbst ein bisschen gegen den Strich lesen sollte. Jedenfalls keimt der Verdacht auf, dass sich Fallows von Spin Doctors für den gleich mehrfach in Bedrängnis geratenen Kraken Google hat instrumentalisieren lassen – und das auch noch „just in time“, also zu einem Zeitpunkt, als der Konzern Bundesgenossen in der Journaille dringender denn je braucht.
Quellenangabe: James Fallows, How to save the News, in: Atlantic, June 2010
http://www.theatlantic.com/magazine/print/2010/06/how-to-save-the-news/8095/
Schlagwörter:Google, James Fallows, US-Journalismus