Wie Journalisten soziale Medien effektiver nutzen können

24. Juli 2019 • Digitales • von

Sowohl Journalisten als auch Nicht-Journalisten nutzen soziale Medien, aber oft bleibt die Interaktion zwischen beiden gering, bemängelt Mandy Jenkins, Geschäftsführerin der lokalen Nachrichteninitiative The Compass Experiment des US-amerikanischen Medienunternehmens McClatchy und Vorsitzende der Online News Association (ONA). Im Rahmen der „Demystifying Media“-Seminarreihe an der University of Oregon zeigte Jenkins sieben Möglichkeiten auf, wie Journalisten Social Media effektiver nutzen können.

1. Als Mittel zum gesellschaftlichen Engagement

Es war für Journalisten noch nie so einfach, die Themen, über die sie berichten, im Auge zu behalten und mit ihren Quellen und ihrem Publikum zu interagieren. Die meisten Communities sind in den sozialen Medien aktiv. Dennoch haben rund 78 Prozent der US-Amerikaner noch nie mit einem lokalen Journalisten gesprochen oder sind von ihm interviewt worden. Gesprächs- und Interviewpartner sind überwiegend weiße, ältere, gut ausgebildete Männer. Es müssen neue Wege gefunden werden, um mit Gemeinschaften sowohl persönlich als auch online in Kontakt zu treten. Eine Studie des Center for Media Engagement an der University of Texas Austin zeigte, dass sich der Grundtenor der Kommentare in den sozialen Medien verbessert, wenn erkennbar ist, dass sich ein Journalist an der Diskussion beteiligt und die Kommentare der Öffentlichkeit zur Kenntnis nimmt. Jenkins empfiehlt Journalisten, „sich die Zeit zu nehmen und mit den Kommentatoren zu interagieren“, das sei eine „großartige Möglichkeit“.

2. Indem man zeigt, wie Journalismus funktioniert

In Zeiten, in denen das Vertrauen in die Medien auf einem Rekordtiefstand ist, können soziale Medien dazu genutzt werden, journalistische Prozesse zu erklären. Die Morgenzeitung „Enid and Eagle“ aus Oklahoma, die sieben Mal in der Woche erscheint und täglich mehr als 40.000 Leser hat, fragte ihre Leserschaft auf Facebook, welche Geschichten sie gerne lesen würden. Zu oft gehen Journalisten davon aus, dass das Publikum weiß, wie Journalismus funktioniert. Einfache Dinge wie eine Ratssitzung zu tweeten oder zu teilen, worüber man heute berichtet oder mit wem man spricht, können jedoch Transparenz in die Berichterstattung bringen. Diese Art von Beiträgen mögen für Journalisten zwar banal sein, für das Publikum seien sie es aber nicht, so Jenkins. Vor allem auf lokaler Ebene können Journalisten so Verbindungen aufbauen und Transparenz zeigen.

Mandy Jenkins, Vorsitzende der Online News Association. Foto: OR Media

3. Als Feedback-Mechanismus

Journalisten sehen soziale Medien oft als Werbeplattformen. Sie sind aber auch ein Mittel, um vor, während und nach der Berichterstattung Input zu erhalten. Es möge schwierig sein, Trolle zu umgehen, sagt Jenkins, aber es gebe „da draußen“ echte Menschen mit legitimen Fragen, die Journalisten beantworten und ansprechen sollten, um ihre Arbeit zu verbessern. „Warum haben Sie mit dieser Person und nicht mit jener Person gesprochen?“ oder „Warum haben Sie diese Geschichte geschrieben, diese andere aber nicht? “ seien wichtige Fragen, die es zu berücksichtigen und zu beantworten gilt, argumentiert Jenkins und empfiehlt Journalisten, soziale Medien als Feedback-Kanal zu nutzen.

4. So wird es optisch ansprechend

Soziale Plattformen verfügen über viele digitale Werkzeuge, um Themen so visuell wie möglich darzustellen. Ein visuelles Medium zwinge einen dazu, weniger wortreich zu sein und nur die Wörter und den Kontext zu benutzen, die wichtig seien, so Jenkins. Die eigene Meinung werde dabei hintenan gestellt. Man solle aber darauf achten, dass man es nicht übertreibe und nur Posts und Bildmaterial teile, die wichtig seien und/oder gut beim Publikum ankämen.

5. Nutzung von User-Generated Content

User-Generated Content und Berichte von Augenzeugen sind die tragenden Säulen vieler Redaktionen. Sie können eine großartige Möglichkeit sein, Ressourcenprobleme zu bekämpfen, über Breaking Stories zu berichten und inhaltliche Lücken zu schließen. Wenn Fotos und Videos der Community in die Berichterstattung aufgenommen werden, ist es jedoch wichtig, nicht nur die Quelle anzugeben, sondern auch mit denen, die das Material bereitstellen, über ihre Erfahrungen zu sprechen. „Es gibt Menschen, die sich ernsthaft am öffentlichen Leben beteiligen möchten“, sagt Jenkins, „das sollte gefördert werden“.

6. Folgen Sie nicht nur Journalisten

„Es ist wirklich einfach, in sozialen Medien in einer Filterblase zu landen“, sagt Jenkins. Das offensichtlichste Beispiel dafür seien Journalisten, die nur ihren Kollegen und Meinungsführern folgen. Es sei wichtig, die Konkurrenz im Auge zu behalten, zu lernen und mit anderen Journalisten zu interagieren, aber man sollte es nicht übertreiben. Jenkins rät, mit „echten Menschen“ zu interagieren und aufzuhören, andere Journalisten beeindrucken zu wollen. Journalisten können in den sozialen Medien schnell in einer Branchenblase gefangen werden, was ihre Arbeit negativ beeinflussen kann.

7. Denken Sie daran, dass nicht jeder Social Media nutzt

Journalisten sollten nicht davon ausgehen, dass jeder ein aktiver Social Networker ist. Jenkins erinnert daran, dass Twitter eine große Falle für Journalisten sei, wenn es darum gehe, die öffentliche Meinung abzubilden. Eine Studie des Pew Research Center aus dem Jahr 2019 zeigte, dass nur 22 Prozent der erwachsenen US-Bürger Twitter nutzen.

Jedes Semester lädt die University of Oregon Referenten aus Wissenschaft und Medienindustrie zur Seminarreihe „Demystifying Media“ ein. Mandy Jenkins war von 2018 bis 2019 John S. Knight Fellow an der Stanford University. Kürzlich wurde sie zur Geschäftsführerin der lokalen Nachrichteninitiative The Compass Experiment bestellt. Sie ist Vorsitzende der Online News Association (ONA) und war 2019 Journalist in Residence an der University of Oregon.

Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels-Schwabbauer

Bildquelle: „manos“ /clasesdeperiodismo ist unter CC BY-NC-SA 2.0 lizenziert

 

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