Murdoch nützt dem guten Journalismus

1. August 2011 • Qualität & Ethik • von

Wenn das Leben gerecht ist, dann verschafft uns Rupert Murdoch letztlich eine radikale Besinnung auf guten Journalismus. Drei Begründungen.

Erstens: 4000 Menschen soll Murdochs britisches Revolverblatt „News oft he World“ ausspioniert und abgehört haben. Als bekannt wurde, dass die Redaktion das Handy eines ermordeten Mädchens hortete, um die Leserschaft mit Botschaften an die noch am Leben Geglaubte zu versorgen, entflammte der schwelende Skandal und trieb selbst die an extrem gemeinen Boulevardjournalismus gewöhnten Briten auf die Barrikaden.
Wenn das Leben gerecht ist, dann dürfen wir hoffen, dass sie nun auf lange Sicht genug haben an solcherlei Menschenverachtungs-Journaille und sich besinnen, dass auch ein solider Boulevard genügt – unterhaltsam, seicht, auch gefühlsduselig…, aber nicht fies.

Zweitens: Murdoch kauft gerne Medien, weil sie ihn reich und einflussreich machen.  In Großbritannien ging er in Downing Street No. 10 ein und aus, seine Leute fanden sich im Beraterstab von Premier David Cameron, der gewaltig rudert, um sich noch im Amt zu halten. In den USA bietet Murdoch über seinen Sender „Fox News“ Konservativen Plattform und Heimstatt für ihre Tea-Party-Bewegung, ließ sie auf Barack Obama schießen mit Beiträgen, in denen „nachgewiesen“ wurde, wie sehr der amerikanische Präsident Weiße diskriminiere. Ein Portfolio mit Titeln, deren Einfluss auf der Furcht vor ihren Gemeinheiten beruht, wie eben „News of the World“ oder „New York Post“, und mit Renommiermarken wie dem „Wall Street Journal“ als Tür in die amerikanische Geschäftswelt, macht alles möglich, auch das Risiko, zu verkommen. Ausgerechnet im „Wall Street Journal“ wurde der „News of the World“-Skandal umgedeutet in einen Angriff auf die Pressefreiheit. Wenn die Welt gerecht ist, dann wird dies Politiker und Manager aufrütteln, sich nicht länger so gängeln zu lassen.

Drittens: Murdoch gehört zur Spezies der Mogule. So nannte man einst sagenhafte indische Herrscher, denen wir auch Bauten wie Taj Mahal verdanken. Briten beendeten im 19. Jahrhundert deren Einfluss und degradierten ihr Reich zur Kolonie. Es scheint, als neige sich nun die Zeit der modernen Mogule, der Medienmogule, dem Ende zu. Hans Dichand (Wien) und Leo Kirch sind tot, Berlusconi kämpft ums politische Überleben, Murdoch senior (und junior) schaufeln mit Aussagen, von nichts etwas gewusst zu haben, ihr eigenes Grab.

Wie Phönix aus der Asche wird hieraus eine neue Generation aufsteigen von im Journalismus-Handwerk und in journalistischer Ethik gut ausgebildeten Menschen. Es werden Bewegungen wachsen wie „Media Reform“ in den USA, die  durch Finanzierungen über Stiftungen und andere Modelle den Journalismus aus den Fängen fast nur noch  profitorientierter Mechanismen befreien, der informellen Gleichschaltung entreißen und neuer Relevanz und Aktualität zuführen. Das wäre jedenfalls nur gerecht.

Erstveröffentlichung: Kölner Stadtanzeiger vom 28.7.2011

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