Zwar ist der vom Arbeitsvermittler Manpower erhobene Index der in der Schweizer Tagespresse erscheinenden Stelleninserate im vergangenen Dezember zum zweiten Mal in Folge leicht angestiegen. Dies kann indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich der Markt für Stellenanzeigen in einer tiefen Krise befindet. Während das gesamte Inseratevolumen in den Schweizer Tageszeitungen zwischen 2000 und 2003 um 30 Prozent zurückgegangen ist, hatten die Stelleninserate im selben Zeitraum einen Einbruch von 60 Prozent zu verzeichnen.
Abwanderung von Rubrikanzeigen
Nicht besser ergangen ist es den Zeitungen im nördlichen Nachbarland. Gemäss einer kürzlich unter dem Titel «Zeitungsverlage im Umbruch» publizierten Studie des Beratungsunternehmens Ernst & Young* ist das Volumen der Stellenanzeigen in Deutschland in den letzten drei Jahren um fast 70 Prozent eingebrochen. Zwar seien die Stellenmärkte stark konjunkturabhängig und deshalb äusserst volatil, ein Einbruch in dieser Grössenordnung müsse aber als bisher einmalig bezeichnet werden. Die Berater sagen der Branche denn auch eine düstere Zukunft voraus. Die Zeiten hoher Gewinnmargen seien für die meisten Zeitungsverlage vorbei, und auch das «duale Finanzierungskonzept» – zwei Drittel des Erlöses aus Anzeigen, ein Drittel aus dem Vertrieb – dürfte der Vergangenheit angehören. Ernst & Young geht davon aus, dass das Rubrikengeschäft, das den Löwenanteil der Anzeigenerlöse von Tageszeitungen ausmacht, dauerhaft an die Internet-Konkurrenz verloren gehen wird. Zu gross seien die Vorteile des Internets mit seinen vielfältigen Suchmöglichkeiten gegenüber der gedruckten Presse.
Dabei seien die gerade für überregionale Zeitungen besonders wichtigen Stellenanzeigen durch das World Wide Web am stärksten gefährdet. Viele Unternehmen seien in den vergangenen Jahren dazu übergegangen, offene Stellen weitgehend über das Internet auszuschreiben; Anzeigen in Zeitungen würden mitunter nur noch aus Gründen der Imagepflege geschaltet. Dennoch vertreten 50 Prozent der im Rahmen der Studie befragten Verlagsmanager die Ansicht, dass für den Einbruch im Rubrikengeschäft in erster Linie konjunkturelle Ursachen verantwortlich sind. Eine Hoffnung, die von Ernst & Young als «weitgehend unbegründet» bezeichnet wird, denn die gegenwärtige Zeitungskrise sei ebenso sehr auf strukturelle Gründe wie etwa die Substitutionswirkung des Internets oder das sich ändernde Mediennutzungsverhalten zurückzuführen, und eine Verlagerung des Rubrikengeschäfts ins Internet sei nicht mehr aufzuhalten. Der Bericht empfiehlt den Verlagen denn auch, sich bei grossen Online-Stellenbörsen «einzukaufen». Nur so könnten sie verhindern, vollständig von einem Markt verdrängt zu werden, den sie bis vor kurzem noch beherrscht hätten.
Verhaltene Zuversicht in den USA
«Die Schlacht ist noch nicht geschlagen», meint hingegen eine im Januar erschienene Studie von Borrell Associates** zum Kampf zwischen Zeitungsverlagen und Online-Anbietern um die amerikanischen Stellenmärkte. Auch in den USA musste die gedruckte Presse in den letzten drei Jahren im Bereich der Stelleninserate zwar einen schmerzlichen Rückgang der Einnahmen von 9,1 Milliarden Dollar auf geschätzte 4,5 Milliarden Dollar hinnehmen. Und auch in den USA sind die Ursachen gemäss Borrell neben konjunktureller hauptsächlich struktureller Natur, nahm der Anteil der Internet-Anbieter am gesamten Markt für Stellenausschreibungen zwischen 1998 und 2002 doch von knapp 4 Prozent auf gut 18 Prozent zu, während die Zeitungsbranche einen Rückgang von 51 Prozent auf 38 Prozent zu verzeichnen hatte. Besonders im Regional- und Lokalbereich, der rund 60 Prozent zum Gesamtumsatz aus Stellenausschreibungen beisteuert, sei der Markt aber noch fest in der Hand der Verleger. Ferner beginne auch das gemeinsame Vorgehen der Verleger im auf 3,1 Milliarden Dollar geschätzten Internet-Stellenmarkt Früchte zu tragen. So hätten im vergangenen Jahr Zeitungs-Websites zusammen mit Verlags-Joint-Ventures wie Career-Builder und Career-Site umsatzmässig mit dem Marktführer Monster.com gleichziehen können.
Preise unter Druck
Wie Ernst & Young kommt aber auch die Studie von Borrell zum Schluss, dass das Internet die Anzeigenpreise der Zeitungen unter Druck setzen werde. So überrascht es nicht, dass der Schweizer Werbeauftraggeber-Verband, dessen Mitglieder immerhin 70 Prozent des hiesigen Werbeaufkommens verteilen, den Verlegern gedroht hat: «Wenn die Zeitungsverleger nun nicht endlich handeln und faire Preise für Stelleninserate offerieren, werden sie zur Kenntnis nehmen müssen, dass es auch andere Möglichkeiten gibt, Personal zu rekrutieren.»
* www.ernst-young.de
** www.borrellassociates.com
Schlagwörter:Geschäftsmodelle, Stelleninseraten, Werbeaufkommen