Während des US-Präsidentenwahlkampfs 2012 haben amerikanische Journalisten Twitter hauptsächlich dazu genutzt, ihre persönliche Meinung kundzutun. Informationssuche und Überprüfung von Fakten fanden auf Twitter kaum statt, haben amerikanische Forscher herausgefunden.
Regina G. Lawrence, Logan Molyneux, Mark Coddington (alle von der University of Texas in Austin) und Avery Holton (University of Utah) – haben mithilfe einer Inhaltsanalyse untersucht, wie politische Journalisten für ihre Berichterstattung über den Wahlkampf Twitter benutzt haben und wie das soziale Netzwerk die journalistische Praxis beeinflusst hat.
Die Wissenschaftler nahmen dabei vor allem die journalistische Objektivität, Transparenz und die Rolle des Journalisten als Gatekeeper unter die Lupe.
Sie beobachteten während der Parteitage der Republikaner und Demokraten im Vorfeld der US-Präsidentenwahl 2012 die Twitter-Accounts von über 400 politischen Journalisten und analysierten ihre Tweets. Das Sample beinhaltete Journalisten von überregionalen Medienunternehmen, darunter Los Angeles Times, The New York Times, ABC, CNN, BuzzFeed, Huffington Post, NPR, und Associated Press. Zudem waren auch Journalisten darunter, die für lokale und regionale Medienunternehmen in den Swing States arbeiten – den Bundesstaaten, die zwischen Demokraten und Republikanern schwanken und am Ende darüber entscheiden werden, wer die Wahl gewinnt.
Die Analyse der Tweets und Re-Tweets zeigte, dass in der Twitter-Sphäre die Konversation über den Wahlkampf hauptsächlich zwischen Journalisten stattfand und andere Twitter-Nutzer nur selten zu Wort kamen. Das heißt, dass auch in sozialen Netzwerken eher die traditionelle Gatekeeper-Funktion des Journalisten bestehen bleibt, als dass auch Außenstehende partizipieren könnten.
Die Inhaltsanalyse zeigte auch, dass die politischen Journalisten Twitter so gut wie gar nicht für die Recherche benutzten – nur 1,7 Prozent der Twitter-Updates wiesen darauf hin, dass sie im sozialen Netzwerk nach Informationen suchten. Lediglich 1,5 Prozent der Tweets bezogen sich auf die Überprüfung von Fakten.
Immerhin 14,7 Prozent der Twitter-Updates gaben Einblick in die Arbeit der Journalisten. Es scheint, dass einige Journalisten die Relevanz des sozialen Netzwerks als Transparenz-Instrument erkannt haben.
Auch wenn sich die Journalisten eher bedeckt hielten, was ihre eigene politische Zugehörigkeit betrifft, enthielt knapp ein Drittel der Tweets die persönliche Meinung der Journalisten, was der Norm der journalistischen Objektivität eher widerspricht.
Die Studie zeigt auf, dass weiterhin viel Forschungsbedarf besteht, wie Journalisten neue Medien in ihre traditionelle Arbeitspraxis integrieren.
Lawrence, Regina G.; Molyneux, Logan; Coddington, Mark; Holton, Avery (2013): Tweeting Conventions: Political journalists’ use of Twitter to cover the 2012 presidential campaign. In: Journalism Studies, published online: 20 Sep 2013.
Übersetzt aus dem Englischen von Tina Bettels
Original-Version auf Englisch: A friendly chat? Journalists and Twitter in US Elections
Zum Thema auf EJO: Wie twittern Journalisten?
Schlagwörter:Journalisten, journalistische Transparenz, Meinung, Objektivität, Politischer Journalismus, Recherche, Twitter, USA, Wahlkampf