Zweimal Fehlalarm. Unterhaltung überschätzt

15. Dezember 2006 • Ressorts • von

Neue Zürcher Zeitung, 15. Dezember 2006

Gleich zweimal hat das Pew Research Center die amerikanische Öffentlichkeit – womöglich falsch – alarmiert: Im Jahr 2000 und dann nochmals 2004 warnte das renommierte Forschungsinstitut, junge Leute würden immer zahlreicher ihre politische Information aus comedies und late night shows – also aus den Unterhaltungsformaten des US-Fernsehens beziehen, statt aus Zeitungen und TV-Informationssendungen.

Jetzt haben Danngal Young und Russell Tisinger, zwei Doktoranden der Annenberg School an der University of Pennsylvania, diese Daten einer Sekundäranalyse unterzogen. Herausgefunden haben sie dabei, dass gerade diejenigen jungen Leute, die zum Stammpublikum der Quatsch- und Blödelshows zählen, zugleich auch besonders aufmerksam die Informationssendungen des Fernsehens verfolgen. Die Forscher nennen dafür plausible Gründe: Um die „inside jokes“, also die Witzeleien in den spätabendlichen Comedies überhaupt zu verstehen, benötige man Kontextwissen – und darüber hinaus würden eben junge Leute, die politisch interessiert seien, verschiedene Formate nützen, um auf dem Laufenden zu bleiben.

Interessant ist in diesem Fall auch die Quelle der Information: Sie entstammt dem Columbia Journalism Review, einer der beiden führenden Journalismus-Fachzeitschriften der USA. Die Redaktion hat in der jüngsten Ausgabe (November/December 2006) erstmals die kostbare letzte Seite für eine neue Kolumne „The Research Report“ freigeräumt. Die Journalismus-Forscher Michael Schudson und Tony Dokoupil werden dort künftig regelmässig Einblicke in die US-Medienforschung gewähren. Wir sind gespannt, was sie an weiteren „Inside Jokes“ aus dem Forschungsbetrieb ausgraben werden.

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