Ein neues Mediengesetz verspricht freie und unabhängige Medien in Turkmenistan – und ruft zugleich große Skepsis hervor. Denn es will einfach nicht zu dem Land passen, das bisher von extremer Medienzensur geprägt war.
Das Gesetz scheint ein zu großer erster Schritt zu sein, um die Unterdrückung der Journalisten und die Feindseligkeit gegenüber freien Medien zu überwinden. Internationale Medienorganisationen und politische Institutionen sehen in dem Inhalt des Gesetzes ein leeres Versprechen – und einen Versuch, die internationale Gemeinschaft zu besänftigen.
In der diesjährigen Rangliste der Pressefreiheit der Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen ist Turkmenistan nach wie vor eines der Schlusslichter weltweit, nur Eritrea und Nordkorea werden in punkto Medienfreiheit noch schlechter bewertet.
Die amerikanische Medienfreiheitsorganisation Freedom House hat Turkmenistan in ihren Bericht „Worst of the Worst 2012: The World’s Most Repressive Societies“ („Die Schlimmsten der Schlimmsten 2012: Die repressivsten Gesellschaften der Welt“) aufgenommen und schildert dort, wie stark die turkmenische Regierung die Meinungs- und Medienfreiheit eingrenzt, indem sie alle Rundfunk- und Printmedien kontrolliert.
So gehörten bislang alle Medienunternehmen dem turkmenischen Präsidenten Gurbanguly Berdimuhamedov; mit einer Ausnahme. Die Zeitung Rysgal wurde vor zwei Jahren von einer Unternehmervereinigung gegründet. Trotz der scheinbaren Unabhängigkeit des Mediums vom Staatsapparat muss jede Ausgabe vor dem Druck von der turkmenischen Regierung genehmigt werden.
Laut des neuen Gesetzes sind die turkmenischen Medien nun „frei“. Das Gesetzeswerk spricht sich gegen die „Monopolisierung der Medien“ aus und erklärt, dass jeder Bürger nun ein Medienunternehmen besitzen dürfe. Die Regierung wolle sogar private Investitionen in die Medienindustrie subventionieren.
Das neue Gesetz erlaubt den fünf Millionen Einwohnern Turkmenistans auch erstmals Zugang zu Nachrichtenmedien aus dem Ausland. Bislang wurde das Internet stark von der Regierung kontrolliert und die meisten Websites gesperrt; zudem ist das Internet so teuer, dass sich nur wenige Turkmenen einen Anschluss leisten können. Sattelitenschüsseln, die die Bürger Turkmenistans mit Nachrichten aus den Nachbarstaaten Türkei und Russland versorgt hatten, wurden 2011 abgebaut – mit der Begründung, dass sie „hässlich“ seien. Die Erschließung von Informationsquellen aus dem Ausland über das Internet wäre für die Turkmenen ein erster großer Schritt Richtung Medienfreiheit.
Die Widersprüchlichkeit, die sich innerhalb des Gesetzeswerks findet, gibt allerdings Anlass zur Besorgnis. Während ein Gesetzesartikel erklärt, dass keiner die Medien davon abhalten könne, Informationen von öffentlichem Interesse zu verbreiten, legt ein anderer Artikel dar, dass die Medien weiterhin vom Staat reguliert würden. Zudem besagt eine Klausel, dass alle neuen Freiheiten nach Belieben aufgehoben werden könnten, um die verfassungsmäßige Ordnung sowie die Gesundheit, Ehre und Würde der Bürger zu schützen.
Diese Widersprüche schmälern die Glaubwürdigkeit der Reformen und lassen fürchten, dass sie nicht den ersehnten Durchbruch für die Pressefreiheit in Turkmenistan bringen.
„Auf dem Papier machen sich einige Artikel des Gesetzes sehr gut“, meint Christoph Deloire, Generalsekretär von Reporter ohne Grenzen, „aber es grenzt ans Lächerliche, wenn man sich die Realität der journalistischen Praxis in Turkmenistan anschaut.“
Originalversion auf Englisch: Turkmenistan: False Hope for Media Freedom
Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels
Bildquelle: sarflondondunc / Flickr.com
Schlagwörter:Freedom House, Gurbanguly Berdimuhamedov, Pressefreiheit, Rangliste der Pressefreiheit, Reporters without Borders, Turkmenistan