„Ich hoffe, dass es Stop Fake in fünf Jahren nicht mehr gibt”

10. Dezember 2015 • Pressefreiheit, Qualität & Ethik • von

Artem Babak arbeitet für die Online-Plattform „Stop Fake“ in Kiew und seine Aufgabe ist es Propagandalügen aufzudecken.

StopfakeEnde Oktober berichteten einige russische Medien, dass bei den diesjährigen Kommunalwahlen in der Ukraine eine Rekordzahl an Verstößen registriert worden sei. Eine Falschmeldung, wie Stop Fake herausfand. 2015 habe es sogar 60 Prozent weniger Verstöße als während der Kommunalwahlen vor fünf Jahren gegeben.

Ein paar Tage später informierten mehrere russische und ukrainische Medien über die Erlassung eines neuen Gesetzes in der Ukraine. Wer Kritik gegenüber der ukrainischen Regierung übe, müsse laut Gesetz für bis zu drei Jahre ins Gefängnis. Auch das ist nicht wahr. Zwar habe es vor einigen Monaten solch einen Entwurf gegeben, er sei aber sehr schnell vom Parlament abgelehnt worden, so Stop Fake.

„Stop Fake“ hat sich 2014 gegründet, um Falschmeldungen dieser Art entgegenzuwirken. Studenten und Absolventen der Mohyla Journalistenschule in Kiew, die Teil des EJO-Netzwerks ist, hatten in Kooperation mit dem Journalismus-Programm „The Digital Future of Journalism“ die Idee zu der Plattform. Auf der Internetseite können auch die Nutzer selbst aktiv werden und mögliche Falschmeldungen an das Team von Stop Fake schicken, die dann überprüft werden.

Angeboten werden die Inhalte neben Englisch und Russisch auch auf Rumänisch, Spanisch und Bulgarisch. Die wöchentlichen Videonews werden auf Englisch und Russisch ausgestrahlt. Anfangs arbeiteten die Journalisten, Grafiker, Programmierer und Übersetzer ehrenamtlich. Inzwischen finanziert sich das Projekt durch Crowdfunding. Außerdem erhält das Online-Portal Fördermittel der George-Soros-Stiftung Renaissance und der amerikanischen Nationalen Stiftung für Demokratie.

Artem Babak ist einer von den Mitarbeitern des Projekts. Seit Frühling 2015 ist der 27-Jährige Faktenchecker bei Stop Fake, vorher hat er als Journalist gearbeitet. Wir haben mit ihm in Kiew über seine Arbeit und seine Zukunftswünsche für das Projekt und die Ukraine gesprochen.

Artem Babak

Artem Babak von Stop Fake

EJO: Warum wurde Stop Fake gegründet?

Artem Babak: Uns stellte sich die Frage, was wir tun können, um Lügen und falsche Informationen über die Ukraine aufzudecken. Stop Fake wurde Anfang 2014 gegründet – nach der Annektierung der Krim und nachdem die russischen Medien begonnen hatten, Lügen über die Ereignisse in der Ukraine zu verbreiten.

Warum glauben Sie ist Stop Fake so wichtig für die Ukraine? Was bewegt Sie dafür zu arbeiten?

Ich glaube die Organisation ist so wichtig für uns, weil mit ihrer Hilfe falsche Informationen in den Medien erkannt und aufgedeckt werden können. Wir sind auch recht erfolgreich damit: Innerhalb der ersten 18 Monate haben wir mehr als 400 Falschmeldungen aufgedeckt. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Stop Fake keine Propagandamedien als Quellen nimmt. Wir arbeiten nur mit belegbaren Quellen, um falsche Informationen zu entlarven. Wir stellen nur Fakten dar und keine Meinungen. Ich persönlich arbeite für Stop Fake, weil ich Spaß daran habe, Informationen zu verifizieren und ein Problem damit habe, wenn Journalisten nicht ehrlich arbeiten.

Was ist das Schwierigste an der Arbeit für Stop Fake?

Das Schwierigste ist es Falschmeldungen überhaupt aufzudecken, denn natürlich ist es nicht sofort offensichtlich, ob die Meldung eine Lüge ist. Manchmal kann man eine Menge Zeit darauf verschwenden, Informationen zu überprüfen und am Ende stellen sie sich doch als wahr heraus.

Wie gehen Sie denn dabei vor, Falschmeldungen aufzudecken?

Ich checke jede Aussage, die uns komisch vorkommt, mit mehreren Quellen gegen. Dafür brauche ich auch viel Hintergrundwissen zum jeweiligen Thema und lese dafür täglich verschiedene Nachrichtenmedien. Bei Fotos oder Videos suche ich auf Plattformen wie tineye.com, um das Original zu finden und „gephotoshopte“ Bilder zu entlarven.

Wie stellen Sie sich die Zukunft von Stop Fake vor?

Ich hoffe, dass Stop Fake in ein paar Jahren gar nicht mehr existieren wird, weil es dann keine Falschmeldungen mehr von russischen Medien geben wird. Sobald der Informationskrieg vorbei ist, könnte Stop Fake einfach ein Projekt sein, das Leuten Menschen zeigt, wie man mit Informationsquellen in den Medien umgeht, wie man Fakten checkt und wie man einen unabhängigen Blick bekommt. Sollte der Krieg aber noch länger andauern, denke ich, dass wir genau das Gleiche wie bisher machen sollten, weil es zwischen all den Fakes und Fehlinformationen eine gute und unabhängige Informationsquelle geben sollte.

Bildquellen: Screenshot Stop Fake / Artem Babak

Dieser Beitrag entstand im Rahmen einer dreitägigen Exkursion nach Kiew mit Studierenden des Instituts für Journalistik der TU Dortmund unter der Leitung von Tina Bettels-Schwabbauer, leitende Redakteurin der deutschen EJO-Seite, und Dariya Orlova, leitende Redakteurin der ukrainischen EJO-Seite.

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6 Responses to „Ich hoffe, dass es Stop Fake in fünf Jahren nicht mehr gibt”

  1. kdm sagt:

    “Außerdem erhält das Online-Portal Fördermittel der George-Soros-Stiftung
    Renaissance und der amerikanischen Nationalen Stiftung für Demokratie.”
    .
    Das sagt alles.

    Vielleicht mal informieren, wer das ist. Und was die wollen.

  2. wschira sagt:

    Decken die Leutchen eigentlich auch Lügen des Kiewer Propagandaministeriums auf?

  3. Poposhenko sagt:

    Interessant wäre auch ein Bericht über das neu geschaffene Informationsministerium (Ministry of Truth). Und vielleicht über die Besitzverhältnisse der wichtigen Medien. Oder, oder…

  4. asde sagt:

    Erwartest du etwa, dass sich die West/Nato Presse selber an die Nase fasst? Mal gucken, wann die ersten bei dir kommen und Verschwörungstheorie schreien. Damit wird eh alles Platt gemacht.

  5. Hans sagt:

    Was für ein Witz! Wenn jemand so radikal parteiisch ist, quasi von Poroschenkos Gnaden dann soll man DENEN ausgerechnet glauben? Hallo?! Das IST Propaganda! Traurig auf welcher einseitigen Spur sich diese Seite hier bewegt, Objektivität scheint verloren zu sein.

  6. Hans sagt:

    Also echt unglaublich wie naiv und kritiklos hier interviewt wird, Hauptsache die politisch-korrekte Linie einhalten… Schlimm wie die Menschen sich in diesem Land das Hirn verdrehen lassen… Absolut schlimm.

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