Finnische Medien haben einen internationalen Ansatz gewählt.
Es lassen sich vier Trends in der Art und Weise ausmachen, wie die finnischen Medien auf die Corona-Krise reagiert haben.
– Transnationale Berichterstattung
Seit der Verbreitung von COVID-19 in Italien ist die Berichterstattung in Finnland vor allem transnational. Anstatt sich in erster Linie mit den Auswirkungen zu befassen, die das Virus auf die finnische Bevölkerung haben könnte, konzentrieren sich die Nachrichten und Kommentare auf andere Länder.
Die Länder, die die meiste Aufmerksamkeit auf sich zogen, waren anfangs China und Italien, wobei regelmäßig Vergleiche zwischen dem Fortschreiten der Krankheit in diesen beiden Ländern angestellt wurden, aber die Berichterstattung wurde dann auch auf andere Regionen ausgedehnt, vor allem auf die EU-Staaten, die anderen nordischen Länder und die USA.
Zusätzlich zu den Statistiken, die die Ausbreitung der Krankheit veranschaulichen, vergleichen die finnischen Medien die Maßnahmen, die von den verschiedenen Ländern als Reaktion auf die Situation ergriffen wurden, und über die Reaktionen der Bevölkerung berichtet. Die Korrespondenten spielen dabei eine Schlüsselrolle; ihre Beiträge sind nicht nur in den Fernsehnachrichten, sondern auch in den Online-Medien und großen Zeitungen von entscheidender Bedeutung. Die “allgemeineren” Berichte der Nachrichtenagenturen spielen eine untergeordnete Rolle.
Ein gutes Beispiel dafür ist ein Bericht über die Situation in Italien, der am 17. März auf der Nachrichtenwebsite des finnischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks YLE veröffentlicht wurde.
– Eine Pause von der politischen Polarisierung
Die Polarisierung zwischen der politischen Elite und nationalistisch-populistischen Elementen war in den letzten Jahren in vielen europäischen Ländern ein immer wiederkehrendes Thema, und Finnland bildet da keine Ausnahme. Die Polarisierungstendenz in Finnland hat sich im vergangenen Jahr noch verstärkt, seitdem die Koalitionsregierung von Mitte-Links-Parteien mit Frauen an der Spitze dominiert wird.
Zunächst war die Regierung in Bezug auf COVID-19 vorsichtig und berief sich auf den Rat von Experten aus dem Bereich der Epidemiologie und der öffentlichen Gesundheit. Am 12. März wurde die Strategie abrupt geändert und strengere Vorschriften eingeführt: Schulen und Grenzen wurden geschlossen, den Menschen wurde geraten, zu Hause zu bleiben, usw.
In den Medien und auf Social Media löste der Strategiewechsel der Regierung fast ausschließlich positive Reaktionen aus. Er hat dazu beigetragen, die Einheit und das Gefühl der Solidarität zu fördern – nicht nur innerhalb der finnischen Bevölkerung, sondern auch gegenüber den sozialen Gruppen, die von der Krise am stärksten betroffen sind, wie zum Beispiel ältere Menschen, Selbständige und Menschen in unsicheren Arbeitsverhältnissen.
Hierzu bietet die Tageszeitung Aamulehti aus Tampere (die zweitgrößte Tageszeitung des Landes) ein gutes Beispiel.
– Fehlinformationen entlarven
Wie Maria Pettersson, Chefredakteurin des Magazins Journalisti, das vom finnischen Journalistenverband herausgegeben wird, am 17. März im öffentlich-rechtlichen Sender YLE sagte, ist die Berichterstattung über die Corona-Krise als glaubwürdig und vertrauenswürdig einzustufen. Auch meines Wissens nach haben die Nachrichtenmedien keine Berichte veröffentlicht, deren Richtigkeit in Frage gestellt werden müsste. Stattdessen haben Medien proaktiv Fehlinformationen über das Coronavirus entlarvt, die über Social-Media-Plattformen verbreitet wurden. Einige von ihnen befürworteten „alternatives Wissen“, um die Autorität medizinischer Experten zu untergraben. Die Journalisten etablierter Medien sind sich der Informationsverwirrung bewusst und thematisieren dies in ihrer Berichterstattung und in TV-Debatten.
– Chancen für Datenjournalismus
Während der Datenjournalismus seit einigen Jahren in der Entwicklung ist, wurden als Reaktion auf die Corona-Krise mehr Ressourcen für datenjournalistische Experimente bereitgestellt. Die „flatten the curve“-Animation hat sich als besonders gute Quelle der Inspiration erwiesen. Mit ihrer Hilfe kann erklärt werden, wie schnell sich das Virus ohne soziale Distanz ausbreiten kann. Das Modell wurde von Adam Kucharski, Epidemiologe an der London School of Hygiene and Tropical Medicine, entwickelt und dann zuerst von der Washington Post veröffentlicht. Die finnische Tageszeitung Helsingin Sanomat veröffentlichte am 17. März einen Bericht mit animierten Simulationen, die von Kucharski und der Washington Post inspiriert wurden.
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