Trickkiste statt Transparenz

22. September 2022 • Aktuelle Beiträge, Digitales • von

Will ein Webseitenbetreiber Cookies setzen, braucht er die Zustimmung des Nutzers. Um diese Einwilligung zu bekommen, sind manche Anbieter sehr erfinderisch.

Cookies helfen, mit Webinhalten Geld zu verdienen. Sie sind der Startknopf für Datenprofile der Kunden beziehungsweise Website-Nutzer mit Angaben zu Alter, Interessen und mehr. Auf dieser Basis werden im „Web-Hintergrund“ Werbeplätze automatisiert versteigert und zielgruppenorientiert ausgespielt, auch Real-Time-Bidding genannt. Seiten-Betreiber, die nicht mitmachen, erhalten weniger Geld aus der eingeblendeten Werbung; deshalb wagt kaum einer, sich aus dem „Spiel“ auszuklinken.

Weil Profildaten in den Bereich unserer Selbstbestimmtheit fallen, müssen die Websitebetreiber unsere Zustimmung einholen. Das geschieht über Cookie-Banner. Das Ja muss freiwillig sein, auf fairer und transparenter Basis.

Dass die Wirklichkeit anders aussieht, zeigen Markus Reuter, Ingo Dachwitz und Thomas Seifert von netzpolitik.org. Sie haben die Cookie-Einwilligungen der 100 reichweitenstärksten deutschen Websites angesehen; darunter etwa Shopping-Portale sowie etliche Medien-Websites.

Der Befund erschreckt: Lediglich bei 16 der 100 reichweitenstärksten Websites lassen sich alle Cookies im ersten Fenster abwählen, bei nur vier steht die Ablehn-Option gleichberechtigt neben der Zustimm-Variante. Hingegen benötigt man zwölf Klicks, um sich beim Portal Sport1.de ohne Tracking zu informieren, es zu akzeptieren geht aber mit einem Klick.

Sehr beliebt: Der Markier-Trick

Wer bei Watson.de jede abwählbare Datenverarbeitung loswerden will, benötigt dafür entweder zehn Klicks oder, wenn er einmal nicht „richtig“ klickt, sogar 107 Klicks. Weit verbreitet sind manipulierende Gestaltungstricks: 77 der untersuchten Seiten nutzten den Markier-Trick: der Zustimmungs-Button ist bunt und sticht ins Auge, der Ablehnknopf ist klein, grau und geradezu versteckt.

Dieses Vorgehen widerspricht dem Willen von Datenschutzbehörden und Gesetzgeber. Die finanzielle Absicherung von Journalismus muss verbessert werden und Geldverdienen ist nicht ehrenrührig, aber manipulative Cookie-Banner sind es. Wer einen an der Nase herumführt, dem glaubt man auch sonst nicht. Gerade Medien als Website-Betreiber sollten sich dessen bewusst sein und von den Tricks absehen.

Beitragsbild: Pixabay

Erstveröffentlichung: tagesspiegel.de/18.09.2022

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