Türkei: Die Corona-Krise und die Medien

25. März 2020 • Aktuelle Beiträge, Internationales, Qualität & Ethik • von

Der erste Covid-19-Fall in der Türkei wurde am 11. März 2020 bestätigt. COVID-19 dominiert seitdem die Agenda der Medien – Fake News, Verschwörungstheorien und angebliche Experten erschweren allerdings die Kommunikation.

Bevor der erste Fall bekannt wurde, konzentrierten sich die Medienberichte auf die Essgewohnheiten von Chinesen, vor allem in Wuhan – manchmal in einem diskriminierenden Tonfall. Die Diskussion um die Schließung der Grenzen kam nach den ersten Fällen im Iran und in Europa auf. Nur eine Woche zuvor hatte die Türkei ihre Grenzen für Flüchtlinge und Migranten auf dem Weg nach Europa geöffnet – in der Folge harren noch immer Tausende Asylsuchende an der Grenze aus, ohne Zugang zum Nötigsten. Am 18. März schloss die Türkei ihre Grenzen zu Griechenland und Bulgarien.

Die Journalisten hatten keinen Zugang zu verlässlichen Informationen und sendeten daher einfach die Erklärungen des Gesundheitsministers. Die Lage ist für die Öffentlichkeit nicht transparent: Bis zum 17. März gab die Regierung 98 Infektionsfälle und einen Todesfall bekannt. Bis zum 24. März erhöhte sich diese Zahl auf 1872 Infizierte und 44 Tote. Wie viele Menschen getestet wurden, ist unklar.

Deshalb wenden sich die Journalisten an andere Quellen. In Fernsehsendungen sprechen Menschen, die keine Experten sind, z.B. ein Kardiologe, der den Menschen rät, eingelegtes Gemüse und eine mit Lammkopf zubereitete Suppe zu essen und zum Schutz vor der Krankheit zu schwimmen. Eine Person, die sich als Experte ausgab, sagte, die Pandemie werde durch „Ehebruch, außereheliche Affären, Homosexualität, Analverkehr zwischen Ehepaaren und Geschlechtsverkehr während der Menstruation“ verursacht.

Fehlinformationen, Hassreden und Fake News, werden über WhatsApp-Gruppen und andere soziale Medien verbreitet. Die Menschen werden mit Verschwörungstheorien verwirrt. Sensationslustige Berichterstattung verbreitet Angst in der Gesellschaft, zum Beispiel Nachrichten über leergekaufte Supermärkte.

Aufgrund des langjährigen harten Vorgehens gegen die Medien sind viele Gesundheitsreporter arbeitslos, die Journalisten der „großen Medien“ fürchten sich davor, Anfragen an die Behörden zu stellen.  Außerdem laufen einige Journalisten kleiner und unabhängiger Medien Gefahr, verhaftet und befragt zu werden. Kürzlich wurde eine Untersuchung gegen den Journalisten Aydın Atay von der Nachrichtenagentur Mezapotamya eingeleitet, der Nachrichten über Maßnahmen gegen COVID-19-Maßnahmen im Gerichtsgebäude Diyarbakır auf seinem Social-Media-Account veröffentlicht hatte.  Die Begründung lautete, dass er „Angst, Furcht und Panik in der Öffentlichkeit ausgelöst“ habe.

 

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