Das macht neugierig: Auf der Suche nach neuen «Narrativen», also Erzählformen, haben sich Bernhard Pörksen und Friedemann Schulz von Thun dem «dialogischen Prinzip» verschrieben. Der Medienforscher und der Kommunikationspsychologe setzen in ihrem Buch zu einem Tour d’horizon über die «Philosophie und Praxis des Miteinander-Redens» an. Letztlich geht es darum, im Gespräch das Lebenswerk von Friedemann Schulz von Thun zur Kommunikationspsychologie zu erschliessen – «eine von der akademischen Welt lange tapfer ignorierte Erfolgsgeschichte» (Pörksen).
So erfährt man einerseits eine Menge darüber, wie sich mithilfe einer vielfach genutzten Zauberformel Schulz von Thuns komplexe Sachverhalte, nicht zuletzt wissenschaftliche Erkenntnisse, so aufbereiten lassen, dass sie jedermann kapiert. Die lapidaren Erkenntnisse der Verständlichkeitsforschung, dass Texte kurz und knackig, aber auch klar gegliedert sein sollten und zusätzlicher Stimulanz bedürfen, sind allerdings das tägliche Schwarzbrot für alle Journalisten und PR-Leute. Wie wichtig sie sind, unterschätzen indes oftmals Forscher und andere Experten, die nicht nur in ihre jeweilige Community hineinwirken, sondern öffentlich wahrgenommen werden wollen.
Ob «schreiben können» indes schon mit Lebenskunst zu tun hat, sei dahingestellt. Es erleichtert vieles. Wer sprachlich zu leichtfüßig daherkommt, hat es manchmal aber auch schwer, von den Sachverständigen, die nur umständlich-tiefschürfend zu formulieren vermögen, ernst genommen zu werden.
Anderseits geht es im Büchlein auch um die Dynamik von Zweierbeziehungen – darum, wie leicht man in den Teufelskreis der Missverständnisse hineingerät und welch selbstreflexiver Anstrengungen es bedarf, um der «Logik der Zirkularität» wechselseitiger Verletzung und Empörung zu entkommen. Weil es für private und berufliche Lebenslagen trotz aller Ratgeberliteratur keine Patentrezepte gibt, hat Schulz von Thun Konzepte entwickelt, die bei entsprechender Eigenarbeit helfen können, Kommunikationsprobleme zu bewältigen. Wie das funktioniert, demonstriert er mit wunderbar anschaulichen Beispielen aus dem Alltag.
Der Versuch, im Zwiegespräch zweier Gelehrter einem interessierten Publikum ein wissenschaftliches Werk und somit auch das spannende Fachgebiet der Kommunikationspsychologie und -philosophie nahezubringen, gelingt dennoch nur teilweise. Ich habe das Büchlein in der Hängematte in den Ferien gelesen, und selbst da plätschert es so vor sich hin wie eben ein fröhlicher Dialog eines älteren Herrn mit einem inzwischen auch schon gereiften, höflichen Bewunderer. Man wäre gern dabei gewesen, als die Rotweinflaschen geleert wurden – aber auch, um da und dort das Gespräch zu verdichten, statt nur «Kommunikation als Lebenskunst» zu zelebrieren.
Bernhard Pörksen / Friedemann Schulz von Thun: Kommunikation als Lebenskunst. Philosophie und Praxis des Miteinander-Redens. Heidelberg 2014.
Erstveröffentlichung: NZZ online vom 3.11.2014
Bildquelle: Ed S. Johovac/flickr.com
Schlagwörter:Bernhard Pörksen, Friedemann Schulz von Thun, Kommunikationsphilosophie, Kommunikationspsychologie