Wissenschaftsjournalismus in der arabischen Welt

19. Mai 2021 • Aktuelle Beiträge, Internationales, Ressorts • von

Auch in der arabischen Welt verschaffte die Corona-Krise dem Wissenschaftsjournalismus einen Aufschwung. Sie zog ihn aus dem Abseits des Medieninteresses und stellte ihn Kopf an Kopf mit der Politik- und Wirtschaftsberichterstattung, die normalerweise die Titelseiten füllt und die meisten Klicks generiert. Auf digitalen Plattformen kamen immer häufiger medizinische Experten zu Wort, die das Publikum mit Fakten zu den neuesten Entwicklungen, Richtlinien und Warnungen zum Coronavirus versorgten.

Gerade in arabischen Medien ist Wissenschaftsjournalismus wichtig, weil er die Oberflächen jener Nachrichten durchbricht, die traditionelle Medien anbieten. Im Fall der Covid-19-Pandemie konzentrierten sich die traditionellen Medien auf die Berichterstattung über die neuesten Statistiken, wie die Anzahl der Infektionen und Todesfälle. Der Wissenschaftsjournalismus aber versuchte, tiefer in die Materie vorzudringen und Diskussionen, Debatten und Entdeckungen anzuregen. Er widmete sich u.a. den folgenden Fragen:

  • Was ist das Coronavirus?
  • Warum bedroht dieses Virus die menschliche Gesundheit?
  • Wie verbreitet es sich?
  • Wie kann es eingedämmt werden?

Die wahrgenommene Bedeutung der Wissenschaftsmedien und der Fokus auf ihre Beziehung zur Gesellschaft variiert von Land zu Land. In der arabischen Welt schenken die Medien den Erkenntnissen und Ergebnissen der arabischen Universitäten und Forschungsgemeinschaften in der Regel nicht viel Aufmerksamkeit. Stattdessen geben sie eher Nachrichten wieder, die von westlichen Medien über Forschung in westlichen Ländern veröffentlicht wurden.

Ein Grund dafür könnte sein, dass die arabischen Medien erst spät den Wissenschaftsjournalismus für sich entdeckten. Die ersten französischen und englischen Wissenschaftsmagazine Le journal des sçavans und Philosophical Transactions of the Royal Society stammen vermutlich aus den 1660er Jahren. Das erste arabische Wissenschaftsmagazin Al-Yaassoub (Die Libelle) wurde 1865 in Ägypten gegründet. Seitdem wurde die Entwicklung des Wissenschaftsjournalismus in den arabischen Ländern sehr stark von Trends und Herausforderungen beeinflusst, die die gesamte Medienbranche betreffen.

Die Herausforderung

Wissenschaftsmagazine in der arabischen Welt haben, wie der Rest der Presse, unter den Auswirkungen der Wirtschaftskrise gelitten. Einige waren nicht in der Lage, ihren Betrieb fortzusetzen. Andere versuchten, wie der Rest des Printsektors, online zu gehen. Zeitungen sowie Fernseh- und Radiosender kämpften darum, ihre Gesundheitsressorts zu erhalten. Die bekanntesten arabischen Wissenschaftsmedien sind die Website Popular Sciences und themenspezifische Rubriken auf den Websites von National Geographic und Al-Jazeera.

Es gibt zwar noch einige weitere arabische Titel und Rubriken, die sich auf Wissenschaftsjournalismus spezialisiert haben, aber diese sind eher rar – vor allem im Vergleich zu anderen journalistischen Bereichen wie Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur.

Ein weiteres Problem ist, dass Wissenschaftsjournalisten und Redakteure in arabischen Ländern im Allgemeinen keine speziellen Qualifikationen benötigen. Sie müssen sich also nicht in dem Bereich, über den sie berichten, auskennen. Es reicht, ein Interesse an der Wissenschaft zu haben und klare, prägnante und gut verständliche Texte zu schreiben. Aber um die Öffentlichkeit angemessen über Forschungsergebnisse informieren zu können, sollte ein Journalist auch die Entwicklungen in diesen Themenbereichen sorgfältig verfolgen und in der Lage sein Ergebnisse und Befunde vereinfacht zu erklären.

Die Lösung

Das Problem ist, dass Forscher in der arabischen Welt zögern oder Angst haben, mit den Medien zu sprechen. Aus diesem Grund ist der Inhalt der arabischen Wissenschaftsmedien nicht so reichhaltig wie der der westlichen Länder. Dies ist ein Problem, das Aufmerksamkeit erfordert – schließlich verbreitet der Wissenschaftsjournalismus lebensrettende Informationen und bekämpft Desinformation. Diese Lücke ist aber auch eine hervorragende Gelegenheit für Medien sowie die Wissenschaft und Forschung.

Die Pandemie, die Klimaproteste und andere jüngste Entwicklungen haben auch in der arabischen Welt den Appetit der Öffentlichkeit auf Wissenschaftsjournalismus geweckt. Es ist an der Zeit, mit einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftlern und Medienschaffenden – einschließlich Journalisten, Social-Media-Experten und Grafikern – auf diesen Bedarf zu reagieren.

 

Bildquelle: Shutterstock

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf der englischen EJO-Seite.

 

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