Big Data: Neue US-Forschungsergebnisse

11. Dezember 2014 • Digitales • von

„Big Data“ hat vieles revolutioniert: die Art, wie wir einkaufen, arbeiten, interagieren. Darüber hinaus gewinnt es in der wissenschaftlichen Forschung zunehmend an Bedeutung. Um das Potential von Big-Data-Analysen in der Massenkommunikationsforschung aufzuzeigen, hat Professor Malcolm Parks von der University of Washington eine Sonderausgabe des Journal of Communication zusammengestellt.

Ziel war es, empirische Forschungsaufsätze, die Vorreiter auf ihrem Gebiet sind, vorzustellen und einen Maßstab für Neuerungen in der Forschung zu setzen. Parks vertritt die Meinung, dass wir erst am Anfang einer tiefgründigen Big-Data-Forschung im Bereich der Kommunikationswissenschaft stehen. Er warnt zudem vor der Annahme, dass eine sehr große Datenmenge automatisch interessante Ergebnisse liefert. Big Data könne – und solle – sorgfältige Forschungsdesigns und begründete Hypothesentests nicht ersetzen.

Die Beiträge in der Sonderausgabe decken ein breites Spektrum an Forschungsfeldern ab, auch wenn sieben der acht Studien sich auf Daten von Twitter konzentrieren. Eleanor Colleoni und Kollegen untersuchten, ob sich Twitter-Nutzer mit ähnlichen politischen Einstellungen zusammenrotten oder ob sie überparteiliche Interaktion suchen. Sherry Emery und Kollegen befassten sich mit den Reaktionen von Twitter-Nutzern auf eine kontroverse Kampagne zum Gesundheitswesen. Fabio Giglietto und Donatella Selva werteten einen ganzen Datensatz an Tweets aus, die sich über eine komplette Staffel an Fernseh-Talkshows erstreckten, womit sie die Interaktion des Publikums erforschten.

Drei Studien konzentrieren sich auf Agenda Setting, zwei von ihnen in Bezug auf politische Kampagnen. Andreas Jungherr wertete Tweets während der Bundestagswahlkampagne 2009 in Deutschland aus; Chris Vargo und Kollegen analysierten Twitter-Nachrichten während der US-Präsidentschaftskampagne 2012. W. Russel Neuman und Kollegen untersuchten ebenfalls eine Systematik im Issue Framing in sozialen und traditionellen Medien in diesem Kontext (2012 in den USA), wobei ihre Untersuchung sich nicht auf Wahlkampagnen beschränkte.

Benjamin Hilll und Aaron Shaw wählten eine andere Herangehensweise an Big Data und analysierten die Aufbauorganisation von Wikipedia-Mitwirkenden.

Malcolm Parks, der auf Soziale Netzwerke und interpersonelle Kommunikation spezialisiert ist, hat mit dem EJO über die Herausforderungen der Big-Data-Forschung gesprochen. Er glaubt, dass Big Data zu „neuen Forschungsfragen und neuen Denkweisen über existierende Fragen“ führt. Big Data erlaube Forschern zudem die Zusammenführung einer Vielzahl von Datensätzen – Datensätze aus unterschiedlichen Zeiten, von unterschiedlichen Orten, oder Datensätze, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfasst wurden. Jedoch warnt Parks, dass es zu früh sei um sagen zu können, ob Big Data die Art der Kommunikationsforschung verändern wird.

Was ist der wichtigste Beitrag der Big-Data-Forschung zur Kommunikationswissenschaft?

Malcolm Parks: Bislang steht ein wichtiger, substantieller Beitrag von Big Data zu unserer Disziplin noch aus. Jedoch ist es auch noch zu früh, um beträchtliche Beiträge zu erwarten. Wir befinden uns noch immer in einer Erkundungsphase. Die heutige Arbeit wird von Demonstrationsprojekten und deskriptiven Analysen dominiert. Voraussichtlich wird nur wenig der derzeitigen Forschung eine bleibende Bedeutung haben, jedoch wird vieles zum laufenden Prozess des konzeptionellen und methodischen Fortschritts beitragen. Und ich bin mir sicher: Während die Methoden für Forscher, die sich bereits mit substantiell wichtigen Fragen beschäftigen, zugänglich werden, werden wir signifikante Beiträge sehen, die mit Big Data einhergehen.

Was sind die herausforderndsten Limitationen für die Big-Data-Forschung?

Parks: Aus meiner Sicht drehen sich die beiden größten Herausforderungen um Validität und Zugänglichkeit. Bezüglich der Validität gibt es oft Lücken zwischen der konzeptionellen Interpretation von Big-Data-Indikatoren und der Wirklichkeit der Indikatoren selbst. Zugänglichkeitsbeschränkungen bleiben bedeutsam. Es ist uns häufig nicht möglich, auf die wertvollsten Daten zuzugreifen, weil sie hinter firmeneigenen oder staatlichen Firewalls verschlossen sind. Hieraus ergibt sich die Gefahr, dass wir die Daten, auf die wir Zugriff haben, überhöhen.

Wohin geht die Reise? Was ist die nächste “zu überwindende Grenze“ für die Big-Data-Forschung?

Parks: Wir haben uns in der Tat ein wenig in einer „Frontier“-Mentalität bezüglich Big Data befunden. Um bei dieser Metapher zu bleiben, würde ich sagen, dass es an der Zeit ist, Big-Data-Methoden von der Grenze in die Stadt zu verlegen, wo sie als Disziplin für größere intellektuelle Belange genutzt werden können. Big Data löst nicht Theorie oder Wissenschaft ab, wie manche behaupten. Das Potential von Big Data für den methodischen Fortschritt ist riesig, jedoch nur wenn Big Data uns dabei hilft, theoretische Fragen mit Tragweite anzugehen. Die Gelegenheit wächst weiter, während sich diese Methoden verbreiten und mehr unserer sozialen Aktivitäten und Mediennutzung in Datenlagern festgehalten werden. Jedoch gilt dies auch für die ethischen und politischen Herausforderungen der Zugangsverwaltung unseres zunehmend „datifizierten“ Selbst.

 

Übersetzung: Kathrin Gatzen

Bildquelle: Infocux/ Flickr 

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