Storylab: Wie ein Studierendenprojekt in Malawi die Berichterstattung verändern

1. April 2025 • Internationales, Top • von

Foto: Storylab

Eine Lücke in der Journalistenausbildung schließen, junge Medienmacher stärken und nebenbei sozialen Wandel anstoßen: Das sind die Ziele des Projekts Storylab, das von Mitgliedern der Malawi University of Business and Applied Sciences (MUBAS) ins Leben gerufen wurde. Wo Lehrpläne oft theoretisch sind und Medien mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten und Media Capture zu kämpfen haben, will Storylab neue Möglichkeiten erschließen. In einem Interview mit dem EJO erzählt der Gründer Andrew Kaponya die Geschichte des Projekts, seine Pläne und Herausforderungen. Der Forscher und Pädagoge erklärt auch, warum er glaubt, dass die Schaffung neuer Narrative unerlässlich ist, um positive Veränderungen in Ländern wie Malawi anzustoßen.

Johanna Mack: Welche Idee steckt hinter der Gründung von Storylab?

Andrew Kaponya: Storylab ist aus der Abteilung für Journalismus und Medienwissenschaften der Universität für Wirtschaft und angewandte Wissenschaften in Malawi hervorgegangen. Als Universität besteht unser Auftrag nicht nur aus Lehre, Wissensbildung und -verbreitung. Es geht auch darum, auf die Gesellschaft zuzugehen und unsere Studierenden mit der Bevölkerung sowie der Medienbranche zu vernetzen.

Storylab ist, wie der Name schon sagt, ein Labor. Unsere Freunde in den Naturwissenschaften haben Labore, in denen sie Chemikalien mischen und Projekte entwickeln. Für den Journalismus haben wir nun auch ein Labor, in dem wir recherchieren und Geschichten erstellen, und diese sind nicht nur um ihrer selbst willen da, sondern dienen auch der sozialen und Verhaltensänderung.

Wie funktioniert Storylab?

Andrew Kaponya ist Gründer und Koordinator von Storylab und Dozent am Fachbereich für Journalismus und Medien der Malawi University of Business and Applied Sciences.
Er ist seit über 15 Jahren in der Branche tätig und hatte verschiedene Positionen im kommerziellen Sektor als Leiter für Marketing und Kommunikation inne, später im NGO-Sektor als Programmierer für Entwicklungskommunikation. Er war als Berater für Politik und Kommunikation im Büro des Vizepräsidenten von Malawi, als Kommissar für die Nationale AIDS-Kommission (NAC) und als Vorstandsmitglied der Malawi Post Corporations tätig.

Wir nehmen Journalismus- und Kommunikationsstudierende, aber auch Studierende anderer Fachrichtungen, praktizierende Journalist:innen sowie junge Menschen auf, die einfach daran interessiert sind, Geschichten über verschiedene Plattformen zu erstellen. Sie absolvieren eine Schulung zum Storytelling für sozialen Wandel. Einige der Dozierenden kommen von der Universität, andere von außerhalb der Universität. Wir achten darauf, dass wir Menschen aus der Branche zusammenbringen, die über spezifische Fähigkeiten im Storytelling verfügen.

Nach den Trainings teilen wir die Studierenden in Gruppen ein, die wir als Lab Sessions bezeichnen. In jeder Gruppe wählen sie einen Bereich aus, der sie interessiert. Wir haben Gruppen, die Geschichten zu Themen wie Klimawandel, reproduktive Gesundheit, good governance, Migration, Unternehmertum und vielen anderen Themen erzählen möchten. Die jungen Leute recherchieren in ihren Interessensgebieten und finden Bereiche, in denen sie ihrer Meinung nach Geschichten erzählen können.

Ein Beispiel zum Thema Migration, bei dem die Teilnehmenden eine interessante Geschichte entwickelt haben: Wissen Sie, Malawi ist im Allgemeinen kein attraktives Ziel für Migrant:innen. Es ist ein Land, aus dem junge Menschen wegwollen. Sie sind aufgrund der wirtschaftlichen Not nicht mehr stolz darauf, in Malawi zu sein. Interessanterweise kommen jetzt, in einem Land, in dem die Menschen die Hoffnung verloren zu haben scheinen und aufgeben wollen, Menschen aus Burundi, der Demokratischen Republik Kongo und Somalia, Äthiopien, die ihre eigenen Länder verlassen und nach Malawi kommen.

Weil Malawi ein friedliches Land ist?

Ja, aber es herrscht auch kein Krieg in Südafrika oder Sambia. Sambia ist ein relativ attraktives Ziel. Die Frage, die sich diese Gruppe stellt, ist, warum sie daran interessiert sind, nach Malawi zu kommen? Wenn sie nach Malawi kommen, beginnen sie, Geschäfte zu machen, und sie gedeihen, also fragt man sich, warum?

Warum können wir, die Bevölkerung des Landes, die Chancen nicht erkennen? Wir wollen unser Land verlassen, und doch kommen andere in dasselbe Land und gedeihen. Vielleicht ist dies eine Geschichte, die uns zum Nachdenken anregen und Bereiche aufzeigen kann, in denen wir etwas ändern können. Vielleicht ist es nur eine Frage des Mindsets, dass es keine Chancen gibt.

Ein weiteres Beispiel: Derzeit arbeitet eine Gruppe an einem Podcast über das Leben an der Universität. Weißt Du, das Leben der Studierenden an der Universität in Malawi ist miserabel. Ich wünschte, Du könntest das sehen, es ist erbärmlich. Man sieht sich ihre Lebensbedingungen und so viele andere Situationen an, die sie erleben – und die motivieren niemanden, zu lernen oder überhaupt erst an eine Universität zu gehen. Für ihren Podcast haben die Studierenden die Idee entwickelt, Geschichten zu erzählen und die Gesellschaft und Führungskräfte zu erreichen: Wir sind an der Universität, aber seht euch an, wie wir im Moment leben.

Welchen Beitrag leistet Storylab zur Journalistenausbildung in Malawi?

Wenn man sich unsere Journalistenausbildung in Malawi ansieht, sind die Lehrpläne sehr theoretisch. Es kann passieren, dass ein Student seinen Abschluss macht, ohne über nennenswerte praktische Fähigkeiten zu verfügen, ohne zu wissen, wie man im Radio arbeitet oder wie man eine Geschichte für das Radio, das Fernsehen, die Zeitung und andere Medien und Kanäle entwickelt. Storylab schafft also zunächst einmal eine Möglichkeit für diese Studierenden. Jetzt haben wir diese Plattform, auf der man wirklich üben kann, auf der man lernen kann, wie man eine Story-Idee recherchiert, entwickelt und dann verbreitet.

Zudem werden Geschichten in Malawi nicht vollständig erzählt. Wenn man fernsieht, Radio hört oder Zeitung liest, sieht man Lücken in der Geschichte, fehlende Perspektiven, und die Frage ist, warum? Man stellt fest, dass wir Journalist:innen haben, die zum Beispiel politisch verwickelt sind, sodass sie bestimmte Geschichten nicht richtig oder vollständig erzählen können.

Ein weiterer Grund ist der Mangel an Ressourcen. Selbst wenn ich eine vollständige Geschichte erzählen möchte, verfügt das Medienunternehmen, für das ich arbeite, oft nicht über die entsprechenden Ressourcen. Journalist:innen sind darauf ausgerichtet, Deadlines einzuhalten. Sie können eine Geschichte nicht beispielsweise drei Monate lang verfolgen oder ein Thema angehen, dass Zusammenarbeit mit Journalist:innen in anderen Ländern erfordert.

Story Lab ist ein Ort, an dem wir uns eine Geschichte in aller Ruhe ansehen können. Wie erzählen wir eine vollständige Geschichte aus allen Perspektiven? Wie nimmt man sich selbst aus einer Geschichte heraus? Wie vermittelt man die Sachverhalte? Denn wenn ich eine Geschichte verfolge, die meine politische Gruppierung berührt, muss ich sie trotzdem unabhängig erzählen. Wir glauben also, dass das Story Lab die Qualität der Geschichtenerzähler verbessern wird. Sie werden ihre Recherche, die Erstellung und die Aubereitung von Geschichten verbessern.

Noch wichtiger ist, dass Recherchen, die sich mit Migration, Umwelt oder Klimawandel befassen, für Journalist:innen oft nicht attraktiv sind. Journalist:innen fühlen sich von Parteipolitik angezogen, und daher erhalten Themen wie Migration, Flüchtlinge und Klimawandel nicht die angemessene Aufmerksamkeit von Journalisten. Wir schaffen mit Storylab eine parallele Storytelling-Plattform, und sagen zu den Medien: Okay, wenn ihr die Geschichten über Klimawandel oder Migration nicht angemessen erzählen könnt, sind wir hier, um sie zu erzählen. Vielleicht wollen einige Medien sie nicht erzählen, weil es in diesen Geschichten keine brown envelopes gibt. Aber bei Storylab brauchen wir keine brown envelopes. Unsere Motivation ist eine Geschichte, die das Leben von jemandem irgendwo in einer ländlichen Gegend, irgendwo im abgelegenen Malawi, berührt.

Ist die Teilnahme an Storylab ein freiwilliges Angebot, das Studierende im Rahmen ihres Studiums wahrnehmen können? Wie funktioniert das?

Die Motivation für die Studierenden ist, dass wir etwas anbieten, was der Unterricht nicht bieten kann. Wir füllen eine sehr wichtige Lücke in ihrer Lernumgebung. Sie kommen freiwillig, um zu lernen, Geschichten zu schreiben und zu verbreiten, und dabei lernen sie etwas, das der Professor im Klassenzimmer aufgrund des Lehrplans und der zeitlichen Beschränkungen nicht behandelt hat.

Außerdem fehlt es dem Lehrplan an Spezialisierung. Ich denke, die Motivation der Studierenden, sich Storylab anzuschließen, besteht auch darin, ein einzigartiges Fachgebiet zu finden, auf das sie sich spezialisieren können, umfassend über dieses Gebiet zu lernen und journalistische Fähigkeiten zu üben.

Auch wir, die Projektleiter, arbeiten ehrenamtlich. Wir haben keinerlei Vorteile davon, die Universität ist nicht verpflichtet, uns für die zusätzliche Zeit zu bezahlen. Unsere Motivation ist es, zu sehen, wie diese jungen Menschen die notwendigen Fähigkeiten erwerben – zu beobachten, wie sie Erfolg haben, zaubert uns ein Lächeln ins Gesicht. Nicht, dass wir nicht gern dafür bezahlt werden wollen, aber unsere Universität kann sich das nicht leisten.

Ich verstehe – es ist also wirklich eine Frage des Engagements vonseiten der Projektleitenden, der Organisatoren und auch der Studierenden. Du hast auch erwähnt, dass Storylab versucht, Lücken in der Medienberichterstattung zu schließen. Arbeitet das Projekt mit den Medien zusammen? Werden die Ergebnisse von Storylab beispielsweise im Radio, in der Zeitung oder im Fernsehen veröffentlicht?

Storylab gibt es noch nicht lange. Es ist eine neue Idee und wir haben gerade erst die erste Kohorte ausgebildet. Die Studierenden erstellen Geschichten mithilfe von Kunst, wie z. B. Theater, aber auch mit traditionellen Medien, wie TV-Dokumentationen und Radiosendungen. Der Plan ist, dass wir neben den Plattformen, die wir selbst erstellen werden, auch Medienunternehmen einbeziehen und ihnen vorschlagen: Schaut, wir haben Inhalte dazu. Können wir eure Kanäle nutzen?

Wir wissen, dass es aufgrund der Kultur, die wir hier haben, eine Herausforderung sein wird. Die Medien könnten sagen: „Oh, ihr gehört nicht zu uns, warum sollten wir also eure Geschichten bringen?“ Okay, aber wir werden sie trotzdem einbeziehen. Wir werden herausfinden, was funktioniert.

Vor kurzem hat die MUBAS ein Campusradio erhalten. Leider ist es nicht gut ausgestattet. Wir werden dieses Radio nutzen und können über Social-Media-Plattformen wie Facebook senden. Darüber hinaus nutzen wir Formen wie das Theater. Wir müssen in die Dörfer gehen und eine Geschichte aufführen, die von Studierenden geschrieben wurde.

Warum haben Sie sich entschieden, neben den traditionellen journalistischen Medien auch Kunst und Theater einzubeziehen?

Das ist eine sehr interessante Frage. Ich denke, dass das Theater in Malawi historisch gesehen eine zentrale Rolle beim Geschichtenerzählen gespielt hat. Die Menschen sind dem Theater sehr verbunden. Wir haben viele Dinge, die im Land passiert sind, durch das Theater mitbekommen. Sogar die Politik in Malawi hat sich durch das Theater verändert, und es hat auch zu so vielen anderen Entwicklungen beigetragen, indem es Geschichten über Krankheiten, Impfstoffe und dergleichen verbreitet hat.

Außerdem leben 70 % der Bevölkerung Malawis in ländlichen Gebieten. Diese Menschen haben keinen Zugang zu traditionellen Medien. Sie haben keinen Zugang zu Zeitungen, Radio und Fernsehen. Es ist eine arme Gesellschaft. Und wie erreichen wir sie? Die Menschen hören natürlich lokale Radiosender, aber nicht ständig. Theater ist eines der Mittel, die diese wirtschaftlichen und Bildungsbarrieren durchbrechen.

Wenn wir uns nur auf die traditionellen Medien beschränken, erreichen wir 70 % der Bevölkerung nicht. Wir müssen uns also entscheiden, ob wir uns auch an diese schwer erreichbaren Bevölkerungsgruppen wenden oder ausschließlich an diejenigen, denen es besser geht. Mit Storylab wollen wir sie alle erreichen, denn wir glauben, dass wir diese 70 % der Bevölkerung nicht außen vor lassen dürfen. Wenn wir sie ignorieren und ablehnen, dann erfüllt der Journalismus seine Aufgabe nicht.

Okay. Du hast bereits einige Beispiele für Themen genannt, an denen Storylab arbeitet, und wie diese dem Publikum nahegebracht werden können. Wie sollen diese Geschichten zu einem sozialen Wandel beitragen werden?

Wir streben Veränderungen in der Gesellschaft und im Verhalten der Bevölkerung an. Es gibt so viele Dinge, von denen wir glauben, dass sie in unseren Communities geändert werden müssen. Aufgrund des Bildungsstandards im Land haben wir es mit Problemen im Zusammenhang mit Bewusstsein für gewisse Themen, Wissen und Einstellungen zu tun.

Ich gebe Dir ein Beispiel: Um während der COVID-19-Pandemie die Menschen dazu zu bringen, einfach eine Maske aufzusetzen, hätte man wahrscheinlich eine Waffe auf sie richten müssen, weil sie nicht an die Wichtigkeit dieser Dinge glauben. In Malawi gibt es viele falsche Vorstellungen über alles Mögliche.

Oder das Thema Klimawandel: Wenn man den Menschen sagt, dass die Ernährungsunsicherheit, die wir heute erleben, darauf zurückzuführen ist, dass sich die Klimamuster geändert haben, werden nur sehr wenige verstehen, wovon man spricht. Damit sich unsere Gesellschaften allmählich verändern, müssen wir ihnen entgegkommen mit besserer Bildung und Informationen, die diese tief verwurzelten Normen, Einstellungen und dergleichen in Frage stellen.

Wie will Storylab dies erreichen?

Es muss damit beginnen, dass wir Geschichten schaffen, die relevant sind und diese Missverständnisse in Frage stellen. In Malawi glauben wir, dass Geschichten sehr mächtig sind, um unsere Gemeinschaften zu verändern. Sehr, sehr mächtig. Wenn wir über Impfungen sprechen, erzählen wir eine Geschichte darüber, wie wichtig sie sind.

Ein weiteres Beispiel: In Malawi haben wir viele Herausforderungen im Zusammenhang mit der reproduktiven Gesundheit, und wir haben auch viele Todesfälle im Zusammenhang mit Geburten. In anderen Ländern ist eine Schwangerschaft überhaupt kein Problem, Frauen können ihre Kinder in einer sehr sicheren Krankenhausumgebung zur Welt bringen. Hier gibt es Mütter, die nicht zur Schwangerschaftsvorsorge gehen können. Und wenn man sie fragt, warum nicht, geben sie keine richtige Erklärung dafür. Wir müssen diese Menschen mit gut durchdachten, evidenzbasierten Geschichten erreichen.

… und wahrscheinlich ist es auch wichtig, diese Geschichten nicht von oben herab zu erzählen, oder? Nicht erzählt von jemandem, der ihre Realität nicht versteht.

Genau, es gibt dieses Konzept, wessen Realität zählt. Wir wollen Geschichten aus erster Hand, wir recherchieren, woher die Erzählung kommt, von den Menschen, die von dem Problem betroffen sind. Ja, das ist ein weiterer Grund, warum das Theater ins Spiel kommt. Wir setzen partizipatives Theater ein und ermutigen Menschen, die von dem Problem betroffen sind, aufzutreten.

In Ländern wie Malawi, also in den am wenigsten entwickelten Ländern, muss sich vor allem die Art und Weise ändern, wie wir unsere Geschichten erzählen. Ich bin mir sicher, dass wir diesem Land noch nicht gerecht werden, wenn es darum geht, wie wir Geschichten über unsere Situation erzählen.

Wie meinst Du das?

Ich meine, dass man in den Medien kein klares Bild von unseren Problemen bekommt, weil die Geschichten auf eine bestimmte Art und Weise erzählt werden. Ich möchte hier betonen, dass der wichtigste Faktor um unsere Umstände zu verbessern vielleicht nicht darin besteht, dass wir einen neuen Präsidenten brauchen. Was wir brauchen, sind Geschichten, die die Realität der Menschen widerspiegeln.

Wenn Sie mich fragen, ist das Geschichtenerzählen die wichtigste Investition, die wir in diesem Land brauchen. Wir haben Probleme mit Mindset und der Einstellung und Praxisdefizite, die sich nur ändern lassen, indem wir eine gute Geschichte über unsere Realität erzählen.

Habe ich das richtig verstanden: auch falls beispielsweise ein anderer Präsident oder eine neue Regierung an die Macht kommen, kann es sein, dass die strukturellen Probleme bleiben. Aber das Geschichtenerzählen kann Bewusstsein in der Bevölkerung schaffen, die letztendlich die Mehrheit im Land bildet?

Genau. Im September stehen Parlamentswahlen an. Und das ist eine Schicksalswahl. Dieses Land ist seit 60 Jahren unabhängig, aber hat nichts vorzuweisen. Die Frage ist, wen sollen wir wählen?

Das Wählen wird zum Problem, weil die Menschen nicht wissen, wie sie wählen sollen. Das bedeutet, dass einige Menschen sich der Macht ihrer Stimme nicht bewusst sind oder nicht wissen, dass sie unabhängig sind. Die Menschen leiden fünf Jahre lang unter hohen Lebenshaltungskosten. Dann, kurz vor der Wahl, bekommen sie von einem Kandidaten ein 20-kg-Paket Mehl geschenkt. Und sie wählen diese Person. Glauben Sie, dass diese Person weiß, wie man wählt? Sie vergessen die fünf Jahre und tauschen ihre Stimme gegen ein Paket Mehl ein.

Ich weiß, dass dies in vielen Ländern üblich ist und auch unsere Politik ist entlang ethnischer Gruppen aufgeteilt. Wenn ich der Gruppe eines bestimmten Präsidentschaftskandidaten angehöre, wähle ich diesen Kandidaten, unabhängig davon, ob diese Person etwas geleistet hat oder nicht. Dies sind einige der Dinge, die sich ändern müssen.

Wie können wir das ändern? Wir müssen das Bewusstsein schärfen. Wir müssen unseren Leuten klarmachen, worum es bei der Wahl eines Staatsoberhaupts geht. Das können wir durch Geschichtenerzählen erreichen.

Wir haben eine Gruppe, die Geschichten für die bevorstehenden Wahlen sammelt. Wir wollen Geschichten erzählen, die sich insbesondere an junge Menschen richten, da junge Menschen einen bedeutenden Prozentsatz der Bevölkerung ausmachen.

Je mehr Sie mir erzählen, desto mehr interessiert mich, wie die Medienlandschaft in Malawi funktioniert. Sie haben den Begriff „am wenigsten entwickelt“ verwendet, um Ihr Land zu beschreiben. Ich frage mich, was das für den Journalismus bedeutet. Was bedeutet es, in einem Land, das als „am wenigsten entwickelt“ eingestuft wird, Journalismus zu betreiben? Welche Verbindung besteht zwischen der Situation des Landes und den Praktiken der Medienarbeit?

Ich denke, es gibt eine große Verbindung.

Der wichtigste Punkt sind die Ressourcen. Journalismus in Entwicklungsländern zu betreiben ist nicht einfach, denn um eine Geschichte zu erzählen, braucht man Ressourcen. Man braucht Ausrüstung, man muss reisen. Da die Menschen keinen Zugang zu Ressourcen haben, werden sie von Konzernen vereinnahmt oder von Politikern, die sagen: Kommt und erzählt unsere Geschichten. Wir geben euch 20.000 Kwacha. Also berichten sie über etwas, weil sie die 20.000 dafür bekommen.

Das Problem ist riesig. Wir haben sehr talentierte Geschichtenerzähler und Journalisten, aber sie machen ihre Arbeit nicht richtig, weil sie nicht über die nötigen Ressourcen verfügen. Es ist nicht einfach, Journalismus zu betreiben, wenn man nur einen Hungerlohn erhält. In Malawi ist Journalismus keine Karriere, die sich auszahlt. Daher fühlen sich die Menschen nicht zu dem Beruf motiviert.

Vielleicht wird man in Deutschland mit Journalismus nicht unbedingt reich, aber zumindest ist es nicht so, dass man nicht überleben kann.

Sie haben Storylab vor einem halben Jahr ins Leben gerufen. Was sind Ihre Wünsche und Pläne für die Zukunft?

Unser Hauptziel ist es, dass wir in der Lage sind, diese Geschichten zu erzählen. Aber um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir mehrere Dinge. Erstens brauchen wir Experten, die mit uns zusammenarbeiten und ihr Fachwissen einbringen, zusätzlich zu dem meiner Kollegen und mir. Experten für Storytelling-Techniken, aber auch, wenn wir beispielsweise eine Geschichte über Migration machen, wollen wir Menschen, die Experten für Migrationsgeschichten sind.

Zweitens brauchen wir Ausrüstung – wir wollen Podcasts machen, aber wir haben keine Kameras. Wenn wir unsere eigene Ausrüstung haben, wie Kameras, Laptops, Mikrofone, werden wir dieses Land verändern. Aber die Herausforderung besteht darin, dass wir die Ressourcen mit den normalen Journalismusklassen teilen und die Universität natürlich den normalen Journalismusklassen Vorrang einräumen wird.

In Zukunft sollte das Projekt eigenständig bestehen können. Im Moment hängt es am Engagement von uns, die diese Idee ausgebrütet haben und sich einig sind, dass wir dies wirklich wollen, egal unter welchen Umständen. Wir wollen wirklich, dass daraus etwas wird.

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