Heilen mit Krokodilblut: Fakes zum Virus in Georgien

3. Juli 2020 • Aktuelle Beiträge, Internationales, Qualität & Ethik • von

Fact-Checking-Expertin Sopho Gelava beschreibt, wie sich Falschmeldungen und Verschwörungstheorien zum Coronavirus in Georgien verbreiten und analysiert, was es mit diesem Phänomen auf sich hat.

Wie in vielen anderen Ländern verbreiten sich auch in Georgien während der Corona-Pandemie Fake News und Verschwörungstheorien rasant. Diese lassen sich in zwei Kategorien einteilen: Zum einen „Clickbaits“, also Inhalte, die so gestaltet sind, dass sie ihren Urhebern möglichst viel Traffic und Geld einbringen, und zum anderen Inhalte mit einer politischen Agenda, deren Ziel es ist, das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Behörden und die Corona-Politik des Landes zu untergraben.

Clickbaiting: Wunderheilung durch Krokodilblut 

Clickbaits zum Thema Corona erscheinen sowohl in den traditionellen als auch in den digitalen Medien. Letztere versuchen stets, den Traffic auf ihren Seiten und damit ihren Umsatz zu erhöhen. Vielfach ist die Rede von Corona-Wunderheilungen. Andere Websites greifen Aussagen von Populisten auf. Wieder andere bereiten bereits bekannte Verschwörungstheorien neu auf, z.B. den 5G-Mythos.

So veröffentlichte laut der Fact-Checking-Plattform Myth Detector, gegründet von der Media Development Foundation (MDF), die Website Progressnews einen Beitrag über den Homöopathen Kakha Sabakhtarashvili, der behauptet, Covid-19 mit Krokodilblut heilen zu können

Eine andere Zeitung, das Boulevardblatt Alia, brachte ein Interview mit einem Mann, der behauptet, Phytomediziner zu sein und ein Mittel, „Corvirant”, zu besitzen, das effektiv Atemwegserkrankungen wie Covid-19 heilen könne. Dafür, dass so ein Mittel existiert, gibt es jedoch keine Belege.

Viele Websites versuchen, das große öffentliche Interesse zu kapitalisieren. Ihr Ziel sind Umsätze: Mithilfe von Fake News zum Coronavirus, reißerischen Headlines und bunten Darstellungen soll Aufmerksamkeit generiert werden. Dadurch werden Klicks erhöht und als Folge steigt der Umsatz, denn mehr Leser bedeuten höhere Preise für Werbeanzeigen.

Einige Websites haben einen Weg gefunden, ihre Inhalte so zu gestalten, dass sie auf Patriotismus und die vermeintliche Einzigartigkeit der Georgier abzielen. Beispielsweise brachte die Seite Alternews eine Geschichte, in der behauptet wird, Blut von Menschen aus Georgien habe besondere Inhaltsstoffe, mit denen man Covid-19 behandeln könne. Die Story ging sofort viral. Eine andere Website behauptete, das Blut eines georgischen Mannes sei genutzt worden, um einen deutschen Covid-19-Patienten zu heilen. Der Beitrag wurde mit einem zwei Jahre alten Foto versehen, das damals von der Panamerikanischen Gesundheitsorganisation (PAHO) veröffentlicht wurde, um Menschen zur Blutspende zu motivieren.

Clickbaiting wird auch bei bereits bestehenden Verschwörungstheorien wie dem 5G-Mythos eingesetzt, der besagt, dass das 5G-Netz Coronaviren übertrage. Eine Recherche von Myth Detector zeigte, dass die Seiten, die diese Inhalte posten, in einem Netzwerk agieren, in dem entsprechende Verschwörungstheorien häufig auftauchen. Die Art der Werbung auf diesen Seiten legt nahe, dass hier Fake News genutzt werden, um Umsatz zu generieren.

Das Narrativ ist pro-Kreml

Auch einige politische Kräfte versuchen, aus der Corona-Krise Kapital zu schlagen, und verbreiten beispielsweise pro-Kreml ausgerichtete Botschaften.

Dabei werden die USA und ihre Forschungslabore – wie beispielsweise das Richard Lugar Center for Public Health Research in Tiflis, bekannt als „Lugar Lab” – dämonisiert. Das Labor in Tiflis steht bereits seit Jahren im Mittelpunkt der Kreml-Propaganda. Seit Beginn der Pandemie gibt es dazu mehrere Narrative und Verschwörungstheorien, die nicht der Wahrheit entsprechen:

  • Die USA und das „Lugar Lab” entwickeln Biowaffen in Form von Viren, die sie aus Fledermäusen gewinnen.
  • Das „Lugar Lab” sammelt mit Unterstützung der EU biologische Proben entlang der regionalen Grenze zwischen Südossetien (von Russland als souveräner Staat anerkannt) und dem Einflussgebiet der georgischen Hauptstadt Tiflis.
  • Die Bedeutung des “Lugar Lab” in der Bekämpfung der Pandemie wurde übertrieben.

Die Fake-News-Kampagne des Kremls ist nicht neu. Bereits bevor das neuartige Virus auftauchte, beschuldigten pro-Kreml-Quellen das Labor, unter anderem die Schweinegrippe, das Zika-Virus, die marmorierte Baumwanze und die afrikanische Schweinepest verbreitet zu haben. Die Datenbank EUvsDisinfo listet 57 Fälle von Desinformation im Kontext des „Lugar Lab” auf.

 

Übersetzt aus dem Englischen von Roman Winkelhahn.

 

Bildquellen: Myth Detector

 

Zum Thema auf EJO: Anti-westlich, pro-russisch: Fake News in Georgien

 

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