Siegfried Weischenberg hat ein grosses Werk über Max Weber verfasst. Es ist eine Fundgrube für jeden, der sich mit der Bedeutung der Medienforschung gründlicher beschäftigen will.
Was machen Medienforscher, wenn sie kurz vor oder lange nach der Pensionierung noch im Vollbesitz ihrer Geisteskraft und Analyseschärfe sind? Sie zeigen den Jungen noch einmal so richtig, was sich stemmen lässt – endlich befreit von den Mühlsteinen der Hochschulbürokratie und von zu vielen gelangweilten, auf Wissenschaft nur noch wenig neugierigen Studierenden.
Der seinerzeit bereits über 80-jährige Doyen der Schweizer Kommunikationsforschung, Ulrich Saxer, hat uns mit der „Mediengesellschaft“ sein Opus magnum hinterlassen – 968 Seiten stark. Hans Mathias Kepplinger, der wohl produktivste Empiriker seiner Generation, sichtet derzeit sein Lebenswerk und republiziert seine wichtigsten Erkenntnisse. Und Siegfried Weischenberg, gewiss einer der streitbarsten deutschsprachigen Journalismusforscher, hat sich jetzt mit zwei ehrgeizigen Bänden zu Max Weber auf die fachgeschichtliche Spurensuche begeben – nicht nur, um zu zeigen, dass der Soziologe, Ökonom, Jurist und Empiriker auch ein grosser Medienforscher war, sondern auch, auf welch absurden Umwegen die noch junge, mehrfach umbenannte Zeitungs-, Publizistik- und zuletzt Kommunikations- und Medienwissenschaft immer wieder zu Weber zurückgefunden hat.
Rein quantitativ betrachtet, bleibt Weischenberg mit knapp 840 Seiten vorerst noch hinter dem Vermächtnis Saxers zurück. Aber imposant ist seine doppelte Rückschau auf 100 Jahre Weber‘sche Wirkungsmacht und kommunikationswissenschaftliche Fachgeschichte allemal – auch neben und nach all den anderen Würdigungen, die bereits zum 150. Geburtstag des Sozialforschers vorgelegt wurden, die aber eben nicht dem Mediensoziologen Max Weber nachspürten.
Im ersten Band beschäftigt sich Weischenberg mit Webers Erbe vor allem theoriegeschichtlich. Er breitet das – später gescheiterte – Grossprojekt einer Zeitungsenquete noch einmal aus, das Weber 1910 dem Ersten Deutschen Soziologentag vorstellte. Mit ihm hatte Weber unstrittig die Saat für die empirische Publizistikforschung bestellt, selbst wenn diese in Deutschland erst Jahrzehnte später nach den beiden Weltkriegen so richtig aufblühte. Webers Enquete zielte darauf, die Medien- und Journalismusforschung von Anbeginn an innerhalb der Soziologie zu einem zentralen Thema zu machen, aber dem widersetzten sich andere Soziologen, und Webers Forschungsvorhaben, nach heutigen Massstäben so etwas wie ein „nationales Forschungsprogramm“, scheiterte zu guter Letzt am fehlenden Geld. Im Gefolge präsentiert Weischenberg – und hier beginnt bereits eine etwas abenteuerliche Gratwanderung – vor allem Jürgen Habermas und Niklas Luhmann als die angeblichen Erben Webers.
Im zweiten Buch versucht Weischenberg sich an einer bibliometrischen Spurenlese zu Max Weber am Beispiel der 400 wichtigsten kommunikationswissenschaftlichen Werke. Weischenberg möchte zeigen, wie sich „Weber’sche Anregungen, Kategorien und Begriffe“ in der empirischen Journalismusforschung niedergeschlagen haben. Er verspricht nichts weniger als ein „vorläufiges Fazit zur Vermessung der Medienwelt in den vergangenen 100 Jahren“, eine „Mischung aus ,Kassensturz‘ und ‚Aufräumarbeiten‘ “.
Beide Bücher sind fraglos spannend – und obendrein Fundgruben für jeden, der sich mit der Fach- und Wirkungsgeschichte der Medienforschung etwas gründlicher beschäftigen möchte. Problematisch werden die Bewertungen des Autors allerdings dann, wenn der Polemiker Weischenberg dem Medienforscher Weischenberg in die Quere kommt.
So finden etwa Emil Dovifat, einer der Gründerväter der deutschen Zeitungswissenschaft, die sich in den zwanziger Jahren von der Soziologie abspaltete, sowie seine Schülerin Elisabeth Noelle-Neumann wegen ihrer Verfehlungen im Dritten Reich nach wie vor keine Gnade vor Weischenberg, der zum Gesinnungsethiker werden kann, wenn er sich doch eigentlich als Empiriker auf Spurensuche begeben wollte. Es ist schon nicht mehr raffiniert, sondern schlitzohrig, wie er solide Quellen – wie etwa den Dovifat-Biographen Klaus-Ulrich Benedikt – zwar erwähnt, dann aber letztlich doch übergeht und sich bei seiner Würdigung so ausführlich wie irgend möglich auf windigere Zeugen stützt, um Dovifat einmal mehr am Zeug zu flicken.
Bei Dovifat übersieht Weischenberg geflissentlich, was dieser mit seinem Frühwerk „Der amerikanische Journalismus“ geleistet hat – sogar als Pionier einer empirisch-vergleichenden Journalismus-Forschung, die Weischenberg so am Herzen liegt, dass er sie als ein besonderes Anliegen Webers mehrfach hervorhebt.
Elisabeth Noelle, die viel stärker im Fach verankert war als die beiden Säulenheiligen Weischenbergs, Habermas und Luhmann, und die international kaum minder Strahlkraft entfaltet hat als die beiden Grosstheoretiker, wird zwar dank ihres Netzwerks zu den „heimlichen Herrschern in Deutschland – seit Adenauer und wohl bis nach Kohl“ gezählt und verklärt. Ihre Verdienste um die Demoskopie und ihr Hauptwerk, die Schweigespirale, werden dagegen eher am Rande, zum Teil sogar nur in Fussnoten, erwähnt. Dabei spürt gerade diese Theorie mittlerer Reichweite menschlichem und journalistischem Herdentrieb nach – man ist versucht zu sagen: in bester Weber’scher Tradition. Die Schweigespirale wurde übrigens soeben vom renommierten amerikanischen Pew Center wieder aufgegriffen, um zu er klären, wie soziale Netzwerke den öffentlichen Diskurs verändern und letztlich die politische Spaltung unserer Gesellschaften vorantreiben.
So geht es leider mit der „durchschaubar strategischen Werkauslegung“, die der Autor gerne anderen unterstellt, immer weiter. Zum Schmunzeln lädt das ganze Unterfangen trotzdem ein: Ausgerechnet Weischenberg, der wie kaum ein anderer in der Journalismusforschung für Systemtheorie und Konstruktivismus steht, muss beim Aufarbeiten der Fachgeschichte immer wieder konzedieren, dass die Welt eben nicht nur aus Systemen und dem Weber’schen „Gehäuse der Hörigkeit“ besteht, sondern auch aus mitunter charismatischen Persönlichkeiten, die mit ihrem Handeln und Entscheiden die Welt und damit die „Systeme“ verändern. Bei Weber war das, auch weil er von der Jurisprudenz und der Ökonomie her kam, stets mitgedacht. Lupenreinen Systemtheoretikern musste man diese „Einsicht“ indes erst wieder beibringen.
Den Versuch, die Journalismus-Theorie interdisziplinär um ökonomische Dimensionen und damit handlungs- und entscheidungstheoretisch anzureichern, kanzelt Weischenberg noch heute als „unterkomplex“ und als „propagandistische Aktivität“ ab – was sich auch so deuten lässt, dass sich der Weischenbergsche Mainstream der Kommunikationswissenschaft offenbar zu fein dafür ist, sich mit dem Werk von Nobelpreisträgern der Wirtschaftswissenschaft wie George A. Akerlof, Kenneth Arrow und Herbert A. Simon auseinanderzusetzen. Spätestens an dieser Stelle schiesst Weischenberg ein neuerliches Eigentor – und jeder weitere Versuch, Max Weber für sich zu reklamieren, wird irgendwie unglaubwürdig.
An einem nicht ganz unwichtigen Punkt folgt Weischenberg dann übrigens doch den von ihm ungeliebten Ökonomen: Er stellt Bezüge zwischen Webers Bürokratieforschung und der heutigen Wissenschaftswelt her und konstatiert, die Universitäten entwickelten sich mit zunehmender Tendenz „zu Organisationen, deren Bürokratisierung die Autonomie des wissenschaftlichen Personals einschränkt, kreative Forschung behindert und Opportunismus belohnt“. Dieser „Geist von Bologna“ entspringe „übrigens nicht, wie viele glauben, der neoliberalen Ideologie des Kapitalismus, sondern eher der anachronistischen Bürokratie der Planwirtschaft“.
Weischenberg schöpft aus seinem über Jahrzehnte hinweg gutgefüllten Zettelkasten, zeigt aber wenig Bereitschaft, Fachkontroversen, die im Rückblick eher skurril wirken, distanziert, neu und fair zu bewerten. Seine doppelte „Fachgeschichte von Theorien und Querelen“ zeigt zwischen den Zeilen immer wieder, wie sehr weiterhin Abneigungen und Sympathien, Glaubensfragen und Ideologien (etwa zu Markt- und Staatsversagen, aber auch zu Medienwirkungen) den durchrationalisierten und angeblich so empirie-gesättigten Wissenschaftsbetrieb prägen – und damit auch unfreiwillig, wie sehr im Wissenschaftsbetrieb der „Erkenntnisfortschritt“ Ausprägungen menschlichen Herdentriebs geschuldet ist, der diesen Fortschritt leider wohl öfter behindert als befördert.
So ist ein überaus ambitioniertes Vorhaben wohl doch nur partiell umgesetzt worden. Die Standort-Neubestimmung des Fachs wird von Weischenberg zwar eingefordert, aber die Chance zum Neuaufbruch, der alte Scharmützel und Grabenkriege beenden könnte, verspielt er leider. Es ist ja kein Zufall, dass die so wichtige öffentliche Diskussion um die Medienrevolution, die wir gerade durchleben, weithin unter Ausschluss der deutschsprachigen Medien- und Kommunikationswissenschaft stattfindet. Ganze Generationen von Studierenden wurden von ihren Professoren über Jahrzehnte hinweg damit gequält, ihre empirischen Forschungen zu den Theoriegebäuden von Luhmann oder Habermas „anschlussfähig“ zu machen. So haben die beiden Grosstheoretiker und ihre Epigonen allesamt auf ihre Weise dazu beigetragen, dass das Fach auf seinem deutschen Sonderweg den Anschluss an die Medienpraxis und über eine lange Zeit hinweg auch an die internationale Forschung verloren hat und in der Öffentlichkeit nach wie vor kaum wahrgenommen wird.
Webers Erben sind wohl doch eher Noelle und Kepplinger als Luhmann und Habermas, da mag Weischenberg noch so sehr strampeln und sein Vorurteil kultivieren, Kepplinger betreibe „keine ‚wertfreie Journalismusforschung‘ im Sinne des Weber’schen Postulats“, weil seine Studien geprägt seien „von Misstrauen gegenüber einem Journalismus, der Eigeninteressen vertritt und Standesprivilegien verteidigt und bis zu einem gewissen Grade blind ist für die Belange eines demokratisch verfassten Gemeinwesens“. Genau damit haben sich Noelle und Kepplinger in der Tat ihre bleibenden Verdienste um das Gemeinwesen und um den Journalismus erworben, aber dieser Einsicht verweigert sich Weischenberg standhaft. Vermutlich ist das kein Zufall, denn als Vorsitzender des Deutschen Journalisten-Verbands war er ja ein paar Jahre lang der Chef-Lobbyist dieser Berufsgruppe.
Mehr Informationen:
Siegfried Weischenberg, Max Weber und die Entzauberung der Medienwelt. Theorien und Querelen – eine andere Fachgeschichte, Wiesbaden: Springer VS, 2012
Siegfried Weischenberg, Max Weber und die Vermessung der Medienwelt. Empirie und Ethik des Journalismus – eine Spurenlese, Wiesbaden: Springer VS, 2014
Erstveröffentlichung: NZZ am 30.12.2014
Bildquelle: Evan Bench/flickr.com
Schlagwörter:Elisabeth Noelle, Forschung, Kommunikationsforschung, Max Weber, Medienrevolution, Medienwelt, Medienwissenschaft, Siegfried Weischenberg
Danke für diese Beschreibung der Misere einer fragmentarisch vorliegenden Mediensoziologie, die wie immer von Max Weber als großem Fragmente Theoretiker als Steinbruch hinterlassen wurde. Spannend finde ich im Beirag die mögliche zukuenftige Perspektive auf das, was eine empirische, ernst zu nehmende Mediensoziologie, die als Soziologie sich die Realität der Medien (in den medien und eben auch den populären Medieninhalten ) als Forschungsfeld erschließt und mit Hilfe der soziologischen Theorien sich stärker die dort agierenden Figurationen (z.B. von PR und Journalismus) und den Vertrauensbeziehungen durch die Medien widmen würde, um diese empirischen Ergebnisse dann in eine allgemeine Theorie der Gesellschaft zu integrieren. Denn es gibt sie bisher nicht. Es gibt einen Steinbruch von nebeneinander stehenden Zahlen und Befindlichkeiten, mit denen die Massenmedien “erklärt” werden. Ein echter Forschungsskandal verbirgt sich hinter einer Fülle von Literatur, wen es stimmt, dass “Die wahre Soziologie der Kommunikation harrt … (so der Berliner Soziologe Dr. Harald Wenzel Stand 2001, und aus diesem Zeitraum stammt m.E. eine letzte aufsummierende Darstellung einer Soziologie der Massenmedien, die diesen Namen verdient hat) … noch der befriedigenden Ausarbeitung”. (Wenzel , 2001) In dieser Studie hat Harald Wenzel unter der Überschrift Echtzeitmassenmedien die Geschichte der Erforschung der Massenmedien und die Leistungen von Sozialtheorien in diesem Feld der Echtzeitmassenmedien beleuchtet. Dazu gehören aber eben auch bereits die Zeitung, Hörfunk und das Fernsehen. Wir klammern hier zunächst mal bewußt das Internet und die Social Media Plattformen als heißeste Massenmedien aus. Klar, gibt es sowas wie eine Massen- Mediensoziologie Literatur und einen Theoriefundus, der aber kaum empirisch gewonnen wurde, sondern – sagen wir es mal so, eher von der Distinktion und dem Ekel (der soziologischen Forscher und Medienphilosophen von Habermas bis Luhmann, auch Bourdieu ) vor der Masse in den Medien geprägt zu sein scheint. Doch sehen wir einmal an, was uns die Geschichte der Mediensoziologie dazu erhellendes zu liefern bisher bereit war: Back to the roots, und da sind wir dann wieder bei Max Weber: Es mag ja sein, dass Max Weber bereits auf dem Soziologentag 1910 dunnemals die soziologische Erforschung der Zeitung – als Urgestein einer Mediensoziologie gefordert hat- Eingelöst wurde dieses Vorhaben aber weder von Weber selbst, der leider 1920 verstarb. noch von seinen Mitstreiterinnen und Mitstreitern der DGS. Der eigentlich skandalöse Befund, als Ergebnis der Spurensuche, die Harald Wenzel in seinem 2001 erschienen Buch “Die Abenteuer der Kommunikation- Echtzeitmassenmedien und der Handlungsraum der Hochmoderne” (und die in in der Soziologie leider folgenlos geblieben ist!) in mehreren Kapiteln unternimmt und zusammenfasst: „Bedenkt man, dass das Thema der Massenmedien und der massenmedialen Öffentlichkeit der Soziologie und der Sozialtheorie immer wieder angesonnen worden ist, ist das – recht besehen- ein ausgewachsener Skandal. Eine befriedigende Auseinandersetzung der Sozialtheorie mit dem Thema ist tatsächlich bis heute überfällig. Schon Max Weber schlägt in seinem Geschäftsbericht zum Ersten Deutschen Soziologentag 1910 eine Enquete (das ist ein Auftrag zur empirischen Untersuchung mittels Fragebogen …) über die “Soziologie des Zeitungswesens” vor. Zu deren Durchführung kommt es nicht. Ferdinand Tönnies Arbeit “Kritik der öffentlichen Meinung“ von 1922 verliert sich in unproduktiven Unterscheidungen und findet keinen Nachhall.“ Machen wir mit ihm den Sprung nach Amerika, um uns vor der protofaschistischen Volksaufklärung und der Propaganda zu bewahren, dann landen wir – so Wenzel – zwar in einem fruchtbaren Feld, z.b. bei John Dewey und Walter Lippman, die – lange vor Habermas und von diesem schlicht ignoriert – sich mit der Rolle der Öffentlichkeit als hergestellter Öffentlichkeit , zur Gewinnung parasozialer Legitimation und zur Integration einer Gesellschaft im großen weiten Land der USA beschäftigen. Wir machen aber dort kurz Halt- im Schmelztiegel der Stadt Chicago, und dem was dort die amerikanische Soziologie zu einem Fragment einer Mediensoziologie, die die Erkenntnisse der Publizistikforschung aufgenommen hat, beitragen konnte: „Der Chicagoer Soziologe Robert Park kann noch 1923 behaupten : „Es ist eine Tatsache, daß wir nicht viel über die Zeitung wissen. Sie ist nie erforscht worden.” Oops. Im Westen auch nix Neues? Doch. Robert Park war Journalist, bevor er mit 52 Jahren Soziologe wurde und das mag mit ein Grund dafür sein, dass er sein in der Praxis im Universum der Chicagoer Zeitungslandschaft in teilnehmender Beobachtung gewonnenes implizites Wissen akademisch reflektieren konnte: Park selbst und seine Schülerin Helen MacGill nehmen nämlich diese Herausforderung an. “Doch ihre Erkenntnisse teilen das Schicksal der Einsichten zur gesellschaftlichen Bedeutung der Massenmedien, vor allem der Zeitungen, die William I. Thomas und Florian Znaniecki in ihrer großen, ab 1918 veröffentlichten Studie The polish peasant in Europe and America gewonnen hatten. Auch Walter Lippman stößt in der Kontroverse über den Charakter der Öffentlichkeit in der amerikanischen Gesellschaft in den zwanziger Jahren auf die Tatsache, daß soziologische Untersuchungen zum Zeitungswesen bisher unterblieben sind.” So bemängelt (der Praktiker und PR Experte) Walter Lippman: „ (…) kein amerikanischer Soziologe hat jemals ein soziologisches Buch über den Prozess des Nachrichtensammelns geschrieben.“ Tja. Zwar war zu diesem Zeitpunkt die Zeitung schon hundert Jahre alt doch legt man, wie Wenzel, „das Ende der Ära der klassischen Sozialtheorie auf den beginn der dreißiger Jahre fest, dann muß man zu der Einschätzung gelangen: eine Erforschung und theoretische Integration der Massenmedien ist zwar schon in dieser Gründungsphase der modernen Soziologie und Sozialtheorie gefordert worden; doch dort, wo versucht wurde, diese Forderung einzulösen, sind deren Ergebnisse heute weitgehend vergessen.“ (Wenzel, 2001, 27) Es gibt eine ganze Menge loser Enden von Theoriesträngen, die es lohnen würde, wenn eine gegenwärtige und zukunftsfähige Mediensoziologie diese von Wenzel zusammengetragenen Ansätze aufnehmen würden. Sein Buch ist bisher erfolglos und so kommt es eben, dass sowohl in der Ausbildungspraxis von Journalisten und Public Relations Expertise die von mir skizzierte mediensoziologische Komponente bisher fehlt. Ich habe selbst 2012 einen solchen Neuansatz von Ausbildung, der das implizite Wissen von Journalismus und PR an einem Ort für einen neuen Studiengang herangezogen hat erlebt, und bin bei der Recherche für eine Hausarbeit auf die Studie von 2001 gestoßen, die in der Soziologie der Medien – irgendwie zwischen allen Stühlen argumentierend- kaum beachtet wurde. Na ja, über die sozialen Medien und mit direkter Ansprache der hier am Thema interessierten Leserinnen und Leser des europäischen Journalismus Observatoriums kann man ja weiter für eine weitere Entwicklung einer Mediensoziologie werben und auf Feedback hoffen, gelle?