Großes Comeback: Neustart für das Forum for European Journalism Students (FEJS) nach der Corona-Pandemie

11. Januar 2024 • Aktuelle Beiträge, Ausbildung, Internationales • von

Foto: Vladimir Khodakovsky/ FEJS

Das Forum for European Journalism Students (FEJS) war viele Jahre eines der größten Netzwerke europäischer Journalismus-Studierender. Mehr als 300 Partnerschulen und -universitäten in ganz Europa, regelmäßige Events mit mehr als 100 Teilnehmenden, nationale Vertretungen in 25 europäischen Ländern und ein intaktes Führungsteam – seit Ausbruch der Corona-Pandemie alles Geschichte. Jetzt möchte sich die Organisation wieder neu aufrichten und zurück zu alter Größe. Auch EJO-Autor Richard Brandt war bei der General Assembly in Marseille mit dabei.

Côte d’Azur, 20 Grad und strahlender Sonnenschein: Die Rahmenbedingungen für die erste reguläre General Assembly des Forum for European Journalism Students (FEJS) seit Pandemiebeginn 2020 konnten besser nicht sein. Doch, was erstmal nach Urlaub klingen mag, war in Wahrheit nur bedingt einer. Denn es standen große Entscheidungen für die Organisation an. Insgesamt 24 Teilnehmer:innen aus neun Ländern Europas (Deutschland, Finnland, Frankreich, Kroatien, Niederlande, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechische Republik) kamen dazu im französischen Marseille zusammen. Manche von ihnen waren zum ersten Mal dabei, andere hatten bereits an früheren FEJS-Veranstaltungen teilgenommen, teilweise sogar schon vor der Pandemie.

Vom 18. bis 22. November 2023 nahmen die jungen Studierenden nicht nur an verschiedenen Diskussionen und Workshops mit Journalist:innen von Agence France-Presse (AFP), Euronews und NBC News zum Leitthema der General Assembly „Trick or Truth: Fact Check vs. Fake News“ teil, sondern sammelten auch Ideen zur zukünftigen Ausrichtung, Bewerbung und Finanzierung von FEJS. Außerdem wählten die anwesenden Teilnehmer:innen einen neuen Vorstand, das Executive Board, und ein neues Sekretariat. Mehr Informationen zu den einzelnen Programmpunkten und Referent:innen der General Assembly sind hier zu finden.

Foto: Vladimir Khodakovsky/ FEJS

Seit der Corona-Pandemie leitete ein Interimsvorstand die Studierendenorganisation. Federführend im Aufbau dieses Interimsvorstands war Vladimir „Vlad“ Khodakovsky, langjähriges FEJS-Mitglied und jetziger FEJS-Projektleiter, der den neu gewählten Vorstand und das Sekretariat aufgrund seiner langjährigen FEJS-Erfahrung in ihren Aufgaben unterstützt:

Nach der Pandemie hatten wir keinen Vorstand, kein Sekretariat. Viele Leute sind zurückgetreten, aus privaten Gründen oder weil sie ihre Universität verlassen haben. Das ging so weit, dass 2022 kein einziger Studierender mehr Mitglied in unserer Organisation war. COVID hat FEJS sehr zurückgeworfen. Ich wollte die Organisation wieder aufbauen, weil es ein großartiges Netzwerk ist.“

Der Begriff „Forum“, so Vlad Khodakovsky, stehe für Gespräche und Austausch. FEJS wolle eine Plattform bieten, die es ermöglicht, Kolleg:innen aus verschiedenen Ländern zu treffen, mehr über den Journalismusberuf zu erfahren und das eigene Netzwerk zu erweitern.

Netzwerk mit langjähriger Geschichte und Tradition

Dieses Anliegen verfolgt FEJS bereits seit mehr als 30 Jahren. Genauer gesagt seit 1985, als Kim Sjer, Journalismusstudent aus Aarhus in Dänemark, einen Brief an seinen Kollegen Theo Dersjant von der Universität Utrecht in den Niederlanden schrieb. Er schlug vor, ein Treffen europäischer Journalismus-Studierender zu organisieren, um sich über ihre jeweilige journalistische Ausbildung auszutauschen. Daraufhin taten sich einige Freunde zusammen und schrieben alle Journalismusschulen in Westeuropa an. Im Jahr 1986 fand das erste internationale Treffen in der Nähe von Utrecht statt, an dem mehr als 60 Journalismus-Studierende von 15 Universitäten aus acht verschiedenen Ländern teilnahmen. Die Teilnehmer:innen beschlossen damals, jährliche Treffen abzuhalten, und sie wählten auch einen Namen für ihre neue Organisation – FEJS.

Mittlerweile organisiert FEJS zwei große jährliche Veranstaltungen: Neben der General Assembly (GA) im Herbst, die eher internen Abstimmungen sowie der Reflexion vergangener und der Planung neuer Veranstaltungen gewidmet ist, findet jedes Frühjahr ein Annual Congress (AC) statt, ein themenbezogenes größeres Treffen von europäischen Journalismus-Studierenden. Verschiedene europäische Städte waren schon Austragungsort der beiden Veranstaltungen, darunter Köln, Prag, Utrecht, Riga, Moskau, Krakau, Athen, Turin, Porto und Antwerpen. Teilweise versammelten sich dort mehr als 100 Journalismus-Studierende.

Den ersten regulären Annual Congress seit der Corona-Pandemie organisierte die slowenische FEJS-Delegation in Ljubljana, der Hauptstadt Sloweniens, im April 2023. Ursprünglich war die Veranstaltung bereits für das Frühjahr 2020 geplant, musste aber wegen der Beschränkungen der Corona-Pandemie abgesagt werden. Patrick Klapetz, deutscher Journalist und langjähriges FEJS-Mitglied, sagt: „Der Annual Congress in Ljubljana hat das alte Gefühl zurückgebracht. Man trifft Menschen, lernt sich kennen und findet neue Freunde und Mitstreiterinnen. Gleichzeitig sieht man alte Bekannte und nimmt an spannenden Workshops teil.“

Bei FEJS gehe es zudem darum, neue (europäische) Perspektiven zu finden – in der medialen Berichterstattung wie in der journalistischen Ausbildung: „Wir sehen, wie unterschiedlich und wie nah wir uns gleichzeitig sind. Es gibt große Unterschiede in der europäischen Journalismusausbildung zwischen traditionellen und modernen Journalismusschulen“, so Patrick Klapetz. Neža Borkovič, FEJS-Mitglied aus Slowenien und ebenfalls Mitglied des FEJS-Interimsvorstands, ergänzt:Journalismus-Studierende wollen mehr als nur Universitätslehrpläne. Wir alle versuchen, die Welt auf journalistische Art und Weise zu erklären. Die wenigen Tage während der FEJS-Veranstaltungen helfen uns dabei, darin besser zu werden.“

Nächstes Ziel: Nationale FEJS-Vertretungen wieder aufbauen

Foto: Vladimir Khodakovsky/ FEJS

Die für Herbst 2020 geplante General Assembly im russischen St. Petersburg fand wegen der anhaltenden Corona-Pandemie online statt, zog aber am Ende nur wenige Menschen vor die Bildschirme. Beide Veranstaltungen, Annual Congress und General Assembly, werden jeweils von der nationalen Delegation des Gastgeberlandes organisiert. Diese Vertretungen der Journalismusorganisation auf nationaler Ebene werden auch „Satelliten“ genannt. Sie organisieren darüber hinaus nationale FEJS-Veranstaltungen und verfügen über dieselbe organisatorische Struktur wie ihre Mutterorganisation mit einem eigenen Präsidenten bzw. einer eigenen Präsidentin, Vizepräsident:in, Schatzmeister:in und PR-Manager:in.

FEJS Slovenia ist derzeit der einzig verbliebene Satellit im FEJS-Universum. Vor der Pandemie gab es insgesamt 25 nationale Satelliten in ganz Europa, unter anderem in Belgien, Deutschland, Finnland, Griechenland, Lettland, Österreich, Niederlande und Serbien. Sie sollen in den kommenden Jahren sukzessive wieder aufgebaut werden. Mit der Organisation des Annual Congress 2023 in Ljubljana durch FEJS Slovenia, der anschließenden Planung der General Assembly 2023 in Marseille durch die französische FEJS-Delegation und weiteren anstehenden Events in diesem Jahr in anderen europäischen Ländern sind die Aussichten vielversprechend.

„Die größte Herausforderung für FEJS ist die Fluktuation der Studierenden“, so Vlad Khodakovsky. „Wir müssen die Leute begeistern und die Leidenschaft für FEJS aufrechterhalten. Dafür sind viel Freizeit und ehrenamtliche Arbeit erforderlich. Irgendwann aber steigt man aus der Organisation aus, weil es eben eine Studierendenorganisation ist und kein Netzwerk für 60-Jährige. Dabei ist es okay, FEJS-Mitglied zu bleiben, auch wenn man älter als 25 Jahre ist, aber die Studierenden tun es normalerweise nicht.“ Um neue Mitglieder für die Organisation zu gewinnen und für die Neuaufstellung von FEJS zu werben, sind die Mitglieder des Interimsvorstands in den vergangenen Monaten unter anderem nach Brüssel und Straßburg, nach Wien zur Jahreshauptversammlung der European Journalism Training Association (EJTA) und nach Perugia zum International Journalism Festival gereist. „Wir können groß denken, mehr Mitglieder gewinnen und Gelder bekommen“, ist sich Neža Borkovič sicher.

Alle interessierten europäischen Journalismus-Studierenden sollen auch zukünftig die Möglichkeit bekommen, an FEJS-Veranstaltungen teilzunehmen, selbst wenn es finanziell knapp wird. Dazu sammeln die anwesenden FEJS-Teilnehmer:innen auf jedem Annual Congress und jeder General Assembly Geld in einer großen Auktion. Jede nationale Delegation bringt dafür typische Produkte aus ihrem Heimatland wie Lebensmittel, Kleidung oder kleine Souvenirs mit, die übrigen Delegationen bieten für diese Warenkörbe. So kommen pro Länderpaket häufig zwischen 30 und 130 Euro zusammen. Das gesammelte Geld fließt in den sogenannten „Solidaritätsfonds“, aus dem anschließend bis zu 70 Prozent der Reisekosten und Teilnahmegebühren für FEJS-Teilnehmer:innen übernommen werden können. Doch es werden weitere Finanzierungsquellen für FEJS benötigt.

Neues Führungsteam, neue Veranstaltungen

Gerade die abgehaltenen Wahlen zum neuen Vorstand und Sekretariat haben für das Netzwerk eine hohe finanzielle und rechtliche Relevanz. Denn FEJS ist aktuell als Stiftung in den Niederlanden registriert und unterliegt damit niederländischem Recht. Um jedoch als Stiftung gelten zu können, ist eine Organisationsstruktur mit einem gewählten Vorstand und Sekretariat erforderlich. Das ist auch eine Voraussetzung für das Einwerben neuer finanzieller Mittel, zum Beispiel um die Teilnahmegebühren für FEJS-Veranstaltungen noch weiter senken zu können: „Wir müssen eine Organisationsstruktur haben, um für eine Finanzierung in Frage zu kommen, zum Beispiel für Erasmus-Stipendien“, sagt Robert van Loon, neu gewählter FEJS-Präsident.

Geeignete Finanzierungsquellen zu finden und FEJS wieder zu alter Größe zu verhelfen, das hat sich der in Marseille neu gewählte FEJS-Vorstand auf die Fahnen geschrieben. Er besteht aus:

  • Robert van Loon aus den Niederlanden, FEJS-Präsident und Vize-Generalsekretär
  • Nienke Wensveen, ebenfalls aus den Niederlanden, Generalsekretärin und außerdem in der Funktion der „Secretary“ Teil des FEJS-Vorstands
  • Patrick Klapetz aus Deutschland, Schatzmeister
  • Richard Brandt, ebenfalls aus Deutschland, als Koordinator zuständig für den Austausch mit den nationalen Organisationskomitees zu kommenden FEJS-Veranstaltungen
  • Greta-Maria Lepo aus Finnland, Koordinatorin für die nationalen Satelliten, externen Kooperationen, zum Beispiel mit anderen internationalen Organisationen wie der European Journalism Training Association (EJTA), und die FEJS-Alumni.

Das Sekretariat ist diesmal ebenfalls Teil des Vorstands von FEJS. Außerdem gewählt wurden die Austragungsorte der kommenden beiden großen FEJS-Veranstaltungen: Der nächste Annual Congress wird in diesem Frühjahr in der finnischen Hauptstadt Helsinki stattfinden, die nächste General Assembly im Herbst dieses Jahres in Dortmund in Deutschland.

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