Vom Nutzen öffentlicher Wissenschaft

15. März 2019 • Qualität & Ethik • von

Claas Relotius und Co. bringen den Erzähljournalismus in die Krise, Facebookgründer Mark Zuckerberg stiehlt sich immer neu aus der Verantwortung für die Folgen der Kommunikation auf seiner Plattform. Diese Beispiele machen uns weniger ratlos, wenn wir Befunde aus der Kommunikationswissenschaft heranziehen.

Zwischen Medienpraxis und Medienwissenschaft müssen breitere Brücken gebaut werden.

Das heißt: insbesondere Kommunikationswissenschaftler sowie Medienpraktiker und -politiker müssen im Team breitere Brücken bauen zwischen Praxis und Theorie. Die bisherigen Brücken genügen nicht für Zeiten, in denen für die in der digitalen Gesellschaft möglichen Kommunikationsweisen diskutiert werden muss, wem auf welcher Grundlage welche Art von Verantwortung zuzuweisen ist. Ob das z.B. Plattformbetreiber betrifft oder Redaktionen, die ihrem Publikum zeigen, weshalb man ihnen trauen kann.

Wie das aussehen kann, zeigt z.B. die Schweizer Online-Plattform Medienwoche durch den Auftaktbeitrag ihrer neuen Serie kommunikationswissenschaftlicher Beiträge (die auf EJO zweitveröffentlicht wird; Anm. d. Red.). Silke Fürst knüpft darin an eine klassische Forderung an: Wer glaubwürdig und vertrauenswürdig sein will, muss zeigen, wie er arbeitet. Die Forscherin argumentiert mit Studienbefunden und einem Beispiel: Die niederländische Mediengruppe NRC lege viele redaktionelle Abwägungen offen: was ist durch Recherche gesichert, was falsch oder – auch entgegen dem Mainstream – gar keine Nachricht wert?

Die Medienwoche hat die Serie gestartet, weil Kommunikationswissenschaft ihre Analysen zum Medienwandel auch in den öffentlichen Diskurs einbringen solle. Als Autorinnen eingeladen wurden Mitglieder vornehmlich aus dem akademischen Mittelbau zweier Netzwerke in Deutschland und der Schweiz. Das hat sich der Wissenschaftsnachwuchs lange kaum getraut, weil ihm Altvordere einbläuten, das schade der Karriere. Offenbar hat auf beiden Seiten ein Umdenken eingesetzt. Das öffnet die Tür hin zu einer Öffentlichen Kommunikationswissenschaft – und ist eine der 15 Richtlinien einer „Charta Öffentliche Kommunikationswissenschaft“. 124 Personen haben sie bislang unterschrieben und sich hierin zu einer der Gesellschaft zugewandten Wissenschaftsauffassung bekannt. Silke Fürst gehört zu den Erstunterzeichnenden, die Verfasserin dieser Kolumne zu den drei Initianten dieser Bewegung.

Eine leicht abweichende Fassung dieses Beitrags wurde zuerst auf tagesspiegel.de vom 10. März 2019  veröffentlicht. 

Bildquelle: pixabay.de 

 

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