NYT-Geschäftsführer: Von Hollywood lernen

12. September 2013 • Medienökonomie • von

Mark Thompson, Geschäftsführer der New York Times (NYT), glaubt, dass die Zeitungsbranche noch einiges von Hollywoods Filmindustrie lernen könnte.

Die Produktion von Filmen sei zwar teuer, aber dennoch profitabel. Das werde möglich, da Hollywood dasselbe Produkt mehrmals verwerte: Zunächst wird der Film im Kino gezeigt, dann erscheint er auf DVD und schließlich kann er im Bezahlfernsehen gesendet werden. Zusätzlich würden Merchandising-Produkte verkauft, so Thompson.

„Nachrichten sind zu zeitabhängig, um sie in verschiedenen Zeitfenstern laufen zu lassen, aber die Entwicklung von verschiedenen journalistischen Formaten, optimiert für bestimmte Endgeräte und Nutzer, zielt auf denselben ökonomischen Nutzen ab.“

Mit diesem Satz zeigte Thompson in einer Rede Anfang September anlässlich des 30-jährigen Jubiläums der Reuters Fellowships an der Universität Oxford die Parallelen zwischen Nachrichtenmedien und der Filmbranche auf.

Er betonte, dass die Nachfrage nach Qualitätsjournalismus größer als je zuvor sei. Die Medienbranche müsste nur Wege finden, um die Nutzer auch zum Zahlen zu bewegen. Laut Thompson, der im November 2012 nach acht Jahren als Generaldirektor der BBC die Geschäftsführung der New York Times übernommen hatte, werden die Lösungen von den führenden Qualitätszeitungen kommen: „Der Journalismus, den Qualitätszeitungen betreiben, ist nach wie vor herausragend und unerlässlich, und wir können momentan bei ihnen mehr kreative digitale Innovationen beobachten als bei den Boulevardzeitungen oder den Rundfunk-Veranstaltern.“

Thompson zweifelte in seiner Rede an, dass Einnahmen durch Online-Werbung ausreichen werden, um ein qualitativ hochwertiges Nachrichtengeschäft finanzieren zu können. Stattdessen sprach er sich für eine differenziertere Strategie aus. Erlöse aus digitaler Werbung sollten mit anderen Einnahmequellen kombiniert werden: Er verwies auf Abonnements sowie Produkte und Serviceleistungen, die mit der Marke „New York Times“ verbunden sind, wie zum Beispiel Konferenzen, Smart-Game-Formate und E-Commerce.

Je nachdem, welche Extra-Inhalte und Serviceleistungen die Nutzer wünschen, könnte ein zukünftiges digitales Modell der New York Times unterschiedliche Preisstufen bereithalten. „Wir wollen, dass jeder die Möglichkeit hat, den Journalismus der Times zu erleben, aber wir wollen auch, dass so viele Menschen wie möglich dafür bezahlen“, so Thompson. „Als ersten Pfeiler unserer neuen Strategie wollen wir zusätzliche Bezahl-Inhalte für die Nutzer schaffen, die auf alle Fälle etwas für den Times-Journalismus bezahlen würden, aber weniger als die 200 Dollar, die momentan unser günstigstes Digital-Abo kostet. Anschließend wollen wir zusätzliche Bezahl-Angebote für die Nutzer schaffen, die sogar mehr bezahlen würden als das momentan teuerste Abo kostet, wenn wir ihnen die richtigen zusätzlichen Features und Serviceleistungen anbieten würden.“

Thompson betonte, dass die Leute durchaus bereit seien, für den guten Namen der New York Times zu zahlen, auch im Ausland. „Seit der Einführung der Bezahlschranke vor zweieinhalb Jahren haben wir etwa 70.000 neue Online-Abonnenten von außerhalb der USA bekommen – und das ohne jegliches Marketing und obwohl wir noch nicht die Möglichkeit hatten, Nutzer in ihrer Muttersprache anzusprechen oder sie mit einer anderen Währung als dem Dollar bezahlen zu lassen. Nun wollen wir schauen, ob wir noch mehr Nutzer erreichen können, wenn wir diese Dinge noch umsetzen.“

Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels

Original-Artikel auf Englisch: Mark Thompson: Bright Future for Serious Journalism

Bildquelle: Sheffield Doc/Fest / Flickr

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