Wer soll das bezahlen?

6. August 2014 • Medienökonomie • von

Zeitungen müssen schließen, für Qualitätsjournalismus bleiben immer weniger Mittel. Josef Trappels Forschungsgruppe Medienwandel an der Uni Salzburg regt Umdenken an.

Spaniens größte Zeitungen El País, El Mundo und La Vanguardia verlieren an Glaubwürdigkeit, sagt Kommunikationswissenschaftler Rafa Díaz. Seit 2005 wurden in Spanien 12.000 Journalisten entlassen. Chefredakteure werden durch regierungsnahe Journalisten ersetzt, weil die großen Tageszeitungen in die Hände von Banken und der Politik geraten sind.

In Deutschland sind Traditionszeitungen wie die Münchner Abendzeitung zahlungsunfähig. In Österreich fällt die Kärntner Tageszeitung der Krise zum Opfer. Mit weiteren Verlusten ist zu rechnen, wenn die Minireform der Presseförderung in Kraft tritt. Rezept gegen die Krise ist das keines.

Das herkömmliche Finanzierungsmodell des Journalismus mit Einnahmen durch Abonnements, Einzelverkauf, Werbung und Unterstützung durch Subventionen ist in bedrohliche Schieflage geraten. Doch eine demokratisch organisierte Gesellschaft braucht unabhängige Berichterstattung. Um die Qualität des Journalismus langfristig zu sichern, bedarf es neuer Ideen. Vor allem neuer Finanzierungsideen.

Journalismus von Medienorganisationen trennen

Journalismusforscher Klaus-Dieter Altmeppen plädiert für eine Trennung von Journalismus und Medienorganisationen. Eigenständige Journalisten produzieren die Inhalte, Medienorganisationen bezahlen und verbreiten diese Inhalte. Der freie Journalismus wird zur Regel, Journalisten werden zu Unternehmern, schließen sich zu Kooperativen oder Content Factories zusammen.

Das ist eine Chance für unverfälschten Journalismus, frei von Einschränkungen durch Blattlinie oder Herausgeber. Doch das Modell überzeugt nicht im Hinblick auf die wirtschaftliche Unabhängigkeit und auf die Vielfalt. Ohne Rückhalt in einer starken Organisation wird die neue journalistische Freiheit flüchtig. Den Marktmechanismen ausgesetzt, versprechen populäre Themen mehr Nachfrage, Vielfalt und Qualität leiden.

Stiftungsjournalismus

In einem anderen in der Kommunikationswissenschaft lebhaft diskutierten Ansatz bieten Stiftungen Journalisten eine neue Heimat und sichern deren Existenz. Die führende Organisation des stiftungsfinanzierten Journalismus in den Vereinigten Staaten, ProPublica, bietet ihre Inhalte Medienunternehmen kostenfrei zur Verbreitung an.

Der Medienwissenschaftler Stephan Ruß-Mohl gießt aber Wasser in den Wein und stellt fest, „von Mäzenen-Stiftern und Kleinspendern ist realistischer Weise wohl allenfalls eine Zusatz- aber keine Komplettfinanzierung des Qualitätsjournalismus zu erhoffen“.

Journalismus als öffentliche Dienstleister

Für ein drittes Modell tritt Marie-Luise Kiefer ein. Sie betrachtet Journalismus als öffentliche Dienstleistung, die wie Bildung und Infrastruktur öffentlich finanziert werden soll. Als Voraussetzung für dieses Modell sieht sie eine Professionalisierung des Journalistenberufes. Erst dadurch lassen sich staatliche Förderungen für Qualitätsjournalismus rechtfertigen. Die Medienökonomin schlägt keine konkreten Finanzierungsmöglichkeiten vor, gesteht aber ein, dass Steuergelder als einzige Einnahmequelle wohl nicht ausreichen werden.

Ansätze miteinander verbinden

Keines der vorgestellten Modelle bietet allein eine überzeugende Lösung. Vielmehr ist eine Kombination verschiedener Ansätze denkbar. Alternative Finanzierungsformen wie die Stiftungsfinanzierung schaffen neue Spielräume, führen den Journalismus aber langfristig nicht aus der Krise.

Eine Differenzierung von Journalismus und Medienunternehmen könnte einen Beitrag zur Sicherung von Qualität und Unabhängigkeit darstellen. Schließlich sollte eine breite Debatte über die Vor- und Nachteile der Betrachtung des Journalismus als demokratische Infrastruktur geführt werden. Denn eine stärkere finanzielle Beteiligung des Staates an den Kosten des Journalismus muss nicht automatisch zu größerer Abhängigkeit führen.

Der Beitrag ist Teil der Serie „Ein Fall für die Wissenschaft” auf derStandard.at, in der Medienforscher Ergebnisse ihres Fachs präsentieren und von denen das EJO einige zweitveröffentlicht.

Bislang auf EJO erschienen:

Ein Fall für die Medienwissenschaft

Wozu Zeitung?

Warum trotz Blogs und Twitter nicht alle Journalisten sind

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